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Can there be such a thing as an impossible human language? A biologist could describe an impossible animal as one that goes against the physical laws of nature (entropy, for example, or gravity). Are there any such laws that constrain languages? In this book, Andrea Moro-a distinguished linguist and neuroscientist-investigates the possibility of impossible languages, searching, as he does so, for the indelible "fingerprint" of human language. Moro shows how the very notion of impossible languages has helped shape research on the ultimate aim of linguistics: to define the class of possible…mehr

Produktbeschreibung
Can there be such a thing as an impossible human language? A biologist could describe an impossible animal as one that goes against the physical laws of nature (entropy, for example, or gravity). Are there any such laws that constrain languages? In this book, Andrea Moro-a distinguished linguist and neuroscientist-investigates the possibility of impossible languages, searching, as he does so, for the indelible "fingerprint" of human language. Moro shows how the very notion of impossible languages has helped shape research on the ultimate aim of linguistics: to define the class of possible human languages. He takes us beyond the boundaries of Babel, to the set of properties that, despite appearances, all languages share, and explores the sources of that order, drawing on scientific experiments he himself helped design. Moro compares syntax to the reverse side of a tapestry revealing a hidden and apparently intricate structure. He describes the brain as a sieve, considers the reality of (linguistic) trees, and listens for the sound of thought by recording electrical activity in the brain. Words and sentences, he tells us, are like symphonies and constellations: they have no content of their own; they exist because we listen to them and look at them. We are part of the data.
Autorenporträt
Andrea Moro is Professor of General Linguistics at the Institute for Advanced Study (IUSS) in Pavia, Italy. He is the author of Dynamic Antisymmetry, Impossible Languages, and The Boundaries of Babel (all published by the MIT Press), and other books, including The Raising of Predicates and I Speak, Therefore I Am.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.2016

Die Segnungen des Turmbaus zu Babel
Im Labor geprüft: Andrea Moro versucht zu erklären, warum nicht alle denkbaren Sprachen auch realisierbar sind

Was macht das Tier zum Menschen? Der Satzbau! Die Bedeutungen einzelner Wörter können nämlich auch Tiere lernen. Aber die Fähigkeit, Wörter zu komplexen Sätzen zu kombinieren, hat nur der Mensch. Die Syntax ist sein Fingerabdruck. Das jedenfalls ist die Überzeugung der generativen Universalgrammatik - jener linguistischen Schule, deren prominentester Vertreter Noam Chomsky ist. Ihr gehört auch Andrea Moro von der Universität Pavia an, der seine Leser davon überzeugen möchte, dass Grammatik kein öder Formalismus ist, sondern ins Zentrum des menschlichen Geistes führt.

Der Balanceakt zwischen Verständlichkeit und wissenschaftlich subtiler Argumentation gelingt Moro über weite Strecken recht gut. Anspruchsvoll ist die Lektüre gleichwohl, sie führt den Leser auf steile Höhen in die dünne Luft der Abstraktion. Zudem muss er sich auf die Voraussetzungen der Universalgrammatik einlassen, die Moro an keiner Stelle ernsthaft in Zweifel zieht. Dazu gehört eine linguistische Vogelperspektive, aus der die immensen Unterschiede zwischen den 6000 Sprachen des Globus zur Bedeutungslosigkeit reiner Oberflächenphänomene schrumpfen.

Diesem Blick erscheinen Japanisch, Inuit und Schwäbisch wie verwandte Dialekte. Universalgrammatiker sind überzeugt davon, dass alle Sprachen der Welt letztlich auf einem gemeinsamen, im Ge-hirn verankerten Betriebssystem basieren: Ein Kleinkind lernt seine Muttersprache nahezu automatisch, indem die Wörter und Sätze, die es tagtäglich hört, einige der Funktionen aktivieren, die dieses System bereithält. Andere Funktionen, die nicht zu dieser Sprache passen, werden stillgelegt. Diese neurobiologisch basierte Sprachfähigkeit - vor allem ihren syntaktischen Kern - freizulegen ist das Ziel.

