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Li lebt seit einem Jahr in Deutschland, geht zur Uni und arbeitet als Kellnerin in einem Sushi-Restaurant. Aufgrund ihrer Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache zieht die junge Frau sich in ihre eigene Welt zurück und telefoniert täglich über Stunden mit ihrem Freund in China. Nur im Restaurant fühlt Li sich wohl. Hier denkt sie sich Geschichten über die Gäste aus - wie zum Beispiel "Manfred", der stets allein isst. Ein Anruf aus der Heimat und eine zufällige Begegnung sollen schließlich dazu führen, dass Li beginnt, sich ihrer neuen Umgebung zu öffnen...
Mit großem erzählerischen Talent
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Produktbeschreibung
Li lebt seit einem Jahr in Deutschland, geht zur Uni und arbeitet als Kellnerin in einem Sushi-Restaurant. Aufgrund ihrer Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache zieht die junge Frau sich in ihre eigene Welt zurück und telefoniert täglich über Stunden mit ihrem Freund in China. Nur im Restaurant fühlt Li sich wohl. Hier denkt sie sich Geschichten über die Gäste aus - wie zum Beispiel "Manfred", der stets allein isst. Ein Anruf aus der Heimat und eine zufällige Begegnung sollen schließlich dazu führen, dass Li beginnt, sich ihrer neuen Umgebung zu öffnen...

Mit großem erzählerischen Talent offenbart Yi Luo in "Running Girl" die Kraft, die auch einer vermeintlich kleinen Geschichte innewohnen kann, und schildert eindrücklich die Herausforderungen, sich in einer gänzlich neuen Umgebung zurechtzufinden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2016

Rennen
und retten
Bayerisches Literaturstipendium
für Yi Luo und ihre Graphic Novel
München – Li rennt. Sie hetzt abends von ihrem Job in einem Augsburger Sushi-Restaurant nach Hause – und überhört dabei nicht das „Ausländer“-Gegröle aus einem Auto. Sie skypt nachts stundenlang mit ihrem Freund in China. Sie hastet morgens zur Uni und kapiert im Bus kein Wort davon, was ihre Kommilitonin erzählt; kein Wunder, dass auch eine Uni-Dozentin das Deutsch in Lis Hausarbeit nicht versteht. Dann eilt Li wieder ins Sushi-Restaurant und verkauft begeisterten Gästen seltsame Gerichte. Ein Tag im Leben einer chinesischen Studentin in Bayern: „Running Girl“, der Titel von Yi Luos erster Graphic Novel, passt perfekt.
  Ein „wichtiges Thema“ hat sie damit aufgegriffen, fand die Jury der Literaturstipendien des Freistaats Bayern. Nachdem im vergangenen Jahr die Graphic Novel „Irmina“ von Barbara Yelin einen Kunstförderpreis erhalten hat, zeichnet der Freistaat nun zum zweiten Mal eine Arbeit aus diesem Bereich aus. Bei der nicht-öffentlichen Verleihung an diesem Montag in der Akademie der Schönen Künste wird Yi Luo neben fünf weiteren Preisträgern stehen, die – mit Ausnahme der Lyrikerin Anja Utler – jeweils Romanprojekte eingereicht haben: Carola Gruber, Andrea Heuser, Daniel Grohn und Carmen Stephan erhalten ebenfalls Literaturstipendien von je 6000 Euro.
  Wobei: Kann man eine Graphic Novel, einen Comic also, überhaupt als Literatur verstehen? Yi Luo, meist unter dem Künstlernamen Yinfinity tätig, hat damit kein Problem: Das sei eine Form von Literatur, mit der man „ernsthafte Informationen transportieren“ könne. Ihre 30-seitige Graphic Novel „Running Girl“ (Reprodukt) gibt nur einen Vorgeschmack darauf: Es ist der erste Band einer größeren Geschichte, die auf 150 Seiten angelegt ist. Und es ist, man ahnt es, zu einem Teil die Geschichte der Schöpferin selbst. Sie hat der Figur ihres Comics sogar den eigenen Namen gegeben, als Anagramm leicht verfremdet: Aus Yi Luo wurde im Buch Li Yuo.
  Zu 60 Prozent sei es ihre eigene Geschichte, sagt sie, zu 30 Prozent die von Freunden, und die restlichen zehn Prozent hätten dramaturgische Gründe. Yi Luo hat offensichtlich ein Faible für Zahlen; auch der Heldin des Comics fällt es nicht schwer, sich die Nummern von Sushi-Gerichten zu merken. Passenderweise hat die inzwischen 30-jährige Chinesin aus Tianjin ursprünglich auch Bauingenieurwesen in Shanghai studiert. Sie war damit nicht glücklich, ging 2007 nach einem Intensiv-Sprachkurs nach Deutschland und studierte Kommunikationsdesign in Augsburg; derzeit studiert die selbständige Illustratorin und Comiczeichnerin – die leider merken musste, dass man davon kaum leben kann – noch zusätzlich Animation an der Filmakademie Baden-Württemberg.
  Bei einer Comic-Werkstatt in München zum Thema „Gestrandet & Verwurzelt“ im vergangenen Jahr kam Yi Luo die Idee, die eigene Geschichte in Bild und Text aufzuarbeiten. „Ich bin hier nicht gestrandet“, sagt sie, „aber ich habe auch meine Heimat verlassen und musste viele Schwierigkeiten überwinden.“ Ihr erstes Jahr in Deutschland sei „schon furchtbar“ gewesen, erinnert sie sich: „Ich war nur in meinem Zimmer, habe gezeichnet und mit meinem Ex-Freund telefoniert.“ In dieser „geschlossenen kleinen Welt“ konnte sie, die heute lässig Telefoninterviews gibt, sich sprachlich natürlich kaum verbessern: „Ich war verzweifelt, wenn ich auf die Straße ging und Deutsch sprechen musste.“
  Ihre psychologisch wie zeichnerisch feine Graphic Novel bildet solche verschwimmenden Gefühlslagen in einem passend weichen Aquarell-Stil ab. Der erste Band von „Running Girl“ endet, als die Heldin, die gerade erfahren hat, dass der Freund in China fremdgeht, besonders verstört und einsam ist. Der düstere Schluss stört Yi Luo nicht. Das sei Teil des Lebens, das nie stehen bleibe. Das Buch ist auch längst nicht fertig: Li rennt weiter.
ANTJE WEBER
„Running Girl“ ist teilweise die
Geschichte der Autorin selbst
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