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Wachsender Rechtspopulismus, eine Verrohung der öffentlichen und politischen Auseinandersetzung, die Angst vor einer Krise der Demokratie - für Nico Hofmann, einen der profiliertesten Akteure der europäischen Film- und Fernsehwelt, sind das gewichtige Gründe, sich gerade jetzt in die Debatte einzumischen, Haltung zu beziehen und diese im Alltag zu leben: Als Bürger, als Künstler aber auch als Chef der UFA, die als Deutschlands größter Produzent von Film- und Fernsehformaten die Medienlandschaft entscheidend mitprägt. Mit seinen Filmen hat Nico Hofmann zahlreiche aktuelle und vor allem…mehr

Produktbeschreibung
Wachsender Rechtspopulismus, eine Verrohung der öffentlichen und politischen Auseinandersetzung, die Angst vor einer Krise der Demokratie - für Nico Hofmann, einen der profiliertesten Akteure der europäischen Film- und Fernsehwelt, sind das gewichtige Gründe, sich gerade jetzt in die Debatte einzumischen, Haltung zu beziehen und diese im Alltag zu leben: Als Bürger, als Künstler aber auch als Chef der UFA, die als Deutschlands größter Produzent von Film- und Fernsehformaten die Medienlandschaft entscheidend mitprägt. Mit seinen Filmen hat Nico Hofmann zahlreiche aktuelle und vor allem zeitgeschichtliche Ereignisse des 20. Jahrhunderts für ein breites Publikum aufgearbeitet und mit großer emotionaler Wirkung erzählt. Oft waren diese Filme Massenereignisse, genauso oft wurden sie kontrovers diskutiert. Mit diesem Buch zieht er eine sehr persönliche Bilanz seiner Arbeit. Dabei denkt er laut über seine eigene gesellschaftliche Verantwortung nach und macht klar, warum es für ihn ohne eine Beschäftigung mit der Vergangenheit keine seriöse Gestaltung von Zukunft geben kann.
Autorenporträt
Nico Hofmann, geboren 1959 in Heidelberg, ist Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Geschäftsführer der UFA. Er entwicklete und realisierte mit großem Erfolg zahlreiche Film- und Fernsehformate und -produktionen. Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet.Thomas Laue, geboren 1971, arbeitete rund 20 Jahre als Dramaturg am Theater. Zuletzt war er Chefdramaturg am Schauspielhaus Bochum und am Schauspiel Köln, bevor er 2017 in gleicher Position zur UFA wechselte. Dort ist er vor allem für Stoffentwicklung zuständig. Er ist außerdem künstlerischer Leiter der Nibelungen-Festspiele Worms.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2018

Wenn es nottut, dann müssen halt manchmal auch süße Geigen sein
Ein Mann mit einer Mission: Der Film- und Fernsehproduzent Nico Hofmann präsentiert in Berlin sein neues Buch

Die Berliner Repräsentanz des Bertelsmann-Verlags trägt die Adresse Unter den Linden 1: Das Gebäude, die sogenannte Alte Kommandantur, liegt gegenüber der Stadtschloss-Baustelle und ist, wie dieses Schloss, eine Rekonstruktion, entstanden ab 2001. Und deswegen auch ein passender Ort, um das neue Buch des Film- und Fernsehproduzenten Nico Hofmann vorzustellen. Nicht nur, weil dieses autobiographische Buch, "Mehr Haltung, bitte!" heißt es, jetzt bei Bertelsmann erscheint: Auch, weil das filmische Lebenswerk Hofmanns sich um Rekonstruktion dreht. Um die Nachstellung des Vergangenen mit den künstlerischen Mitteln von heute. Es geht Hofmann darum, Geschichte ins Bild zu setzen, angefangen von seinen ersten Regiearbeiten Mitte der achtziger Jahre bis hin zu den großen Fernsehproduktionen wie "Der Tunnel", "Dresden" oder "Unsere Mütter, unsere Väter".

Und irgendwie passt dann auch das aufdringliche Gefühl beflissener Künstlichkeit, das man angesichts der Kommandanturfassaden bekommt, zum Überrepräsentativen mancher Fernsehproduktionen von Nico Hofmann wie "Grzimek" oder "George": Filme, die im Wunsch nach Akkuratheit und einem möglichst mitfühlbaren Geschichtsgefühl ihrem Publikum oft die Luft zum selbst atmen genommen haben. Weil jede Nebenfigur Geschichtserkenntnis trägt und die Musik einem sagt, wie ergriffen man zu sein hat.

