24,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

Unterwegs - in ein neues Leben?
Sie alle sind unterwegs, suchen etwas, was sie zu Hause nicht finden: Liebe, Bestätigung, das Besondere, einen Neuanfang, Arbeit. Ein Paar auf Hochzeitsreise zu den Niagarafällen, zwei Freunde auf Safari in Afrika, ein Psychoanalytiker mit seiner Geliebten in Rom, Herr Arroyo von den Philippinen auf Arbeitssuche in Dubai, Salma aus Chile will sich in Israel engagieren.
Alle haben ihr eigenes Schicksal vor Augen, als in Japan im März 2011 ein Tsunami die Küste überrollt. Mit genauem Blick erzählt Mauvignier von Touristen, Migranten, Glückssuchern, über uns und unsere Zeit - im Schatten einer Katastrophe.
…mehr

Produktbeschreibung
Unterwegs - in ein neues Leben?

Sie alle sind unterwegs, suchen etwas, was sie zu Hause nicht finden: Liebe, Bestätigung, das Besondere, einen Neuanfang, Arbeit. Ein Paar auf Hochzeitsreise zu den Niagarafällen, zwei Freunde auf Safari in Afrika, ein Psychoanalytiker mit seiner Geliebten in Rom, Herr Arroyo von den Philippinen auf Arbeitssuche in Dubai, Salma aus Chile will sich in Israel engagieren.

Alle haben ihr eigenes Schicksal vor Augen, als in Japan im März 2011 ein Tsunami die Küste überrollt. Mit genauem Blick erzählt Mauvignier von Touristen, Migranten, Glückssuchern, über uns und unsere Zeit - im Schatten einer Katastrophe.

Autorenporträt
Laurent Mauvignier wurde 1967 in Tours geboren und studierte bildende Kunst. Seit 1999 hat er bei den 'Éditions de Minuit' mehrere Romane und Theaterstücke veröffentlicht. Seine Bücher wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Prix du roman Fnac und dem Prix des Libraires. Er zählt zu den wichtigsten französischen Autoren der Gegenwart.

Annette Lallemand studierte Romanistik und Germanistik und lehrte an in- und ausländischen Hochschulen. Sie hat sowohl literarische als auch wissenschaftliche Werke aus dem Französischen übersetzt, unter anderem Texte von George Sand, Jean-Paul Sartre, Julien Green, Erik Orsenna, Julia Kristeva, Jacques Le Goff und Bernard-Henri Lévy.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.02.2017

