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Unvermutet stark sind die zarten Geschöpfe dieser Geschichten. Sie halten aus, wenn der Boden unter ihnen schwankt, schlagen um sich im Moment der Gefahr und brechen aus ihrem Käfig aus, sobald sie Wind unter ihren Flügeln fühlen. So wie Ginza, die in der pulsierenden, übermächtigen Metropole Shanghai ihre Unabhängigkeit verteidigt, indem sie mit Freundinnen in einer winzigen Wohnung lebt und Touristen durch die Stadt führt. Oder Sophie, deren eigensinnige Tochter Clarice ihren Fotografenfreund mit ins Sommerhaus der Familie nimmt und damit das familiäre Gleichgewicht empfindlich ins Wanken…mehr

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Produktbeschreibung
Unvermutet stark sind die zarten Geschöpfe dieser Geschichten. Sie halten aus, wenn der Boden unter ihnen schwankt, schlagen um sich im Moment der Gefahr und brechen aus ihrem Käfig aus, sobald sie Wind unter ihren Flügeln fühlen. So wie Ginza, die in der pulsierenden, übermächtigen Metropole Shanghai ihre Unabhängigkeit verteidigt, indem sie mit Freundinnen in einer winzigen Wohnung lebt und Touristen durch die Stadt führt. Oder Sophie, deren eigensinnige Tochter Clarice ihren Fotografenfreund mit ins Sommerhaus der Familie nimmt und damit das familiäre Gleichgewicht empfindlich ins Wanken bringt. In ihren Erzählungen, die Zoë Jenny hier erstmals in einem Band zusammenfasst, erweist sie sich als Meisterin der kurzen Form: Es sind Geschichten mit bittersüßer Resonanz, deren Wucht vom ersten Satz an mitreißt. Etwas Abgründiges dringt durch jeden der scheinbar so sanften Sätze und umhüllt sie mit feiner Melancholie. Es ist die Angst vor dem Verlust, das Wissen um die verwundbaren Stellen, das unter der Oberfläche mitschwingt.
Autorenporträt
Zoë Jenny wurde 1974 in Basel geboren. Ihr erster Roman »Das Blütenstaubzimmer« (FVA 1997) wurde in 27 Sprachen übersetzt und zum weltweiten Bestseller. In der Frankfurter Verlagsanstalt sind ihre Romane »Der Ruf des Muschelhorns« (2000) und »Das Portrait« (2007), sowie ihre Erzählungen »Spätestens morgen« (FVA 2013) erschienen. Zoë Jenny lebt heute in Breitenfurt bei Wien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2013

