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Produktdetails
  • Verlag: EOS Verlag
  • Seitenzahl: 443
  • Deutsch
  • Abmessung: 215mm
  • Gewicht: 806g
  • ISBN-13: 9783830672029
  • ISBN-10: 3830672020
  • Artikelnr.: 20817957
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2006

Allzweckwaffe
Diplomat Ruhfus erinnert sich

Fast jeder deutsche Spitzendiplomat im Ruhestand fühlt sich heute bemüßigt, Memoiren zu schreiben. Und das erst recht, wenn er wie Jürgen Ruhfus der Bonner politischen Führung stets als diplomatische Allzweckwaffe diente. Blitzschnelle Auffassungsgabe, Effizienz, Behutsamkeit bei schwierigen Entscheidungen wurden ihm nachgesagt. Ständig aufwärts strebend hat er eine Bilderbuchkarriere auf Auslandsposten in Dakar, Athen, Nairobi, bei den Vereinten Nationen, in London und Washington vorzuweisen. Von 1976 bis 1979 war der Christdemokrat Leiter der außenpolitischen Abteilung im Kanzleramt, Mitte der achtziger Jahre Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Doch wer von dem erfahrenen Diplomaten vertiefte Einblicke in vier Jahrzehnte bundesdeutscher Außenpolitik erwartet, wird enttäuscht. Rastlos wie in seinem Leben hetzt Ruhfus den Leser von Termin zu Termin. Episoden reihen sich aneinander und verstärken unwillkürlich altbekannte Vorurteile. Diplomaten reisen häufig, parlieren gelegentlich mit den Großen dieser Welt, tingeln ansonsten aber von einer Party zur anderen und begegnen natürlich nur "Freunden". Politische Konflikte und Reibungspunkte verstehen sie geschickt zu kaschieren.

Angesichts heftiger Kontroversen, die es jahrelang über die deutsche Außenpolitik gab, äußert selbst Altbundeskanzler Helmut Schmidt im Vorwort Zweifel. Deutschlands Wiedereingliederung in die internationale Staatengemeinschaft verlief keineswegs nur gradlinig. Ruhfus zeichnet ein zu harmonisches Bild, das selten Blicke hinter die Kulissen eröffnet. Eine Ausnahme bilden Überlegungen im Bundessicherheitsrat 1977, wie die Bundesregierung auf die wachsende Bedrohung der sowjetischen Mittelstreckenwaffen reagieren sollte. Reminiszenzen an die Ära Thatcher verkümmern zu kurzen Charakterisierungen der Eisernen Lady und ihrer Crew. Streitfragen im deutsch-britischen Verhältnis gab es anscheinend nicht. Als die Deutschen das Glück der Wiedervereinigung überkam, warb Ruhfus in der amerikanischen Öffentlichkeit um Vertrauen in die Westbindung des vereinten Deutschland. Denn die eigentlichen Verhandlungen zwischen Kohl und Bush, Genscher und Baker - so ist zu vernehmen - liefen an der Botschaft in Washington vorbei. Mehr Hintergrundinformationen, gespickt mit abwägenden Urteilen, hätten dem Band gut getan.

HANNS JÜRGEN KÜSTERS

Jürgen Ruhfus: Aufwärts. Erlebnisse und Erinnerungen eines diplomatischen Zeitzeugen 1955 bis 1992. EOS-Verlag, Sankt Ottilien 2006. 443 S., 24,80 [Euro].

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