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Stellen Sie sich vor, Sie schreiben als Student einen Bestseller, doch Ihr Starruhm versinkt in einem See von Verunglimpfungen, Alkohol und Drogen. Stellen Sie sich dann vor, Sie bekommen eine zweite Chance - so wie der Romanheld Bret Easton Ellis in"Lunar Park". Zunächst glaubt man, eine Autobiographie in Händen zu halten: Autor und Protagonist Bret Easton Ellis fasst sein bisheriges Leben zusammen, er erzählt von seinen Romanen, von den Menschen, die in seinem ausschweifenden Leben eine Rolle spielten, von Beziehungen und Affären, von seiner Familie, vor allem von seinem unerträglichen…mehr

Produktbeschreibung
Stellen Sie sich vor, Sie schreiben als Student einen Bestseller, doch Ihr Starruhm versinkt in einem See von Verunglimpfungen, Alkohol und Drogen. Stellen Sie sich dann vor, Sie bekommen eine zweite Chance - so wie der Romanheld Bret Easton Ellis in"Lunar Park".
Zunächst glaubt man, eine Autobiographie in Händen zu halten: Autor und Protagonist Bret Easton Ellis fasst sein bisheriges Leben zusammen, er erzählt von seinen Romanen, von den Menschen, die in seinem ausschweifenden Leben eine Rolle spielten, von Beziehungen und Affären, von seiner Familie, vor allem von seinem unerträglichen Vater. An welchem Punkt sich die Fiktion mit der Realität vermischt, darüber wird in den USA heftig debattiert. Bret heiratet Jayne, eine bekannte Schauspielerin, und zieht mit ihr und den beiden Kindern in einen Vorort, um endlich ein richtiges Familienleben zu führen, weit weg von Drogen und sonstigen Verführungen. Doch das Idyll wird gestört, als seltsame Dinge geschehen: Ein Spielzeug seiner Tochter beginnt ein Eigenleben zu führen, ein junger Fan sieht aus wie Patrick Bateman aus der Verfilmung von"American Psycho", Jungen verschwinden aus der Nachbarschaft und die Farbe des Hauses blättert ab. Ist das alles nur auf Ellis'kranke Fantasie zurückzuführen, wie Jayne glaubt, oder passiert das alles wirklich? Aus dem Familienroman wird ein Horrorszenarium à la Stephen King, doch kann man das wirklich ernst nehmen?
Autorenporträt
Bret Easton Ellis, geboren 1964 in einem Vorort von Los Angeles, wohnhaft in New York City, gilt als einer der kontroversesten, aber auch sprachgewaltigsten jungen Autoren seiner Generation. Mit 19 schrieb er seinen Debütroman, einen schonungslosen Zustandsbericht über das dekadente aber orientierungslose Leben der Yuppies in den 80ern, der 1996 erfolgreich verfilmt wurde. 1987 erschien sein zweiter Roman bevor er 1991 endgültig zum Kultautor aufstieg.
Trackliste
CD 1
11. Die Anfänge00:11:09
2Keine Titelinformation00:09:53
3Keine Titelinformation00:08:13
4Keine Titelinformation00:09:26
5Keine Titelinformation00:08:15
6Keine Titelinformation00:08:27
7Keine Titelinformation00:10:40
8Keine Titelinformation00:11:33
CD 2
11. Die Anfänge00:11:10
2Keine Titelinformation00:04:15
32. Die Party00:04:36
4Keine Titelinformation00:09:16
5Keine Titelinformation00:09:39
6Keine Titelinformation00:10:53
7Keine Titelinformation00:11:15
8Keine Titelinformation00:08:57
9Keine Titelinformation00:09:10
CD 3
13. Der Morgen00:09:14
2Keine Titelinformation00:10:31
3Keine Titelinformation00:08:50
4Keine Titelinformation00:09:01
5Keine Titelinformation00:06:48
64. Der Roman00:08:39
7Keine Titelinformation00:10:07
85. An Der Uni00:06:58
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.02.2006

Sportsfreund, das ist Schleim!
Beißwütige, oberschenkelfixierte Gespenster: Bret Easton Ellis’ selbsttherapeutischer Roman „Lunar Park”
Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen avancierten Kunstgenusses, nicht mit dem guten Menschenverstand zu argumentieren. Viele Probleme, über die die Kunst lauter komplizierte Worte macht, könnten gleichsam mit einer handfesten Common-Sense-Armbewegung vom Tisch gewischt werden.
