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Europa steht am Scheideweg. Der Flüchtlingsstrom und der islamistische Terrorismus stürzen den Kontinent in die wohl größte Krise der Nachkriegszeit. Mit Nächstenliebe und Toleranz werden wir diese nicht überwinden. Denn beide Phänomene sind vor allem ein Symptom des globalen Kapitalismus und des daraus resultierenden neuen Klassenkampfs. Wer ganze Weltregionen und Bevölkerungsgruppen von Wohlstand und sozialer Teilhabe ausschließt, braucht sich nicht wundern, wenn dadurch Gesellschaften auseinanderbrechen und Menschen zu religiös-ideologischen Extremisten werden oder in unser Land streben.…mehr

Produktbeschreibung
Europa steht am Scheideweg. Der Flüchtlingsstrom und der islamistische Terrorismus stürzen den Kontinent in die wohl größte Krise der Nachkriegszeit. Mit Nächstenliebe und Toleranz werden wir diese nicht überwinden. Denn beide Phänomene sind vor allem ein Symptom des globalen Kapitalismus und des daraus resultierenden neuen Klassenkampfs. Wer ganze Weltregionen und Bevölkerungsgruppen von Wohlstand und sozialer Teilhabe ausschließt, braucht sich nicht wundern, wenn dadurch Gesellschaften auseinanderbrechen und Menschen zu religiös-ideologischen Extremisten werden oder in unser Land streben. Die eigentliche Bedrohung unserer westlichen Gesellschaftsform besteht daher in der Dynamik des globalen Kapitalismus. Das bedeutet: Wir müssen unsere westlichen Werte unbedingt verteidigen und uns zu diesem Zweck von realitätsfremdem Empathiedenken befreien und fremden Kulturen reell gegenübertreten, um mit ihnen koexistieren zu können. Vor allem aber müssen wir die ökonomischen Gründe der Flüchtlingsströme und des Terrors ausmerzen - und sei es mit Hilfe einer neuen kommunistischen Utopie. Wir haben ein Recht, für unseren westlichen Lebensstil und unsere europäischen Werte zu kämpfen; aber wir haben kein Recht, die Welt in Teilhaber und Ausgeschlossene aufzuteilen.
Autorenporträt
Slavoj iek, geboren am 21. März 1949 in Ljubljana, ist Philosoph, Kulturkritiker und Theoretiker der Psychoanalyse. Er hat zahlreiche Gastprofessuren im Ausland inne, unter anderem an der Columbia University, in New York und in Princeton. Bekannt geworden ist er durch die Weiterentwicklung der Psychoanalyse Lacans in das Feld der Populärkultur und Gesellschaftskritik. Zudem setzte er sich mit Hegel und Marx, Poststrukturalismus, Medientheorie, Feminismus und Cultural Studies auseinander. iek zählt zu den bedeutendsten Philosophen unserer Zeit.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Markus Günther bekommt keine Antworten von Slavoj Zizek, das stört ihn. Allzu zahnlos findet er den Philosophen auch in seinem neuen Buch, allzu mittig, wolkig, sodass das schreiende Cover eigentlich fehlleitet. Nein, eine politische Streitschrift ist das nicht, meint Günther. Dennoch: Zizeks Analyse der Flüchtlingskrise, des Terrors und des IS und seine Hintergrundbeleuchtung der Globalisierung als verschärfter Kapitalismus hat für den Rezensenten auch etwas für sich. Aktuell ist sie, wenngleich in ihrer klassenkämpferischen Aufforderung zu mehr Solidarität mit den Ausgebeuteten auch vage und allzu allgemein, meint Günther. Handfesteres findet er bei Sahra Wagenknecht und Bernie Sanders.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2016

Wider den entfesselten Kapitalismus!
Und für eine globale Solidarität: Slavoj Zizek zieht in den Klassenkampf

Was macht man mit einem Buch in phosphorpinkem Einband, das sich Streitschrift nennt, auf dem Cover eine geballte Faust zeigt und im Untertitel in neongelben Versalien die "wahren Gründe" für Flucht und Terror verspricht? Klar, erst einmal lesen. Aber ganz vorbehaltlos geht man nicht mehr an die Sache heran. Schon vor der ersten Zeile schreit hier alles nach Aufmerksamkeit. Slavoj Zizek hat eine politische Kampfschrift verfasst. Doch gemessen an den lautstarken Ankündigungen, fällt seine Analyse dann überraschend sachlich und ausgewogen, ja geradezu zahnlos aus. Als politische Streitschrift taugt sie gar nicht.