Nico Hofmann weiß natürlich, wozu die süßen Geigen in seinen Filmen da sind. Aber Bettina Reitz, seine ehemalige Kollegin bei der Produktionsfirma Teamworx und heutige Präsidentin der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film, sagt es in ihrer Einführung am Montagabend trotzdem. Hofmann kontert diese freundschaftliche Kritik später mit einem entwaffnenden Geständnis: "Ich wollte partout den Erfolg beim Publikum erzwingen." Einmal, weil er in seinen künstlerisch ehrgeizigen Anfangsjahren ziemliche Rückschläge erlitten habe und seine Mutter, ehemalige Redakteurin dieser Zeitung, die auch im Publikum ist, sogar ihr Haus verpfänden musste, um einen Film des Sohnes zu finanzieren, der dann floppte.

Und dann, und das wird an diesem Abend deutlich wie selten, wollte Hofmann den Erfolg beim Publikum auch deshalb, weil er eine Mission hat: Seine Filmprojekte zum Nationalsozialismus und den deutschen Verbrechen folgen dem Wunsch zu verstehen, wie das geschehen konnte, und vor allem: wie sein Vater, der Wehrmachtssoldat, dabei mitmachen konnte. Hofmann will die Antworten festhalten für eine Nachwelt, die bald keine Zeitzeugen mehr hat, denen sie diese Fragen stellen kann (ein leidenschaftlicher Antrieb, den er mit dem verstorbenen Feuilleton-Herausgeber dieser Zeitung geteilt habe, Frank Schirrmacher, an den Hofmann an diesem Abend immer wieder erinnerte).

Hofmanns Vater wiederum konnte erst spät über das reden, was er im Russlandfeldzug erlebt hatte, eine Quelle für "Unsere Mütter, unsere Väter". Diese Geschichtsfilme muss man, angefangen von Hofmanns Abschlussarbeit an der Münchner HFF, "Der Krieg meines Vaters" von 1984, wohl als eine Art Ahnenforschung sehen, und als der Moderator, Daniel Bröckerhoff vom ZDF, Hofmann dann fragt, warum er sich und dem Vater diese Auseinandersetzungen zugemutet habe, lautet die Antwort: "Weil mir auch wehgetan wurde." Die Scheidung der Eltern hat dem pubertierenden Jungen sehr zu schaffen gemacht, das wurde zur investigativen Kraft.

Das sind die autobiographischen Passagen des Buchs, das Hofmann gemeinsam mit Thomas Laue geschrieben hat und aus dem der Schauspieler Clemens Schick vorliest: von dem Heimkino im Hobbykeller, davon, wie Hofmann mit seiner Super-8-Kamera 1971 den Fastnachtsumzug in Ludwigshafen drehte und auf der Ehrentribüne neben dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl landete (ein Beweisfoto findet sich im Buch). Von den Nächten, als die Filmemacher des Prager Frühlings im Wohnzimmer der Hofmanns rauchend, trinkend und redend die Nächte zum Tag machten, weil der Vater Pressesprecher der Internationalen Filmwoche Mannheim war. Den Sohn hat das elektrisiert: "Film hat etwas mit Wirklichkeit zu tun." Schick dreht leider oft ziemlich auf, um es bedeutsam zu machen - aber auch das passt ja zum Werk Nico Hofmanns.

"Mehr Haltung, bitte!" heißt das Buch: weil Hofmann keine reine Autobiographie wollte ("zu eitel") und die erste Version verworfen habe. Deswegen verbinden sich Erinnerungen an Götz George oder Bernd Eichinger jetzt mit den Konflikten von heute: "Es geht einfach nicht", sagt Hofmann zu den geschichtsrevisionistischen Kräften der AfD um Höcke und Gauland genau wie zur "Echo"-Verleihung an antisemitische Rapper, deren Musik von der Bertelsmann Music Group vertrieben wird. Und er verlangt, dass sich die Eliten aus Film und Fernsehen stärker einmischen: Wem, wenn nicht ihnen, wird zugehört?

TOBIAS RÜTHER

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»Hofmanns Buch ist ein Manifest, verfasst von einem Vorreiter seiner Generation. « Die ZEIT