Für den neuen Roman von Bret Easton Ellis, „Lunar Park”, würde das heißen: Mensch, Junge, lass die Finger von den Drogen, kipp Dir nicht schon zum Frühstück die Wodka-Cocktails hinter die Binde und versuch lieber mal, Deinen Tablettenkonsum in den Griff zu kriegen - und wenn Du diesen ganzen Drogen-, Alkohol- und Psychopharmaka-Scheiß hinter Dich gebracht hast, glaub mir, Junge, dann werden auch die Gespenster verschwinden, von denen Du auf so unglaubwürdige Weise in Deinem neuen Roman behauptest, sie würden Dich und die Deinen auf die tückischste Art heimsuchen und hätten Dir regelrecht zwei fürchterlich schmerzhafte Bisse in Deinen Oberschenkel beigefügt - von anderen, kleineren Wundmalen ganz zu schweigen.
Das sagt aber natürlich keiner, denn schließlich befinden wir uns im Kunst- und nicht im Therapiediskurs. Und im Kunstdiskurs gilt: Wenn ein Autor oder sein Protagonist trinkt wie blöd, dann hat nicht der Autor oder sein Protagonist ein Alkoholproblem, sondern dann verdichtet sich in diesen schlechten Trinkgewohnheiten die Krankheit der Zivilisation selbst. Und wenn er Gespenster und Dämonen am Werk sieht, dann sollte man ihm nicht Halluzinationen unterstellen und die Überweisung zum Psychiater einleiten, sondern sich lieber an die eigene Nase fassen und einsehen, dass verglichen mit der Verrottetheit, Verlogenheit und Verkommenheit unserer Gesellschaft ein beißwütiges, oberschenkelfixiertes Gespenst eine zurückhaltende Manifestation dieser Missstände ist.
Denn Bret Easton Ellis gilt als radikaler Gesellschaftskritiker. Er ist - wie es dann immer heißt - die Stimme seiner Generation. Ein exemplarischer Märtyrer, der die Sünden dieser Welt auf sich nimmt. Wobei allerdings die Drastik bestimmter Stellen und die aufploppenden Gewaltexzesse die geradezu kindische Schlichtheit seiner ,Gesellschaftsdiagnostik‘ nur notdürftig bemänteln.
Die Hauptfigur von „Lunar Park” heißt Bret Easton Ellis und teilt sehr viele Eigenschaften mit dem Autor Bret Easton Ellis. Was das für den Fiktionsstatus des Buches zu bedeuten hat, wird von Ellis zwar immer wieder poetologisch hin- und hergewendet, ist aber letztlich eine akademische Trockenübung, die uns nicht weiter kümmern muss. Das erste Kapitel erzählt von der rauschhaften Karriere des jungen Ellis, der sich gar nicht unmöglich genug benehmen kann, um zum Liebling der Medien und der Stars zu werden. Es erzählt vom Geld und vom Champagner, die in Strömen fließen, von den Drogen und dem Alkohol und von der Ausgebranntheit, der Leere und der Selbstdestruktion. Es ist dieses erste Kapitel in einem rasanten Tempo erzählt, ein mitreißendes Virtuosenstück, dem man gerne länger gelauscht hätte. Doch wie den Drogentrip selbst lässt sich auch dieser Erzähl-Drive nicht auf Dauer stellen. Und so ist der Spaß mit der Seite 53 vorbei.
Sündenstolz und Wehleidigkeit
Der um sein Leben fürchtende Ellis zieht nun zu seiner früheren Frau Jayne, einer berühmten, aber ziemlich faden Filmschauspielerin, in eine Villa in Neuengland, wo sie mit dem gemeinsamen Sohn Robby und ihrer Tochter Sarah lebt. Das geht nicht lange gut, schon bald kehren Alkohol und Drogen zurück. Da hilft auch nicht die Paartherapeutin. Zumal Ellis in seinem merkwürdigen Masochismus es genießt, sich wie ein Arschloch aufzuführen - darauf stolz ist und gleichzeitig darunter leidet. Sündenstolz und Wehleidigkeit liegen bei Bret Easton Ellis immer nah beieinander.
