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Im deutschen Sprachraum ist Wolfgang Koeppen der einzige Reiseschriftsteller nach 1945 von Rang. In den Jahren 1955 bis 1957 bereiste er im Auftrag des Süddeutschen Rundfunks unter anderem Spanien, die Niederlande, die Sowjetunion, London und Rom.Zu dieser Zeit entstanden jene Reise-Essays, die unter dem Titel Nach Rußland und anderswohin. Empfindsame Reisen 1958 erstmals erschienen. Der vorliegende Band beinhaltet darüber hinaus ein umfangreiches Konvolut bislang unveröffentlichter Notizen der Reisen nach Rußland und Italien.Bei aller Genauigkeit der Schilderung sind Koeppens…mehr

Produktbeschreibung
Im deutschen Sprachraum ist Wolfgang Koeppen der einzige Reiseschriftsteller nach 1945 von Rang. In den Jahren 1955 bis 1957 bereiste er im Auftrag des Süddeutschen Rundfunks unter anderem Spanien, die Niederlande, die Sowjetunion, London und Rom.Zu dieser Zeit entstanden jene Reise-Essays, die unter dem Titel Nach Rußland und anderswohin. Empfindsame Reisen 1958 erstmals erschienen. Der vorliegende Band beinhaltet darüber hinaus ein umfangreiches Konvolut bislang unveröffentlichter Notizen der Reisen nach Rußland und Italien.Bei aller Genauigkeit der Schilderung sind Koeppens Reiseimpressionen mehr als fotografische Reproduktion. Die Faszination des Bandes beginnt, wo der Reisende dem Schriftsteller das Wort überläßt - der Wirklichkeit kommt er dort am nächsten.
Autorenporträt
Wolfgang Koeppen wurde am 23. Juni 1906 in Greifswald geboren und starb am 15. März 1996 in München. Nach einem elfjährigen Aufenthalt in Ortelsburg (Ostpreußen) kehrte er 1919 nach Greifswald zurück. Aus finanziellen Gründen musste er vom Gymnasium auf die Mittelschule wechseln, von der er ohne Abschluss abging. Danach versuchte er sich in ganz unterschiedlichen Berufen: in einer Buchhandlung, im Stadttheater in Greifswald. Als Hilfskoch kam er nach Schweden und Finnland, in Würzburg arbeitete er als Dramaturg. 1927 ließ er sich in Berlin nieder, wo er 1931 zwei Jahre als fest angestellter Redakteur beim Berliner Börsen-Courier arbeitete. Er schrieb Reportagen, Feuilletons, auch erste literarische Arbeiten entstanden. 1934 erschien sein erster Roman, Eine unglückliche Liebe. Im selben Jahr siedelte er in die Niederlande über. Hier begann er mit der Niederschrift des nicht vollendeten Romans Die Jawang-Gesellschaft. 1935 erschien der Roman Die Mauer schwankt, der jedoch kaum beachtet wurde. Er kehrte 1938 nach Deutschland zurück und arbeitete ab 1941 für die Bavaria-Filmgesellschaft in Feldafing am Starnberger See, 1945 siedelte er nach München über. 1948 erschien anonym das Buch Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch, zu dessen Neupublikation unter seinem Namen er erst 1992 zustimmte. 1951, 1953 und 1954 erschienen die drei Romane, die als die atmosphärisch genaueste Vergegenwärtigung des Klimas der Adenauer-Republik gelten: Tauben im Gras, Das Treibhaus und Der Tod in Rom. Koeppen verschaffte mit Nach Rußland und anderswohin, Amerikafahrt und Reisen nach Frankreich der Reiseliteratur in Deutschland hohes Ansehen.

Walter Erhart leitete von 2001 bis 2007 das Wolfgang-Koeppen-Archiv der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Seit 2007 ist er Professor für Deutsche Literaturwissenschaft und Literaturtheorie in Bielefeld.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2008

Reisen Sie mit Koeppen
Lieber rot in Russland statt tot in Rom: Die Werkausgabe

Als Band 8 der Werkausgabe des 1996 verstorbenen Wolfgang Koeppen liegt jetzt jener Teil der Reiseprosa vor, der, auf Radioessays fußend, 1958 im Goverts Verlag unter dem Titel "Nach Russland und anderswohin" erschienen war. Nach seinen legendären drei Nachkriegsromanen ("Tauben im Gras", "Das Treibhaus" und "Der Tod in Rom") erwartete alle Welt von Koeppen den neuen großen Zeitroman, den er auch zu versprechen nicht aufhörte. Aber er glich dabei ein wenig - pardon! - der Henne, die verheißungsvolle Geräusche von sich gibt und doch das Ei nicht legt.