Allein in der großen Welterzählung
Laurent Mauvignier schreibt über die Ernüchterung in der globalisierten Lebenswelt
Guillermo setzt vor allem auf Mädchen, Sex, Alkohol und Weltreisen, um herauszufinden, ob die Wirklichkeit seinen Träumen und Sehnsüchten entspricht. Als der lebenshungrige Mexikaner mit seinem „hübschen Intermezzo“, einer tätowierten Prostituierten namens Yuko, durch das Hinterland Tokios fährt, weiß er noch nicht, dass er „an diesem Nachmittag blitzartig wird begreifen müssen, dass es keine Gelegenheit mehr geben wird, Mexiko oder Menschen wiederzusehen oder gar eine Zukunft zu haben“.
Denn in dem Augenblick, in dem Guillermo und Yuko in einem Ferienhaus an der japanischen Ostküste ekstatisch ihre Lust feiern, ereignet sich tief im Boden des Pazifiks das verheerende Tōhoku-Erdbeben, in dessen Folge eine Tsunami Welle apokalyptische Verwüstungen anrichtet und auch Guillermo innerhalb von Sekunden in den Tod gerissen wird. Die Flutwelle, die am 11. März 2011 rund 20 000 Menschen das Leben kostete und Tausende Gebäude unter sich begrub, nimmt der französische Autor Laurent Mauvignier als Ausgangspunkt für ein literarisches Simultan-Experiment: Wie erlebten die Menschen in anderen Teilen der Erde jene todbringenden Minuten und ihre Folgen? Wie reagierte die Welt in ihrem „befremdlichen Mitleid“ auf die fast unwirklich erscheinenden Bilder und Nachrichten, die sie auf den unzähligen Informationskanälen rund um den vernetzten Erdball erreichten?
Mauvignier arbeitet sich in seinem höchst ehrgeizigen Projekt eines Soziogramms der Weltbevölkerung an vierzehn Einzelschicksalen ab. Frantz beispielsweise, der Finanzbuchhalter aus Bern, dessen Leben sich vor allem zwischen Pornofilmen, Reisewebsites und Satellitenfernsehen abspielt, verspürt auf einer Kreuzfahrt durch das Nordmeer nur eine diffuse Todesahnung aus der „Schwärze unter seinen Füßen, die Meeresungeheuer, die graugrüne und so tiefe, so wilde, so kalte, so feindliche Masse“. Anschließend betrinkt er sich in der Bord-Disco, hängt seinem „Hass auf Weiber“ nach und träumt davon, sich einmal an diesem Leben rächen zu können, das ihm eine ebenso moderne wie jämmerliche Existenz beschert. Der Zynismus, mit dem Mauvignier die Touristenmassen auf dem Luxus-Kreuzer und die westliche Welt als „Sterbehaus in einer herzlosen Gegend“ beschreibt, nimmt es dabei locker mit den hoffnungslosen Szenarien eines Michel Houellebecq auf.
Wie bereits in seinen Romanen über die Katastrophe im Heysel-Stadion (Dans la foule, 2006) und den Algerienkrieg (Des hommes, 2009) versucht Mauvignier, solche Ereignisse aus radikal subjektiver Sicht literarisch zu fassen. So auch hier, wobei der Tsunami in Japan nur wie ein künstliches Bindeglied zwischen den individuellen Lebensepisoden im kollektiven Weltgeschehen fungiert. Mauvignier besitzt die Fähigkeit, in wenigen Sätzen lebensechte Figuren vorzuführen und dabei eine geradezu zwingende Empathie zu erzeugen – um sie dann völlig unvermittelt fallen zu lassen. Nicht selten wirken seine Szenerien und Figurenporträts wie eine etwas selbstverliebte literarische Stilübung. Oder wie es eine seiner Figuren selbst formuliert: „Ich schreibe nicht über die Menschen, weil ich sie liebe, sondern ich liebe sie, weil sie mir Stoff zum Schreiben liefern.“
Was die Figuren von „Mit leichtem Gepäck“ tatsächlich verbindet, ist keineswegs der Zeitpunkt der Tsunami-Katastrophe, sondern vielmehr eine Reihe von ernüchternden Erkenntnissen über die Gegenwart und ihre falschen Träume, ihre fundamentale Einsamkeit und korrumpierte menschliche Beziehungen. Die Afrika-Safari der australischen Wirtschaftsanwälte, der verkorkste Thailand-Urlaub einer Gruppe von US-Amerikanern, die Tragödie des spanischen Rentner-Ehepaares auf seinem Segelboot im Golf von Aden oder der Bericht eines philippinischen Gastarbeiters in einem Luxus-Hotel in Dubai – alle Episoden des Romans führen an den einen Punkt, an dem alles Lebenswerte von einer riesigen Flutwelle verschlungen wird: Vertrauen, Aufrichtigkeit, Mitmenschlichkeit und eine Chance auf die Erfüllung individueller Lebensträume.
Die Vernetzung der Welt führt bei Mauvignier auf direktem Wege zum Verlust echter Empathie, die globalisierte Tourismusindustrie zur Ausbeutung der Service-Kräfte und zur „Manipulation, Infantilisierung und Vermarktung“ der Träume der lebensmatten Weltreisenden und verzweifelten Glückssucher. Bei aller literarischen Wucht, die dieser Autor auch und gerade in der Übersetzung von Annette Lallemand zu erzeugen weiß, bleibt am Ende doch ein Nachgeschmack von larmoyantem Weltschmerz.
CORNELIUS WÜLLENKEMPER
Laurent Mauvignier: Mit leichtem Gepäck. Roman. Aus dem Französischen von Annette Lallemand. dtv, München 2016. 416 Seiten, 24 Euro. E-Book 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
Laurent Mauvignier schreibt über die Ernüchterung in der globalisierten Lebenswelt. Cornelius Wüllenkemper Süddeutsche Zeitung 20170202