62,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 2-4 Wochen
  • Broschiertes Buch

Im historischen Rückblick dürfte die Lösung der nicht-westlichen Zivilisationen von den Ordnungsparadigmen der westlichen Moderne und die Rückbesinnung auf die eigenen kulturellen Traditionen zu den bedeutsamsten Entwicklungen des ausgehenden 20. Jahrunderts gezählt werden.
In den achtziger Jahren im islamischen Kulturbereich begonnen, gewannen diese Prozesse schnell an Dynamik und griffen spätestens seit Beginn der neunziger Jahre auch auf Ostasien über. Wichtigste Bezugspunkte bildeten die sogenannten 'asiatischen Werte', von denen sich die Länder der Region neben wirtschaftlichem…mehr

Produktbeschreibung
Im historischen Rückblick dürfte die Lösung der nicht-westlichen Zivilisationen von den Ordnungsparadigmen der westlichen Moderne und die Rückbesinnung auf die eigenen kulturellen Traditionen zu den bedeutsamsten Entwicklungen des ausgehenden 20. Jahrunderts gezählt werden.

In den achtziger Jahren im islamischen Kulturbereich begonnen, gewannen diese Prozesse schnell an Dynamik und griffen spätestens seit Beginn der neunziger Jahre auch auf Ostasien über. Wichtigste Bezugspunkte bildeten die sogenannten 'asiatischen Werte', von denen sich die Länder der Region neben wirtschaftlichem Wachstum und politischer Stabilität auch die Erneuerung ihrer geistigen Identität erhofften. Das gilt auch für China, wo sich mit der fortschreitenden Erosion des Marxismus-Leninismus die Wiederentdeckung - und Rehabilitierung - der eigenen tausendjährigen geistigen Traditionen im vollen Gange befindet.

Die geistigen Traditionen im klassischen China, insbesondere die politische Philosophie der chinesischen 'Achsenzeit', sind das Thema des vorliegenden Buches. Im Mittelpunkt stehen ihre Anfänge in der frühen Chou-Zeit und die Ausformungen, die sie in den folgenden Jahrhunderten durch Konfuzius, Mo Ti, Yang Chu, Menzius und Lao-tzu erfuhren.

Aus dem Inhalt:
I. Geistige und Gesellschaftliche Strukturen in der Frühen Chou-Zeit:
- Von den Shang zu den Chou - Verleihung und Verlust des "himmlischen Mandats"
- Elemente des präkonfuzianischen Kosmos
- Die te des Herrschers
- Von der Inhomogenität des Raumes und der "Mitte-der-Welt"
II. Zerfall und Umbruch: Die Auflösung der Chou-Ordnung:
- Aufstieg und Fall der Chou
- Das Erstarken der Einzelstaaten: die Stunde des "Hegemons"
- Wandlungsprozesse in den Einzelstaaten
- Wirtschaftlicher und zivilisatorischer Wandel während der Ch'un-ch'iu und Chan-kuo-Periode
III. Tendenzen geistiger Erneuerung:
- Konfuzius oder: die Liebe zum Altertum
- Mo Ti: ein utilitaristischer Traditionalist
- Yang Chu oder: die Liebe zum eigenen Selbst
- Menzius oder: die Richtigstellung der Herzen
- Lao-tzu oder: die Rettung der Welt durch 'Nicht-Handeln'
IV. Bibliographische Stichworte:
- Shih-ching (Klassiker der Lieder)
- Shu-ching (Klassiker der Dokumente)
- Ch'un-ch'iu (Frühlings- und Herbstannalen)
- Lun-yü (Gespräche)
- Mo-tzu
- Yang Chu
- Ment-tzu
- Tao-te-ching/Lao-tzu
- Chan-kuo ts'e ("Strategien der Kämpfenden Staaten)
- Kuo-yü - Zu Gesellschaft, Politik und Wirtschaft in der Shang- und Chou-Zeit
- Zum politischen Denken der Chou-Zeit
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Himmelsschreiber
Peter J. Opitz knetet Wolkenbilder aus Chinas Philosophie

Karl Jaspers' Vorstellung von einer zwischen dem sechsten und zweiten vorchristlichen Jahrhundert gelegenen "Achsenzeit", aus der verschiedene Weltzivilisationen bis zum heutigen Tag ihre Inspirationen schöpften, wird heutzutage gern auch politisch korrekt verstanden: im Sinne der Gleichberechtigung der Weltkulturen. Die Erkenntnis, das Konfuzius vermutlich kurz vor der Geburt des Sokrates starb, hat zwar kaum einen heuristischen Wert und mag höchstens für Astrologen interessant sein. Doch weil mit Sokrates das abendländische Projekt der Philosophie einen Höhepunkt erreicht, meinen mittlerweile viele, auch Konfuzius oder Buddha zu Philosophen nobilitieren zu müssen, nur weil diese eben auch in der "Achsenzeit" wirkten.

