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Molin, ein pensionierter Polizist, wird auf grausame Weise ermordet. Sein Kollege Lindman versucht, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Bald scheint es, dass Neo-Nazis ihre Hand im Spiel haben. 'Mankell is by far the best writer of police mysteries today. He is in the great tradition of those whose works transcend their chosen genre to become thrilling and moral literature' Michael Ondaatje

Produktbeschreibung
Molin, ein pensionierter Polizist, wird auf grausame Weise ermordet. Sein Kollege Lindman versucht, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Bald scheint es, dass Neo-Nazis ihre Hand im Spiel haben. 'Mankell is by far the best writer of police mysteries today. He is in the great tradition of those whose works transcend their chosen genre to become thrilling and moral literature' Michael Ondaatje
Autorenporträt
Henning Mankell, 1948 als Sohn eines Richters in Stockholm geboren, wuchs in Härjedalen auf. Als 17-jähriger begann er am renommierten Riks-Theater in Stockholm das Regiehandwerk zu lernen. 1972 unternahm er seine erste Afrikareise. Sieben Jahre später erschien sein erster Roman "Das Gefangenenlager, das verschwand". In den kommenden Jahren arbeitete er als Autor, Regisseur und Intendant an verschiedenen schwedischen Theatern. 1985 wurde Henning Mankell eingeladen, beim Aufbau eines Theaters in Maputo, Mosambik, zu helfen. Er begann zwischen den Kontinenten zu pendeln und entschied sich schließlich, überwiegend in Afrika zu leben. Dort ist auch der größte Teil der Wallander-Serie entstanden. Außerdem schrieb Henning Mankell Jugendbücher, von denen mehrere auch in Deutschland ausgezeichnet wurden. 2009 erhielt er den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis. Henning Mankell verstarb im Oktober 2015.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.01.2003

Wenn der Neffe übernimmt
Die Verbrechensästhetik ist auf gewohnt hohem Niveau: Henning Mankell lässt Männer in den Tod tanzen und erfindet einen neuen Polizisten
Irgendwie hofft man die ganze Zeit, er könnte doch noch mal auftauchen. Seinen schweren Körper an den jüngeren Kollegen vorbei schieben, übermüdet einen Blick in die Akten werfen und sofort Witterung aufnehmen. Man hatte sich so an ihn gewöhnt: an diesen verschlossenen Kriminalbeamten mit der gescheiterten Ehe, den Diabetesproblemen und der sanften Intuition. An diesen anständigen Menschen inmitten der nordischen Trostlosigkeit. Kurt Wallander fehlt einem einfach.
Aber es nützt nichts: anders als Sir Arthur Conan Doyle, der Sherlock Holmes’ Hinscheiden spektakulär inszenierte und ihn zur Erleichterung aller Leser dann doch noch einmal auferstehen ließ, scheint der schwedische Bestsellerautor Henning Mankell seine Entscheidung gefällt zu haben. Wallander ist weg, und wir werden uns damit abfinden müssen. Mankell wäre jedoch nicht Mankell, wenn er nicht trotzdem weiter schriebe. Seit seinem Debüt 1973 hat er beinahe jedes Jahr ein neues Buch vorgelegt. Allein in Schweden beträgt die Auflage der neun Wallander-Fälle drei Millionen, jeder vierte Schwede müsste demnach mit einem Mankell ausgerüstet sein, die Afrika-Romane, Kinder- und Jugendbücher und Theaterstücke nicht mitgerechnet.
Im deutschsprachigen Raum liegt die Gesamtauflage des erst vor vier Jahren entdeckten Skandinaviers bei 8, 2 Millionen, und auch sein neues Buch hat sich knapp acht Wochen nach der Auslieferung bereits 350 000 mal verkauft. Der Hanser Verlag, zu dem Mankells hiesiges Stammhaus Zsolnay gehört, finanziert große Teile seines literarischen Programms aus den Erträgen des schwedischen Krimiautors. Nach dem exorbitanten Erfolg von Mankells deutschem Debüt „Die fünfte Frau” (1998) beeilte man sich, sämtliche Bücher der Wallander-Serie zu veröffentlichen. Aber jetzt ermittelt Kurt Wallander nicht mehr.
In seinem neuen Roman „Die Rückkehr des Tanzlehrers” präsentiert uns Henning Mankell einen jungen Polizisten namens Stefan Lindman, der in Borås zuhause ist, eine polnische Freundin hat und ein Neffe Wallanders sein könnte. Wie der behäbige Beamte aus Ystad besitzt auch Stefan einen sechsten Sinn, ein bestimmtes Gefühl für Ungereimtheiten und folgt eher seinen Eingebungen als seinem Verstand. Genau wie Wallander ist Stefan ein Einzelgänger.
Mit der Peitsche in der Hand
Doch noch bevor der 37jährige Beamte eher zufällig in die Geschehnisse verwickelt wird, liefert Mankell einen klassischen Krimi-Auftakt: ein kurzer Ausflug in die europäische Vergangenheit, dann ein spektakulärer Mord, eine Hinrichtung fast. Anhänger des crossword-puzzle-types, wie Dorothy Sayers die althergebrachte Variante des Whodunit-Krimis nannte, kommen auf ihre Kosten, denn kombinatorisches Geschick ist von Anfang an gefragt. Auch der Spannungsfaktor ist bedacht. Wir dürfen nicht nur den Polizisten Giuseppe Larsson und Stefan Lindman über die Schulter schauen, sondern erleben die sich anbahnende Tat aus der Perspektive des Opfers.
