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Die Neuauflage der volkswirtschaftlichen Untersuchungen des Preußischen Kriegsministeriums erweitert das Verständnis der deutschen Wirtschaft im Ersten Weltkrieg. Ihr kritischer Umgang mit Versäumnissen der Kriegsvorbereitung und -planung bietet Ansätze zur Neubewertung der wirtschaftlichen Ordnungspolitik. Sie enthalten eine Fülle von Informationen zu den Schlüsselsektoren Eisen-, Textil-, Waffen- und Munitionswirtschaft.

Produktbeschreibung
Die Neuauflage der volkswirtschaftlichen Untersuchungen des Preußischen Kriegsministeriums erweitert das Verständnis der deutschen Wirtschaft im Ersten Weltkrieg. Ihr kritischer Umgang mit Versäumnissen der Kriegsvorbereitung und -planung bietet Ansätze zur Neubewertung der wirtschaftlichen Ordnungspolitik. Sie enthalten eine Fülle von Informationen zu den Schlüsselsektoren Eisen-, Textil-, Waffen- und Munitionswirtschaft.
Autorenporträt
Marcel Boldorf, Universität Lyon Rainer Haus, Biebertal
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.2016

"Blind für Aufgaben der wirtschaftlichen Kriegführung"
Verschollen geglaubte Quellenbände zur Wirtschaftsgeschichte des Ersten Weltkriegs neu aufgelegt

Wirtschaftsgeschichte im Allgemeinen und Unternehmensgeschichte im Besonderen braucht dramatische Anlässe, um öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Während die Geschichte vieler Unternehmen und Branchen im Dritten Reich inzwischen gut durchleuchtet ist, führt die Wirtschaftsgeschichte zum Ersten Weltkrieg noch ein Kümmerdasein. In den großen Monographien zum Ersten Weltkrieg kommt sie nur ganz am Rande vor, meist mit Angaben zur Wirtschaftspolitik oder finanziellen Mobilmachung. "Weniger Aufmerksamkeit hat in der wirtschaftshistorischen Forschung dagegen die Produktionssphäre der Kriegswirtschaft gefunden", schreibt der Wirtschaftshistoriker Gerd Hardach im Vorwort zu dem neu erschienenen Buch "Die Ökonomie des Ersten Weltkriegs im Lichte der zeitgenössischen Kritik". Der von dem Historiker Marcel Boldorf und dem Archivar Rainer Haus herausgegebene Band ist der Begleitband zu drei Quellenbänden zur Wirtschaftsgeschichte des Ersten Weltkriegs, die bislang als verschollen galten. Die Reichswehr hatte ihr Erscheinen verhindert.

Begonnen hatte alles mit der Einrichtung der "Wissenschaftlichen Kommission des Königl. Preußischen Kriegsministeriums" im Jahr 1915. Die Kommission unter Führung des Agrarökonomen Max Sering sollte "die volkswirtschaftlichen Voraussetzungen und Wirkungen der deutschen Heereswirtschaft untersuchen, auf dieser Grundlage zu den Maßnahmen des Kriegsministeriums kritisch Stellung nehmen und die gemachten Erfahrungen würdigen". Am Ende des Krieges hatte man Stoff für acht Bände ökonomischen Inhalts. Das Interesse daran erlahmte nach dem verlorenen Krieg aber schnell. Außerdem fehlte Geld. Als dennoch die drei ersten Bände der Reihe über das Waffen- und Munitionswesen, über die Eisenwirtschaft und die Spinnstoffe gedruckt wurden, meldete das Reichswehrministerium Bedenken gegen die Veröffentlichung an und zog die Bücher ein. Bis auf ganz wenige Einzelexemplare wurden die 25 000 Bücher eingestampft.

Man wollte wohl das Ausland nicht über die deutsche Kriegswirtschaft informieren, vor allem aber war die Kritik der Wissenschaftler an der politischen und militärischen Führung wohl zu heftig ausgefallen. Im Band über die Eisenwirtschaft wird davon gesprochen, dass Deutschland "völlig blind für die gewaltigen Aufgaben der wirtschaftlichen Kriegführung in den Krieg hineingetreten" sei. Der durch die Mobilmachung entstandene Arbeitskräftemangel in den Unternehmen habe zu einem jähen Absturz der Produktion geführt, bei Stahl beispielsweise um 65 Prozent. Das war offenbar so peinlich, dass man auch in der Weimarer Republik davon nichts wissen wollte. Die wenigen nicht eingestampften Bücher verschwanden ebenfalls, so dass für die Historiker klar war, die Bücher seien verlorengegangen.