Aber das Entscheidende ist etwas anderes: Kaum kommt Ellis in den Suburbs an, gerät das Buch auf die falsche Bahn, nämlich auf die Stephen-King-Schiene. Es soll nun ein dämonischer Thriller werden - aber nicht, damit es den Leser gruselt (das tut es nie), sondern damit die Versäumnisse und Verschuldungen der eigenen Vergangenheit die drastischste Manifestation annehmen. Wie in einem schlechten Film fängt es mit scharrenden Geräuschen an. Dann flackern die Lampen in der teuren Designervilla. Seltsame Spuren finden sich auf dem Teppich. Ja, genau, und Schleim: „,Es sieht wie, äh, Matsch aus.‘ ,Das ist kein Matsch, Sportsfreund. Das ist Schleim.‘”
Also Schleim. Man fühlt sich an „Ghostbusters” erinnert, aber in Wahrheit geht es Ellis um ganz große Dinge. Um die Schuld, die er auf sich geladen hat, indem er seinem Sohn kein guter Vater war. Um die neurotische Überworfenheit mit dem eigenen Vater, der ihm als Vorbild für den Serienkiller Patrick Bateman in „American Psycho” diente. Und um die Frage, wie sich die Vergangenheit durch die Figuren seiner Romane zurückmeldet: „Das kam eben davon, wenn man sich seiner Vergangenheit nicht stellen und sie nicht verarbeiten will: Dann stellt sich die Vergangenheit dir und verarbeitet dich. Mein Vater folgte mir.”
Ellis zeichnet eine vom Geld und von Marken verblendete Welt, in der alle auf ihre Art zu Zombies werden und die Wahrheit der Existenz nicht mehr spüren. In unendlich öden, gesellschaftskritischen Passagen berichtet Ellis davon, wie die reichen Eltern seiner Nachbarschaft ihre Kinder auf Medikamente setzen. Die Rückkehr der Gespenster bedeutet dann auch das Ende der abgestumpften und abgedimmten Existenz. Nur funktioniert der Grusel nicht - ich habe selten so lachen müssen wie auf jenen Seiten, wo das Stofftier Terby dem Autor von „Glamorama” seine fiesen Zähne in die Hand hackt. Ich meine, hey, Dämonen können verdammt wütend werden.
Im furiosen ersten Kapitel über den Glamour des Brat-Packs (zu dem unter anderen die Autoren Jay McInerney und Tama Janowitz gehörten), das man wirklich mit großem Vergnügen liest, erzählt Ellis von den Partys in den angesagten Restaurants, wo die jungen, erfolgsverwöhnten Wilden, denen die Welt nirgends Widerstand entgegensetzte, sich den Dom Perignon flaschenweise über die Köpfe gossen und mit dem Hummer um sich warfen, weil sie begriffen: Je schärfer sie auf der Dekadenz-Schiene ausflippten, desto größer würde ihr Erfolg sein. „Wir saßen immer im ersten Wagen der großen Achterbahn.” Und er fügt hinzu: „Damit begann eine Zeit, in der es einem vorkam, als seien die Bücher selbst ganz ohne Bedeutung.”
Vielleicht hat Ellis damit einen wunden Punkt getroffen - aber das wäre naturgemäß die größte narzisstische Kränkung für einen Autor. Das darf nicht sein. „Lunar Park” kann man lesen als den Versuch zu zeigen, dass die Bücher durchaus eine Bedeutung haben, sogar die denkbar stärkste - eine so gewaltige, dass die Geschöpfe der Phantasie in die Wirklichkeit eintreten und damit das Siegel der Wahrheit unter die Druckerschwärze der Fiktion setzen. „Sieh die Wunden in meinem Oberschenkel”, scheint dies Buch an der Grenze zum sauren Kitsch zu sagen, „es geht doch um etwas.” Was die hingebungsvollen Morde für Patrick Bateman waren, sind die Dämonen für Ellis: Mittel, die Existenz wieder zu spüren und aus der Lethargie herausgerissen zu werden. Dieser Gespenster-Trip mag dem Autor helfen, dem Leser nicht. IJOMA MANGOLD
BRET EASTON ELLIS: Lunar Park. Aus dem Englischen von Clara Drechsler und Harald Hellmann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 457 S., 22,90 Euro.
Vorsicht Gespenster! Gleich wird die Vorstadt zur Geisterbahn.
Foto: Corbis
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