Die Exklusivität, mit der häufig die Bedeutsamkeit etwa der lateinischen (Kirchen-)Tradition, der buddhistischen Schulbildungen und der Entwicklungen des chinesischen ästhetischen Denkens für die jeweiligen Zivilisationen zugunsten eines - zugegebenermaßen wesentlich leichter zu überschauenden - klassischen Kanons vernachlässigt wird, mag in den Humanismus-Idealen von Altertumswissenschaft und Protestantismus wurzeln. Den Gefahren von Reduktion und Essentialisierung entgeht sie selten.

In Peter J. Opitz' Studien zu fünf chinesischen Denkern des sechsten bis dritten Jahrhunderts vor Christus gerät die Beschwörung der Achsenzeit allerdings lediglich zu einem Lippenbekenntnis in der Einleitung. Das ehrt den Verfasser, denn er beschäftigt sich nicht mit dem Fortwirken dieser Denker, sondern vielmehr mit ihrer Verwurzelung in geistigen und gesellschaftlichen Entwicklungen seit der Wende des ersten vorchristlichen Jahrtausends. Dem Aufstieg und Verfall der Zhou-Dynastie (elftes bis drittes Jahrhundert vor Christus) und der verschiedenen kosmischen, moralischen und politischen Leitbilder jener Epoche widmet Opitz daher seine beiden Einführungskapitel. Zentrales Moment dieser Tradition ist nach Opitz die Vorstellung, der zufolge das irdische Leben in einem kosmischen Kontext steht, eben dem "Weg des Himmels". Der "Himmel" war es auch, der im elften Jahrhundert vor Christus der Shang-Dynastie sein "Mandat" entzog, um es der Zhou-Dynastie zu verleihen. Die für den Herrscher wichtige Kenntnis vom normativen Willen des Himmels - das "Ordnungswissen" - wurde durch Orakelbefragungen, Offenbarungen sowie mündliche und schriftliche Überlieferungen der Verhaltensweisen der mustergültigen Vorfahren erlangt.

Allerdings erweist sich im Folgenden, bei den Einzeldarstellungen vom Konfuzius, Menzius, Mo Di, Yang Zhu und Laozi (der originellste Denker jener Zeit, Zhuangzi, fehlt leider), daß, vielleicht mit Ausnahme des Mo Di, der "Himmel" oder sein "Weg" doch eine zu lose Klammer ist, um das Denken der "chinesischen Achsenzeit" zu begreifen. Für Konfuzius lassen sich - abgesehen vielleicht von der Idee einer persönlichen Berufung - kaum Belege für einen systematischen Ort finden, den der Himmel in seinem Denken eingenommen haben könnte - noch weniger, wenn es um Ordnungsvorstellungen geht, insbesondere um die durch Ritual und Musik ausgestalteten Formen rechten Verhaltens. Für sein Verständnis des Politischen als eines in seinem Kern sittlichen Verhaltens bedurfte es eben keiner philosophischen Letztbegründung, auch wenn Opitz sich bemüht, sogar Wendungen wie den "Polarstern", die zu Konfuzius' Zeiten längst schon metaphorisch gebraucht wurden, in das Prokrustesbett eines "himmlischen" Kontexts zu zwingen. Da hilft uns auch der lapidare Vermerk nicht weiter, daß "nach dem damaligen Verständnis alles Angeborene als ,vom Himmel gegeben' galt".