Immerhin kann man dem slowenischen Philosophen bescheinigen, dass er ein durchaus aktuelles Buch geschrieben hat. Die Pariser Terroranschläge dienen ihm als Bezugsgröße, außerdem natürlich die Flüchtlingsströme des letzten Jahres, die deutsche Krisenpolitik, der syrische Bürgerkrieg, der Aufstieg des "Islamischen Staates" und der amerikanische Vorwahlkampf. Das alles, meint Zizek, sei nur zu verstehen, wenn man die Globalisierung als einen Kapitalismus unter verschärften Bedingungen begreife, zu dessen Kollateralschäden ein neues Heer verzweifelter Menschen gehöre. Deren Chancenlosigkeit entfessele eine Mobilität, wie es sie seit den Zeiten der Völkerwanderung nicht gab, und setze eine Aggressivität frei, die sich in Hass, Gewalt und Terror niederschlägt.

Wer den islamistischen Terror allein als religiösen Fundamentalismus, also letztlich als Teil eines Kultur- und nicht Klassenkampfes begreife, der verkenne, dass im militanten Islamismus auch die Verschärfung der globalen Produktionsverhältnisse als Triebfeder wirkt. Keine noch so beherzte Willkommenspolitik, sondern nur eine Auseinandersetzung mit den tieferen Ursachen könne deshalb etwas an den Flüchtlingsströmen und am islamistischen Terror ändern. Deshalb gilt für Zizek: "Wir müssen den Klassenkampf wieder nach vorn bringen - und das ist nur mit Hilfe einer globalen Solidarität mit den Ausgebeuteten und Unterdrückten möglich."

Aber was heißt das konkret: "globale Solidarität"? Reicht der Kauf von Waren mit dem Label "fair trade"? Oder soll es um neue Formen der Umverteilung geben? Doch der Marxist Zizek, der vom Kommunismus nur noch als "Jugenderinnerung" spricht, schreibt bloß vage und sehr allgemein von der notwendigen "Entmachtung einer sich selbst regulierenden Wirtschaft". So bleibt seine Kapitalismuskritik letztlich eine wolkige Sonntagspredigt; da haben Bernie Sanders und Sahra Wagenknecht Handfesteres zu bieten.

Der psychoanalytisch versierte Autor, der sich als Kommentator auf vielen Feldern einen Namen gemacht hat, übt sich im Hinterfragen der deutschen Flüchtlingspolitik, warnt vor einer "Sentimentalisierung" der Krise und meint im Willkommensgestus die Verdrängungsdynamik einer alternden Wohlstandsgesellschaft erkennen zu können. Von der "Zurschaustellung altruistischer Tugenden" und "arrogantem Moralismus" ist die Rede. Und Zizek diagnostiziert weiter: "Die schlichte Tatsache, dass eine solche Ausstellung von Großzügigkeit uns ein gutes Gefühl gibt, sollte uns misstrauisch machen: Tun wir es letztlich, um zu verdrängen, was erforderlich ist?"

Doch auch hier bricht Zizek seine Sondierung gleich wieder ab. Er ist sehr darauf bedacht, nach rechts genauso kräftig auszuteilen wie nach links und nach kleinen Polemiken rasch wieder den Platz in der politischen Mitte oder, noch besser, in den Höhen der philosophischen Betrachtung zu finden. Da oben ist man ziemlich unangreifbar.

Er will alles gleichzeitig sein, der kluge Kopf, der die Lage nüchtern analysiert, aber auch der Revoluzzer, gleichzeitig der distinguierte Gelehrte alter Schule, der Hegel und Benjamin geläufig zitiert, aber auch der digitale Eingeborene des einundzwanzigsten Jahrhunderts, der die sozialen Netzwerke immer fest im Blick hat. Da will einer zu viel auf einmal und bleibt die Antwort schuldig, wie in etwa die Alternative zum angeprangerten entfesselten Kapitalismus, der für ihn die Wurzel aller Übel ist, aussehen soll. Ohne diese Frage zu beantworten, bleibt aber alles Gerede vom neuen Klassenkampf bloße Koketterie.

MARKUS GÜNTHER

Slavoj Zizek: "Der neue Klassenkampf". Die wahren Gründe für Flucht und Terror.

Aus dem Englischen von Regina Schneider. Ullstein Verlag, Berlin 2015. 96 S., br., 8,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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