Herbert Molin, pensionierter Polizist und ehemaliger Vorgesetzter von Stefan Lindman, ein unbescholtener Bürger und passionierter Tangotänzer, hat sich seit einigen Jahren in die Einöde hoch in den Norden nach Härjedalen zurückgezogen. Aber er scheint ein unruhiger Geist zu sein, denn nachts kann er nicht schlafen und vertreibt sich die Zeit mit aufwändigen Puzzlespielen. So auch am Tag des Verbrechens. Als er in den Morgenstunden endlich in sein Bett findet, weckt ihn ein fremdes Geräusch: sein Hund schlägt an, dann verstummt er plötzlich, Schüsse fallen, Tränengaspatronen explodieren, und Herbert Molin scheint genau zu wissen, was ihm droht.
Er flieht ins Freie, doch zu spät – sein Mörder erwartet ihn mit einer Peitsche in der Hand. Dann Schnitt, die nächste Szene, wir landen in einem anderen Schlafzimmer: gekonnt arbeitet Mankell mit Cliffhanger, Slow Motion, Zoom, Suspense und allem, was das Genre so braucht. Auch was die Verbrechensästhetik angeht, bietet er das gewohnt hohe Niveau. Detailreich beschreibt Mankell die Leiche: ein zerstörtes Gesicht, die Füße blutige Klumpen, ein zerfetzter Rücken, aus dem die Knochen hervortreten. Das merkwürdige Muster der blutigen Fußspuren dekodiert der mit den Untersuchungen betraute Polizist Giuseppe Larsson – es sind Tangoschritte. Der Mörder muss mit seinem Opfer im Arm noch getanzt haben.
Mankell bedient ein traditionelles Schema: ein knapper Prolog, der ins Jahr 1945 zurückführt, von Hinrichtungen deutscher Kriegsverbrecher handelt und den Leser hellhörig macht, dann ein Ausschnitt aus dem Leben des Opfers, schließlich das Verbrechen, Spurensicherung, Indizien und eine desorientierte Sonderkommission. Mit der Verdoppelung des Ermittlers variiert er sein Strukturprinzip und überbietet es später durch einen weiteren Mord eines zweiten Täters. Neben Larsson tritt mit Stefan Lindman, der gerade eine Krebsdiagnose zu verkraften hat, ein zweiter Aufklärer auf die Bühne und rückt in den Mittelpunkt. Und neben dem Täter Ahron Silberstein agiert ein zweiter Mörder.
Ähnlich wie in der Wallander-Serie unternimmt Henning Mankell in seinem neuen Buch eine Sozialstudie, dieses Mal mit Rückgriff auf historische Verwicklungen. In „Die Rückkehr des Tanzlehrers” fährt der Autor alles auf, was das 20. Jahrhundert an unbewältigter Vergangenheit zu bieten hat: Nationalsozialismus, Judenverfolgung, Schwedens Verstrickungen mit dem Dritten Reich und die Gefahr international operierender Neonazis. Dass der Roman dennoch nicht aus dem Ruder läuft, liegt an der stimmigen Bauweise. Das Verhältnis zwischen Jäger und Gejagtem kehrt sich mehrfach um, der zweite Mord bringt die Pläne des ersten Täters durcheinander, ein paar falsche Fährten und Sackgassen verwirren die Handlungsfäden und befriedigenden den gewitzten Krimileser.
Redliche Beamten
Es muss an Schweden liegen, dass Henning Mankells Kriminalromane in unseren Breitengraden so erfolgreich sind. Der Ostseestaat besitzt genau das richtige Maß an Fremdheit: mit seinen riesigen Wäldern, den roten Holzhäusern, einsamen Gehöften und langen Küsten wirkt Schweden ausreichend exotisch und nicht so verstörend attraktiv wie zum Beispiel Italien. Die Probleme des skandinavischen Landes sind auch den deutschen Lesern vertraut: Fremdenhass, Arbeitslosigkeit, soziale Kälte, unwirtliche Provinzstädte, verarmte Staatskassen. Aber noch entscheidender für Mankells bahnbrechende Popularität sind seine redlichen Beamten. Kurt Wallander wurde zu einem Markennamen: die Wiedererkennung war gewährleistet, die Fans fühlten sich in den Schonen bald ebenso Zuhause wie der Kommissar, die Überraschung bestand in dem neuen Verbrechen und in der Art der Aufklärung.
Außerdem war Kurt Wallander von einer tröstlichen Durchschnittlichkeit. Kein abgeklärter Dandy wie Sherlock Holmes, kein whiskeygestählter Draufgänger wie Sam Spade, eher ein Gemütsmensch wie Maigret. Auch Stefan Lindman ähnelt dem belgischen Kollegen. Mankells Polizisten können die Welt zwar nicht ändern, aber sie arbeiten im Staatsdienst, geben sich mit einem bescheidenen Gehalt zufrieden, wissen um den Zustand ihres Landes und legen eine moralische Haltung an den Tag – sie sind die letzten Idealisten. Auch das macht Mankells Erfolg aus. Zwar mangelt es an bindenden Gesellschaftsordnungen, doch solange es Hüter des Gesetzes wie Stefan Lindman und Giuseppe Larsson gibt, kann nicht alles verloren sein. Der nachdenkliche Stefan mag noch nicht Wallanders Format haben und manchmal allzu sehr mit seiner Selbstfindung beschäftigt sein, aber er meint es gut. Vielleicht wird ja noch ein Wallander draus.
MAIKE ALBATH
HENNING MANKELL: Die Rückkehr des Tanzlehrers. Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt. Zsolnay Verlag, Wien 2002. 505 Seiten. 24,90 Euro.
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