Bei dem Konfuzianer Menzius tritt zwar der Himmel ein wenig deutlicher in Erscheinung, doch auch hier im wesentlichen als Instanz zu Berufung heiliger Herrscher, ansonsten steht er für die Natur, der der Mensch sein Wesen verdankt. Opitz folgt den klassischen - oft auf mangelnde Übersetzungsschärfe zurückgehenden - abendländischen Interpretationen, denen zufolge die Vollendung menschlicher Tugenden bei Menzius ein "Auftrag", ein "Mandat" (ming) des Himmels ist: damit gewinnen jedoch das Wort ming (ursprünglich wohl: "Ruf"), das zu Menzius' Zeiten bereits auch "Schicksal", "Lebensspanne" oder eben lediglich "Leben" meinen konnte, und die Handlung des Himmels ein unzulässiges Pathos. Der vergab kürzere oder längere "Aufträge", das heißt unterschiedlicher Lebensdauer, Schicksal eben. Überhaupt macht sich der Politikwissenschaftler Opitz nicht immer die Mühe, eingefahrene Standard-Übersetzungen chinesischer Termini kritisch zu betrachten; sonst wäre ihm etwa auch aufgefallen, daß es in der chinesischen Welt des ersten vorchristlichen Jahrtausends keinen Platz für ein wie auch immer geartetes Konzept von Ewigkeit gab - und somit das Prädikat des himmlischen Mandats, das er bedenkenlos mit "ewig" wiedergibt, nichts als den Gebetswunsch möglichst langer Dauer der Herrschaft ausdrückt.

Einzig Mo Di, der Gründer einer pazifistischen und Frugalität verordnenden Predigersekte, dessen Schüler aus des Meisters Argumentationen einige Frühformen logischen Denkens entwickelten, kennt den Himmel - freilich auch nur ansatzweise, wie Opitz zugibt - als theologisch begründenden "Seinsgrund". Auch wenn es zweifelhaft bleiben mag, ob hier nicht letztlich doch wiederum Identität mit der Natur vorliegt, zeigt der Himmel des Mo Di immerhin Liebe und Gerechtigkeit. Bei Laozi (Daodejing, "Tao-Te-King") schließlich, dem die Sammlung von Studien ihren Titel verdankt, wird der Himmel häufig dem Tao ("Weg"), als dessen Emanation er in diesem Werk gilt, untergeordnet. Doch ob der ebenfalls bei Laozi zu findende "Weg des Himmels" etwas anderes ist als das "Tao des Himmels", kann der Leser auch nach längeren Ausführungen, in denen Wörter wie "Seinsgrund", "Seinshierarchie", "geistige beziehungsweise göttliche Grundierung" sich häufen, nicht entscheiden.

Sieht man einmal von dem mißlungenen Konstrukt des Leitmotivs "Himmel" ab, so ist angesichts der beschämend geringen Anzahl von deutschsprachigen Werken zum frühen chinesischen Denken Opitz' Buch besonders für den Nichtsinologen eine brauchbare Einführung; denn gerade weil der Himmel nicht, wie versprochen, den roten Faden bei allen vorgestellten Denkern bildet und Opitz sich des Umstandes bewußt ist, daß ein eigenständiger politischer Bereich in den Originalwerken zumeist nicht ausgegrenzt ist, diese Arbeit also vom heutigen Interpreten geleistet werden muß, bietet das Buch eine gute Orientierung. Hätte Opitz in seine informative Bibliographie zur Literatur des chinesischen Altertums noch systematischer den Forschungsstand der neunziger Jahre eingearbeitet und statt zum Teil recht obskurer Angaben die neueren, sorgfältig annotierten kritischen chinesischen Standardausgaben angeführt, dann hätte das Werk auch für Fachleute aus der Philologie zu einer Herausforderung geraten können. Die verhalten sich nämlich häufig wie der Himmel des Konfuzius: sie sprechen nicht.

MICHAEL LACKNER

Peter J. Opitz: "Der Weg des Himmels". Zum Geist und zur Gestalt des politischen Denkens im alten China. Wilhelm Fink Verlag, München 2000. 313 S., br., 68,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In einer sehr gelehrten Rezension, in der Michael Lackner über die Bedeutung des Himmels im vorchristlichen Jahrtausend in China referiert, beurteilt er dieses Buch "besonders für den Nichtsinologen (als) eine brauchbare Einführung". Zwar taugt der Begriff `Himmel` als übergeordnetes "Leitmotiv" wenig, wie er ausführlich nachweist, dennoch bietet seiner Ansicht nach dieser Band eine "gute Orientierung" in das chinesische Denken dieser Zeit - nicht zuletzt, weil es ansonsten wenig deutschsprachige Literatur dazu gibt. Bedauerlich findet Lackner es jedoch, dass der Autor den aktuellen Forschungsstand und die "kritischen chinesischen Standardausgaben" in der Bibliografie nur unzureichend berücksichtigt hat und somit das Buch für Fachleute von nur eingeschränktem Wert ist. Dafür gibt Lackner dann in seiner Rezension selbst ausführlich darüber Auskunft, welche Bedeutung der Himmel in den verschiedenen Dynastien und bei Denkern wie Konfuzius, Menzius, Mo Di und anderen hatte.

© Perlentaucher Medien GmbH