Der Wetzlarer Archivar Rainer Haus allerdings wollte sich mit diesem endgültigen Urteil nicht zufriedengeben. Er wollte wissen, was da nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollte. Die Suche führte ihn quer durch Deutschland, in alle einschlägigen Archive, Bibliotheken und Institute. Überall Fehlanzeige. Dann kam die Wiedervereinigung - auch in dieser Hinsicht ein Glücksfall. In Potsdam wurde Haus fündig, im heutigen "Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr". Aus dem Bestand der Bibliothek des Militärgeschichtlichen Instituts der DDR hatte sich eines der wenigen Exemplare vom vierten Band über die Eisenindustrie herübergerettet, das ursprünglich im Besitz des Heereswaffenamtes gewesen war - eine jener Institutionen, die vor der Veröffentlichung immer gewarnt hatten. Jetzt hatte Haus den sprichwörtlichen Zipfel der Decke, die er wegziehen wollte. Aber die anderen Bände fand er nicht in Potsdam. Sie überlebten in Bayern, der eine in der Universitätsbibliothek Regensburg, den anderen konnte er aus Privathand erwerben. Über eine erste Ausstellung der drei Bücher nach drei Jahren (F.A.Z. vom 2. April 2015) wurde auch der Wissenschaftsverlag De Gruyter darauf aufmerksam und entschloss sich nach einer wissenschaftlichen Prüfung zur Veröffentlichung der damals verbotenen Bücher: Die deutsche Kriegswirtschaft im Bereich der Heeresverwaltung 1914 - 1918. Herausgegeben von Marcel Boldorf und Rainer Haus, 4 Bände im Schuber, etwa 1300 Seiten, 270 Euro.

"Damit wollen wir eine zentrale Quelle zur Wirtschaftsgeschichte des Ersten Weltkriegs öffentlich zugänglich machen", begründet Martin Rethmeier die Verlagsentscheidung. Rethmeier ist als Editorial Director verantwortlich für den Verlagsbereich Geschichte bei De Gruyter. Die Konjunktur der Literatur zum Ersten Weltkrieg spiele da nur eine untergeordnete Rolle. Das Werk werde kein Bestseller, ist Rethmeier überzeugt. Mit einer Auflage von 250 Schubern habe man dieser Tatsache Rechnung getragen. Sie werden zu einem großen Teil in wissenschaftlichen Bibliotheken landen - und damit vielleicht weitere wissenschaftliche Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte des Ersten Weltkriegs anregen.

GEORG GIERSBERG

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"Fast ein Jahrhundert später hat derselbe Verlag diese drei Bände, ergänzt um einen Kommentarband, doch noch publiziert. Die Ergebnisse, weshalb ihre Publikation seinerzeit unterbunden wurde und wie sie vor allem im "Dritten Reich" nachträgliche Verwendung fanden, wirft aus militär- wie wirtschaftsgeschichtlicher Sicht Licht auf das Denken im Zeitalter der beiden totalen Weltkriege. Die damaligen Forschungsergebnisse bieten eine nicht unvoreingenommene, aber gerade für ihre Zeit herausragend unabhängige und fachkundige Sicht auf die ökonomischen Aspekte der Urkatastrophe des letzten Jahrhunderts."
Fritz Kälin in: VSWG 104, 2017/4, S. 584-585

"Wer sich künftig mit der Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg beschäftigt, wird auf diese Edition zurückgreifen müssen."
Christopher Kopper in: Historische Zeitschrift 307/1

"Pünktlich zum 100jährigen Jubiläum, so könnte man sagen, ermöglichen die drei Bände wichtige Informationen über Organisationen, Verwaltung und Behörden, über technikhistorische Entwicklungen, über betriebswirtschaftliche Aspekte wie Preise und Gewinne, über die Arbeit und Arbeitsbeziehungen in den jeweiligen Industrien sowie über das Dreiecksverhältnis zwischen Staat, Unternehmen und Arbeiterschaft." (Christian Kleinschmidt in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte ZUG 2017; 62(2): 322-323)