Um diese Grundstrukturen menschlicher Sprachfähigkeit zu beschreiben, wählt Moro das Ausschlussverfahren: Ihn beschäftigt zunächst einmal, welche Merkmale die Universalgrammatik gerade nicht aufweist. Gibt es Sprachen, fragt Moro, die zwar in der Phantasie, nicht aber in der Realität menschlicher Kommunikation existieren können? Die aus prinzipiellen Gründen unmöglich sind wie ein Tier etwa, das nicht aufhört zu wachsen oder das mehr Energie produziert, als es verbraucht? Solche Wesen kann man sich zwar ausmalen, aber da ihre Existenz physikalische Gesetze verletzen würde, sind sie auf das Reich der Fabelwesen beschränkt.

Für Sprachen lässt sich die Frage nicht so einfach beantworten. Sie werden zwar durch Schallwellen oder Schriftzeichen übertragen, aber ihre zugrundeliegenden Regeln und Strukturen sind abstrakt, physikalische Schranken gelten hier nicht. Deshalb glauben manche Linguisten, dass menschliche Sprachen im Prinzip nichts anderes sind als Algorithmen, die in den Grenzen der Logik jede beliebige Form annehmen können. Moro bestreitet das.

Für ihn gibt es "unmögliche" Sprachen: Sie haben grammatische Regeln, die formal einwandfrei sind, aber trotzdem in keiner menschlichen Sprache vorkommen. Solche Regeln könnten beispielsweise vorschreiben, dass bei jeder Verneinung das Wort "nicht" an der vierten Stelle im Satz vorkommen muss, dass man Fragen bildet, indem man die Reihenfolge aller Wörter im Satz umdreht, oder dass in einem Satz der erste Artikel immer mit dem letzten Substantiv grammatisch übereinstimmen muss.

In einer solchen Sprache würden Bau und Logik der Sätze allein über die Positionen der Wörter in ihrer Reihenfolge bestimmt. Da Sprache ein lineares Medium ist, in dem ein Wort dem anderen folgt, ist eine solche Grammatik eigentlich gar nicht so bizarr, wie es zunächst scheint. Trotzdem ist sie ein reines Kunstprodukt. In wirklichen Sprachen steckt hinter der Wortfolge nämlich eine abstrakte Hierarchie. Sie regelt die Beziehungen zwischen Wörtern und Satzteilen durch Über- und Unterordnungen jenseits der Linearität. Auf diese Weise können wir zum Beispiel Nebensätze in Hauptsätze einbetten.

Würde das Gehirn sich nur darauf beschränken, Wörter hintereinander abzuarbeiten, könnte es die Logik eines solchen Satzbaus nicht erfassen. Eng verknüpft mit dem hierarchischen Charakter der Syntax ist die Fähigkeit, mit einer endlichen Anzahl von Regeln, Silben und Wörtern eine unendliche Anzahl von Sätzen zu erzeugen. Diese "Rekursivität", die schon Wilhelm von Humboldt beschäftigte, erlaubt es auch, gleichartige Strukturen ineinanderzuschachteln - zum Beispiel Relativsätze, die Relativsätze, die Relativsätze enthalten, enthalten. Komplexitäten dieser Art finden sich zwar auch in der Mathematik und der Musik, nicht aber in den Kommunikationssystemen der Tierwelt.

Moro belässt es nicht bei formalen Trockenübungen, sondern er nimmt den Leser mit ins Labor. Dort zeigen Tests mit bildgebenden Verfahren, dass die Gehirne von Probanden die Regeln und Strukturen "unmöglicher" Grammatiken nicht im eigentlich zuständigen Sprachzentrum, dem im linken Stirnlappen gelegenen Broca-Areal, verarbeiten. Stattdessen werden andere Netzwerke aktiviert, die an allgemeinen Problemlösungen beteiligt sind. Das Gehirn registriert solche grammatischen Merkwürdigkeiten offenbar weniger als Sprache denn als Denksport.

