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Wohin steuert der Iran? Die große Reportage von Lilli Gruber, Italiens Star-Journalistin
Lilli Gruber nimmt als Journalistin, Bestsellerautorin und Europaabgeordnete in Italien eine Ausnahmestellung ein, an der selbst Berlusconi nicht rütteln kann. Im Sommer 2005 hat sie den Iran erkundet und ein Land entdeckt, das widersprüchlicher ist, als George W. Bush uns glauben machen will: hohe Arbeitslosigkeit, Politikverdruss einerseits, erwachende Lebenslust und Aufweichung der verordneten Moral andererseits. Die Männer regieren, aber die Frauen entwickeln trotz Schleierzwang neues…mehr

Produktbeschreibung
Wohin steuert der Iran? Die große Reportage von Lilli Gruber, Italiens Star-Journalistin

Lilli Gruber nimmt als Journalistin, Bestsellerautorin und Europaabgeordnete in Italien eine Ausnahmestellung ein, an der selbst Berlusconi nicht rütteln kann. Im Sommer 2005 hat sie den Iran erkundet und ein Land entdeckt, das widersprüchlicher ist, als George W. Bush uns glauben machen will: hohe Arbeitslosigkeit, Politikverdruss einerseits, erwachende Lebenslust und Aufweichung der verordneten Moral andererseits. Die Männer regieren, aber die Frauen entwickeln trotz Schleierzwang neues Selbstbewusstsein. Auch auf die Atompolitik und die Anti-Israel-Kampagne des Iran wirft diese Reportage ein neues Licht.

Als Lilli Gruber im Frühjahr 2005 in Teheran landet, beginnt dort gerade der Wahlkampf. Ein Reformer und ein erzkonservativer Hardliner stehen zur Wahl für das Präsidentschaftsamt. Aber die Bevölkerung nimmt nur mäßigen Anteil an diesem Wettstreit: Zu hoch ist die Arbeitslosigkeit, zu gravierend der Niedergang der Ölindustrie nach dem achtjährigen Krieg mit dem Irak, zu gewaltig sind die Drogenprobleme der Jugend, als dass man sich Besserung von den islamischen Herrschern erhoffen würde. Zwar unterstützen die meisten Iraner die Atompolitik ihres Landes und glauben an die Notwendigkeit der Abschreckung, dennoch wünschen sie, dass man die Beziehungen zu den USA wiederaufnimmt. Nicht wenige sehnen sich gar nach den Zeiten des Schahs zurück. Der Tschador, der lange schwarze Schleier, ist zu einem Symbol der Frauenfeindlichkeit der herrschenden Klasse geworden. Doch die Frauen suchen Schönheitschirurgen auf, riskieren für ihre heimlichen Liebschaften oft die Existenz, brechen das Abtreibungsverbot und studieren – auch wenn sie später in den seltensten Fällen arbeiten dürfen. Sie führen die Regierungspolitik der rigorosen Trennung von Mann und Frau im öffentlichen Leben ad absurdum. Lilli Gruber hat den ganzen Iran erkundet: die Kaderschule der Ayatollahs in Qom, die jüdische Gemeinde in Shiraz, die Pilger-Stadt Maschad und Isfahan mit seiner Teppichindustrie und alten Baupracht. Sie hat Shirin Ebadi, die Menschenrechtlerin und Nobelpreisträgerin getroffen, Zohreh Sefati, die einzige Frau, die Ayatollah wurde, und Laleh Seddigh, Irans erfolgreiche Ralley-Rennfahrerin, genannt »die kleine Schumacher«. Entstanden ist eine lebendige Reportage voller ungewöhnlicher Einblicke über Politik und Alltag in diesem Land.

Autorenporträt
Lilli Gruber wurde 1957 in Bozen geboren. Sie schrieb für Zeitungen wie "Corriere della Sera" und war Moderatorin von "Tg1" im Sender RAI-Uno. Sie erhielt Auszeichnungen wie den "Premio Spoleto" und in Deutschland den "Carlo Schmid Preis". Ihre letzten Bücher wurden in Italien Bestseller.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2006

Farben im Schwarz-Weiß-Bild
Eine differenzierte Darstellung der aktuellen Situation in Iran
Seit der islamischen Revolution 1979 kennt der Westen nur ein Gesicht Irans: Frauen im schwarzen Tschador. Mit der Präsidentschaft des Reformers Mohammed Chatami kamen neue Bilder hinzu: hübsche Frauen mit sorgfältigem Make-up und modischem Kopftuch. Vergangenen Sommer verdüsterte sich das Bild erneut: Iran, das war jetzt ein schmaler Mann mit Dreitagebart und fanatischen Augen, der Israel bedroht, den Holocaust leugnet und nach der Bombe greift - der im Juni 2005 gewählte Präsident Mahmud Ahmadinedschad.
Der Bildervorrat über Iran beschränkt sich auf wenige Klischees. Doch seit der iranischen Rechtsanwältin Shirin Ebadi 2003 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, nehmen auch breitere Kreise die sich entwickelnde iranische Zivilgesellschaft zur Kenntnis. Zum differenzierteren Bild trägt auch Lilli Grubers Buch bei. Die italienische Starreporterin, seit 2004 Abgeordnete im EU-Parlament, verbrachte den Monat vor der Präsidentschaftswahl in Iran. Sie betrat das Land mit den üblichen Erwartungen und Ängsten und beschreibt, wie ihr stereotypes Schwarz-Weiß-Bild allmählich von vielen Farben ergänzt wurde.
Trotz des kitschigen Titels ist es ein gutes Buch für eine erste Begegnung mit Iran geworden. Es beantwortet Fragen nach dem Alltag, der Situation der Frauen, dem Wie und Warum der islamischen Revolution, dem Ergehen der jüdischen Gemeinde, den Menschenrechten mit lebendigen Reportagen und treffenden Einsichten. Dabei unterläuft Gruber jedoch ein bezeichnendes Missverständnis: Ali Akbar Rafsandschani, der Konkurrent von Ahmadinedschad im Kampf um die Präsidentschaft, wird von ihr als „Mann des Dialogs” bezeichnet, im Klappentext wird er gar zum Reformer hochstilisiert. Dabei haben die Iraner den „Hai”, wie sein Spitzname lautet, weil er sich alles einverleibt, was ihm vor die Nase kommt, nicht nur seiner Korruption wegen nicht gewählt. Er soll bei mehreren Morden von Oppositionellen im In- und Ausland seine Hand im Spiel gehabt haben. Fazit: Nicht jeder Gegner von Ahmadinedschad wäre ein wünschbarerer Präsident.
ELISABETH KIDERLEN
LILLI GRUBER: Tschador. Im geteilten Herzen des Iran. Übersetzt von Friederike Hausmann. Blessing Verlag, München 2006. 352 Seiten, 19,95 Euro.
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