Darf man aber die Reiseprosa, mit der Koeppen aufwartete - insgesamt soll sie drei Bände der Werkausgabe füllen -, als bloßen Ersatz ansehen? Als ob Goethes "Italienische Reise" zweitklassig wäre! Für jede literarische Gattung gelten eigene ästhetische Bedingungen, denen man künstlerisch wenig und auch auf vollkommene Weise gerecht werden kann. So haben seinerzeit Hans Bender und Karl Korn, Siegfried Lenz und Hans Magnus Enzensberger die Reiseprosa gerühmt, auch Marcel Reich-Ranicki, obwohl sein Ruf nach dem neuen Roman nicht verstummte.

Von gefälligen Reiseberichten unterscheidet Koeppens Prosa, dass sie in hohem Maße literarisch durchformt ist. Touristisches Geplauder wird weggefegt durch jene sprachliche Verve, von der auch die Erzählprosa etwa der "Tauben im Gras" getragen ist. Der schnellere Puls unserer Zeit, der Termindruck des ökonomisch bemessenen Reiseplans und der Ansturm unablässig neuer Eindrücke (der Erzähler ist hier kein müßiggängerischer Flaneur) - alles dies trägt dazu bei, der Prosa eine unerhörte Dynamik zu verleihen. Über viele Seiten gehen absatzlose Folgen von Ein-Satz-Reihen, aber nicht zu Lasten genauer Beobachtungen oder historischer Kommentare.

Als Cicerone ist Koeppen ein wahrer Artist, der den Leser wie mit magischer Hand durch das Volksleben, die Geschichte und vor allem die Kultur von Ländern, Landschaften und Städten führt: durch Spanien, die Niederlande, London, Rom und das Russland der fünfziger Jahre, die Sowjetunion. Dieser umfassendste der Berichte, "Herr Polevoi und sein Gast", ermöglicht durch eine Einladung des sowjetischen Schriftstellerverbandes, ist noch heute der interessanteste, weil er den Sowjetstaat drei Jahrzehnte vor seinem Zusammenbruch zeigt, mit dem Glanz des Moskauer Einkaufspalastes Gum, in dem man Schlange steht und mit demonstrativer Gleichgültigkeit bedient wird, und der Vorzeige-Kurstadt Sotschi am Schwarzen Meer, wo Koeppen das Gleichheitsprinzip der sozialistischen Gesellschaft verwirklicht glaubt. Leningrad (St. Petersburg) erscheint ihm weltoffener als Moskau. Aber überall sieht er den schlechten Geschmack des Diktators zum künstlerischen Gesetz erhoben.

Noch ein Ratschlag für den Leser: Das Tempo, das Koeppen vorlegt, kann ermüden; die Lektüre braucht also Pausen. Fragen, die offenbleiben, beantwortet das umfangreiche Nachwort des Herausgebers.

WALTER HINCK

Wolfgang Koeppen: "Nach Russland und anderswohin". ("Werke", Band 8.) Herausgegeben von Walter Erhart. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 455 S., geb., 29,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als bloßen Ersatz für den von Wolfgang Koeppen leider nicht mehr verfassten großen Zeitroman nach der Nachkriegstrilogie möchte Walter Hinck die jetzt im Rahmen der Werkausgabe erschienene "Reiseprosa" nicht verstanden wissen. Dafür erscheinen ihm Koeppens Berichte aus Rom, London oder Moskau in ihrer Literarizität als zu eigenständig. "Touristisches Geplauder"? Von wegen, meint Hinck. Er entdeckt hier die gleiche "sprachliche Verve" wie in der Erzählprosa. Eine "unerhörte Dynamik" gepaart mit einem exaktem Blick und historischer Tiefe macht den Rezensenten fast atemlos. So dass sein Rat an uns lautet: Mit Pausen zu lesen (etwa um das informative Nachwort zu konsultieren).

© Perlentaucher Medien GmbH
»Von gefälligen Reiseberichten unterscheidet Koeppens Prosa, dass sie in hohem Maße literarisch durchformt ist.« Walter Hinck Frankfurter Allgemeine Zeitung