Regeln und Sätze, die realen Sprachen nachgebildet waren, wurden hingegen im Broca-Areal verarbeitet, obwohl auch sie künstlich konstruiert waren, um Verzerrungen durch sprachliche Vertrautheit zu vermeiden. Für Moro zeigen diese Experimente, dass im Gehirn ein Filter existiert, der nur einen kleinen Ausschnitt möglicher Sprachen hindurch lässt, vergleichbar dem Auge, das nur Licht in einem begrenzten Bereich der Wellenlängen wahrnimmt. Möglicherweise besteht der Zweck in beiden Fällen darin, die Flut von Signalen aus der Umwelt zu kanalisieren.

Wenig plausibel ist Moros spekulative Antwort auf die Frage, warum sich trotz der Universalgrammatik überhaupt unterschiedliche Sprachen herausgebildet haben. Er deutet die biblische Strafe der babylonischen Sprachverwirrung in einen Segen der Natur um, der zu große Menschenansammlungen und damit verbundene Hungersnöte verhindert habe. Moro zieht sogar eine Parallele zwischen der Sprachenvielfalt und Infektionskrankheiten, die in den Populationen des Tierreichs zu große Konzentrationen reduzieren. Das stellt die historische Realität allerdings auf den Kopf, denn die Aufspaltungen von Sprachen sind in aller Regel die Folge gesellschaftlich bedingter Trennungen und Migrationen, nicht ihre Ursache.

Doch ist diese Art der Argumentation bezeichnend für den Biologismus vieler Universalgrammatiker. Sie präsentieren ihre Linguistik mit großem Eifer als reine Naturwissenschaft, in der soziale Ursachen und andere "weiche" Faktoren keine Rolle spielen sollen. Innerhalb der Linguistenzunft ist die Theorie der Universalgrammatik deshalb stark umstritten. Viele Sprachwissenschaftler, die "exotische" Sprachen erforschen, zweifeln an den postulierten Universalien. Sie werfen ihren Kollegen vor, die reale Diversität menschlicher Sprachen ebenso zu ignorieren wie den entscheidenden Einfluss kommunikativer, kultureller oder historischer Bedingungen.

Auf solche durchaus ernstzunehmenden Argumente einzugehen, hält Moro leider nicht für nötig. Er gibt Kultur und Geschichte keinen Raum, denn der harte universalgrammatische Kern aller Sprachen soll ebenso klar und zeitlos sein wie die Prinzipien der Mathematik. Der Vergleich syntaktischer Strukturen mit Schneekristallen, den Moro zieht, drängt sich da geradezu auf. Denn wenn man will, kann man die Geometrie der Kristalle in den rekursiven Konstruktionen der Universalgrammatik wiederfinden. Und haben Schneeflocken Geschichte?

Analogien entwickeln freilich ihr Eigenleben. Diese hier ruft das Märchen von der Schneekönigin ins Gedächtnis: Dem kleinen Kay ist der Splitter eines Zerrspiegels ins Herz gefahren. Begeistert betrachtet er nun Schneeflocken, die ihm unter dem Vergrößerungsglas wie prächtige Blumen erscheinen. "Siehst du, wie künstlich!", sagt er zu seiner Freundin Gerda. "Das ist weit interessanter als die wirklichen Blumen! Und es ist kein einziger Fehler daran; sie sind ganz akkurat, wenn sie nur nicht schmölzen!"

WOLFGANG KRISCHKE.

Andrea Moro: "Impossible Languages".

The MIT Press, Cambridge/Mass. 2016. 146 S., Abb., geb., 21,- [Euro].

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"Impossible Languages is written in a succinct and easy-to-follow style, focusing on what makes human language distinct from any other communication system."
Journal of Universal Language