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Paris in den 1960er Jahren: Der Kalte Krieg befindet sich auf seinem Höhepunkt und die Sowjetunion schickt ihre beste Tanzkompanie in den Westen, um ihre künstlerische Stärke zu demonstrieren. Das Leningrader Kirow-Ballett begeistert die Pariser Zuschauer, aber ein Mann sorgt für die Sensation: der virtuose junge Tänzer Rudolf Nurejew. Attraktiv, rebellisch und neugierig, lässt er sich vom kulturellen Leben der Stadt mitreißen. Begleitet von der schönen Chilenin Clara Saint (Adèle Exarchopoulos) streift er durch die Museen und Jazz-Clubs der Stadt, sehr zum Missfallen der KGB-Spione, die ihm…mehr

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Produktbeschreibung
Paris in den 1960er Jahren: Der Kalte Krieg befindet sich auf seinem Höhepunkt und die Sowjetunion schickt ihre beste Tanzkompanie in den Westen, um ihre künstlerische Stärke zu demonstrieren. Das Leningrader Kirow-Ballett begeistert die Pariser Zuschauer, aber ein Mann sorgt für die Sensation: der virtuose junge Tänzer Rudolf Nurejew. Attraktiv, rebellisch und neugierig, lässt er sich vom kulturellen Leben der Stadt mitreißen. Begleitet von der schönen Chilenin Clara Saint (Adèle Exarchopoulos) streift er durch die Museen und Jazz-Clubs der Stadt, sehr zum Missfallen der KGB-Spione, die ihm folgen. Doch Nureyev genießt den Geschmack der Freiheit und beschließt in Frankreich politisches Asyl zu beantragen. Ein höchst riskantes Katz- und Mausspiel mit dem sowjetischen Geheimdienst beginnt.

Bonusmaterial

Featurette "Rudolf Nurejew: Die Legende hinter 'The White Crow'" Ralph Fiennes und Oleg Ivenko im Gespräch Interviews sowie Q&A mit Cast und Crew Trailer, Wendecover
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.09.2019

Verrückt nach Rudolf

Wie zeigt man, was Tanz bedeutet? Ralph Fiennes ist es in seinem Film "The White Crow" über den ersten Popstar des Balletts, Rudolf Nurejew, und dessen Flucht in den Westen gelungen.

Wie lange scheint das jetzt zurückzuliegen, jene Zeit, in der es einen Eisernen Vorhang gab und einen KGB, der dahinter regierte, dunkle Mächte, die nachts Menschen aus ihren Betten holten, sie folterten und verschwinden ließen. Erschütternd malte Julian Barnes' großartiges Buch "Der Lärm der Zeit" aus, wie ein Künstlerleben unter der grausamen und willkürlichen geheimdienstregierten sowjetischen Diktatur aussah. Dmitrij Schostakowitsch, um den es geht, legt sich nicht mal mehr angezogen schlafen, er erwartet die drohende Verhaftung schlaflos im Hausflur, mit einem Koffer neben sich.

Wie lange scheint das her zu sein, und wie nahe dagegen ist Rudolf Nurejew unserer Gegenwart noch immer, Nurejew, der wenige Jahre später um Haaresbreite ein Opfer des KGB geworden wäre. Der dennoch nicht direkt aus politischen Gründen in den Westen ging, sondern aus künstlerischen Motiven - er wollte tanzen, mehr tanzen, und alles tanzen und überall tanzen können, wo es ihm vorschwebte.

Nun zeigt ein neuer Spielfilm, "The White Crow" von Ralph Fiennes, was zu Nurejews Beinahe-Verhaftung führte und wie sein Entkommen gelang. Der spektakuläre Moment, der tanzweltgeschichtliche Augenblick, in dem Nurejew den Eisernen Vorhang durchbrach und in den Westen flüchtete, gerinnt in diesem fesselnden Biopic zu den dramatischsten Bildern des überwältigend authentischen Films, natürlich. Was faktisch einige schnelle Schritte hin zu jenen rettenden französischen Polizisten waren, die wartend am Tresen einer Cafébar auf dem Pariser Flughafen "Le Bourget" standen, zeigt der Film so, dass man begreift, welche Angst im Inneren Nurejews mit seiner Entschlossenheit zur Flucht kämpfte.

Der Film über einen Tänzer, der das legendäre St. Petersburger Mariinsky-Ballett, seine Wiege, seine Heimat, verlässt, um endlich andere Rollen zu tanzen, um mitzugestalten, wie sich die jahrhundertalte Kunst des klassischen Tanzes verwandelt und den Sprung in die Abstraktion vollzieht, zeigt das wahre Gesicht des Balletts, alle seine Schönheiten. Seine Seriosität, besonders in der damaligen Epoche, wird ganz deutlich. Waren es doch geniale Choreographen und Ballettmeister, mit denen Tänzer im Westen arbeiteten - Frederick Ashton, Kenneth MacMillan, Antony Tudor, John Cranko, George Balanchine, Jerome Robbins, um nur einige der im erweiterten klassischen Idiom arbeitenden Künstler zu nennen.

Julie Kavanaghs ausgezeichnete, 700 Seiten starke Nurejew-Biographie, auf der das Drehbuch basiert, dokumentiert, was Rudolf einem Pariser Freund von Clara Saint nach der Flucht anvertraute: "In Leningrad war es sehr hart. Es gab zwei Lager am Kirov (Ballett), jenes der Traditionalisten, angeführt von Konstantin Sergejew, die absolut keine Veränderung wollten, kein neues Kostüm, keine Perücke, und dann die anderen, die sich eine behutsame Modernisierung des Tanzes wünschten. Natürlich gehörte ich zu den ,Modernen', weswegen die Direktion mich nicht so oft auftreten ließ und mir bestimmte Rollen vorenthielt. Ich werde niemals in meine Heimat zurückkehren, aber ich bin überzeugt, dass ich hier bei euch niemals glücklich sein werde."

"Rudik", wie seine Familie und Freunde den im Zug nach Ufa Geborenen liebevoll nannten, wird von dem hochbegabten jungen Tänzer Oleg Ivenko gespielt. Ivenko ist heute fast genau so alt wie Nurejew zum Zeitpunkt der Flucht, zweiundzwanzig Jahre. Natürlich sieht er nicht exakt so aus wie der Tatar, der im Westen der sechziger Jahre der erste Popstar des Tanzes wurde. Aber Ivenko tritt so auf. Er tanzt phantastisch, und er hat sein Vorbild genau studiert, den spöttischen, leicht arroganten, zutiefst selbstbewussten und manchmal mit fast aggressiver Jungmännerausstrahlung beeindruckenden Tänzer. Es gelingt ihm in jedem Moment, nachträglich zu bestätigen, wie unvergesslich schon damals Nurejews charismatische Erscheinung war. Der tiefe Ernst, der über seinem jungenhaften Gesicht lag, wenn er tanzte, eine Art selbstvergessener Versenkung, in die er auf der Bühne, aber genauso im Ballettsaal geriet, Oleg Ivenko reproduziert ihn. Er tut es mit solcher Selbstverständlichkeit des Spiels, dass man vollkommen vergisst, dass er kein Schauspieler ist.

Tief im kulturellen Gedächtnis gespeichert sind die Bilder jener Jahre, die auf Nurejews Flucht in den Westen folgten. Nur weil er entschied, am Ende des Gastspiels des damals Kirov genannten Marrinsky-Balletts in der Pariser Oper kurz vor dem Abflug des Ensembles um Asyl zu bitten, konnte er die Rolle des männlichen Tänzers im Ballett revolutionieren und spät, bis zu seinem Tod, als ein hervorragender Ballettdirektor eine Generation unglaublicher, großer Solisten heranziehen, an ihrer Spitze Nicholas LeRiche, Manuel Legris und Sylvie Guillem. Welche umwerfende Wirkung haben noch immer jene Fotografien der sechziger Jahre, auf denen Nurejew mit der englischen Primaballerina Margot Fonteyn zu sehen ist, lachend, glücklich, in tiefem Einverständnis miteinander scherzend, eine Party verlassend oder Hand in Hand auf den Bühneneingang irgendeines der berühmten Opernhäuser dieser Welt zugehend.

"The White Crow" setzt ein in jenen Tagen und Wochen des Gastspiels im Sommer 1961, die diesen Welterfolgen vorausgingen. Nurejew freundet sich an mit der jungen Französin Clara Saint (Adèle Exarchopoulos), verlobt mit dem Sohn des Kulturministers André Malraux. Sie führt ihn in die Gesellschaft ein, zeigt ihm Bars und Restaurants, das funkelnde Leben der jeunesse dorée in der Freiheit. In Rückblenden schildert der Film Nurejews Leben bis dahin. Wie seine Mutter Farida ihn zur Welt brachte, auf einer der tagelangen Eisenbahnreisen, mit denen man die Sowjetunion durchquerte. In einem engen Zugabteil der Holzklasse, unter dem regelmäßigen Geräusch der Räder auf den Schienen und unter dem Gegacker der in Körbe gesperrten Hühner von mitreisenden Bauern kam Rudolf zur Welt. Seine geliebte Mutter gibt den Jungen später in die Volkstanzklassen der Heimatstadt - einige der schönsten Tanzszenen des Films.

Der wichtigste Ballettlehrer wird in Leningrad Alexander Iwanowitsch Puschkin. Nachdem sein Schüler, längst kein Eleve mehr, sondern einer der begabtesten Jung-Stars in der berühmtesten Ballettcompagnie der Sowjetunion, in Paris um Asyl gebeten hat, wird er vorgeladen wie einst Schostakowitsch. Regisseur Ralph Fiennes lässt sich selbst, den Schauspieler Fiennes, als diesen Puschkin mit den ersten Bildern des Films ein marmorkaltes Treppenhaus hinaufsteigen, im Anzug, eine Aktentasche in der Hand. Wir sehen ihn, eine männliche, nicht mehr junge Gestalt mit sehr geradem Rücken, in diesem einschüchternden Aufgang verschwinden. Gleich darauf sitzt er einem kalt schwitzenden, glatzköpfigen Beamten gegenüber und muss ihn überzeugen, dass er, Puschkin, nichts von den Fluchtabsichten seines Zöglings gewusst habe und dass diese jedenfalls nicht politisch motiviert seien. Sondern wie sicher er sei, dass Nurejew, als er den Gendarmen sagte, er wolle in Frankreich bleiben, nur an das Tanzen gedacht habe. Jetzt versteht der Verhör-Beamte natürlich gar nichts mehr. Tanzen habe Nurejew doch auch zu Hause können. Alles, was der Welt dann entgangen wäre, liegt schon als Verheißung in Puschkins Blick. Er wusste, was für einen besonderen Vogel, welche weiße Krähe er erzogen hatte.

WIEBKE HÜSTER

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