Pakt mit
Mr. Parkinson
Zoë Jennys berührender
Erzählband „Spätestens morgen“
Zoë Jenny hatte das Glück oder Pech, mit 23 Jahren einen Bestseller zu schreiben, den Roman „Das Blütenstaubzimmer“. Das war 1997, und für kurze Zeit war sie dann ein Star. Ihr zweiter Roman „Der Ruf des Muschelhorns“, der drei Jahre später erschien, wurde jedoch so einhellig verrissen, wie der erste gelobt worden war. Es wurde in der Folge sehr ruhig um die Autorin, die zuletzt einen Roman auf Englisch veröffentlicht hatte, was hierzulande fast keiner mit bekam. Jetzt gibt es einen neuen Band mit zwölf kurzen Erzählungen auf Deutsch. Es wird sich daran kein neuer Hype entfachen wie seinerzeit am „Blütenstaubzimmer“, und es wird wohl auch niemand Lust bekommen, Zoë Jenny noch einmal niederzumachen. Es gäbe auch keinen Grund dafür, denn dafür sind sie diese Geschichten zu gut.
  Jenny bewegt sich mit diesen Erzählungen im Land der amerikanischen Shortstory von Carver und Cheever, aber das wirkt hier einmal nicht wie ein Abklatsch. So genannte Lakonie, man weiß es, ist die sicherste Art der Bedeutungserschleichung, nämlich durch Ungesagtes, Ausgespartes. Sie kann leicht zur Manier werden, wenn man über die lakonische Geste hinaus nichts mitzuteilen hat. Nennen wir es das „Sommerhaus, später“-Syndrom, ohne einer anderen Autorin damit zu nahe treten zu wollen.
  Auch bei Zoë Jenny gibt es Sommerhäuser, in denen, wie das in Sommerhäusern üblicherweise wohl geschieht, Familien zerbrechen. „Was sich damals im Sommerhaus der Familie Schmitz ereignete, war für uns alle unbegreiflich, und eigentlich konnte es sich am Ende niemand erklären, dass innerhalb von wenigen Tagen die Familie zerstört war und die Mitglieder sich so fremd wurden, als hätten sie nie etwas miteinander zu tun gehabt.“ So fängt „Sophies Sommer“ an, und wenn dann erzählt wird, wer und was die Familie Schmitz so gründlich zerrüttet hat, löst sich der anfängliche Klischeeverdacht rasch auf. Die „stille Grundtrauer“, um Jennys Landsmann Gottfried Keller zu zitieren, dieser Erzählungen ist keine Pose. Wie immer man Zoë Jennys frühere Arbeiten bewertet – diese kleinen Erzählungen geben eine eigene Stimme zu erkennen: Sie ist leise, melancholisch und weltklug.
  Die Erzählungen bewegen sich um die halbe Welt, ein wenig auch auf den Lebenswegen der Autorin, New York, Shanghai, dann wieder Basel, und fast immer geht es darin um Familien, natürliche und gewählte, und um die eine oder andere Form von Beziehungsschmerz.
  Am eindringlichsten werden die Qualitäten dieses Buches vielleicht in der letzten Geschichte, „Ballade vom Rhein“. Sie ist Jürg Federspiel gewidmet, einem Basler Freund und Autor, der sich 2007 das Leben nahm. Sein Leichnam wurde an einem Stauwehr bei Weil am Rhein gefunden. Wie Jenny hatte er eine Weile in New York gelebt, zuletzt war er schwer an Parkinson erkrankt, er hatte nicht mehr schreiben können und sich von seinen Freunden zurückgezogen – oder sie sich von ihm? „Dass du unbedingt gerade in diesem Fluss ertrinken musstest!“, ruft ihm Jenny nach. „Warum konntest du dich nicht in New York vor die U-Bahn werfen? Eine Zumutung, Du und Mr. Parkinson! Ich kann mir genau vorstellen, wie Du mit ihm einen Pakt geschlossen hast.“
  Zoë Jennys Erzählungen haben, in ihrer Knappheit und Dichte, etwas Berührendes. Es wäre schön, wenn ihr literarisches Comeback auch nur halb so viel Beachtung fände wie damals ihr Debüt.
CHRISTOPH BARTMAN N
    
Zoe Jenny: Spätestens morgen. Erzählungen. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2013. 124 Seiten, 17,90 Euro, E-Book 12,99 Euro.
Leise, melancholisch und weltklug
spricht diese Erzählstimme
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Weitgehend dunkel und grundiert vom Tod scheinen Judith von Sternburg die kurzen Texte in diesem Erzählungsband von Zoë Jenny. Dass es der Autorin gelingt, die Abweichung, ob räumlich oder sprachlich, das scheinbar unwichtige, überflüssige Detail am Ende doch immer wieder als erzählstrategisch sinnvoll und bedeutsam erscheinen zu lassen, findet Sternburg bemerkenswert. Die Darstellung von Abhängigkeiten und Machtgefällen innerhalb von Familienbeziehungen kann Jenny so für die Rezensentin beispielsweise oft besonders gut und scharf herausarbeiten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2014

Verlorener Duft

Eine Mutter, die ihrer Tochter einen ins elterliche Sommerhaus mitgebrachten Freund abspenstig macht. Ein Sohn, der hilflos gegen den nächtlichen Selbstmordversuch seines Vaters im Meer ankämpft. Eine alles wachsam kontrollierende Pensionswirtin, die von zwei jugendlichen Gästen jäh erschlagen wird. An Unerhörtem mangelt es dem Dutzend Kurzgeschichten von Zoë Jenny zwar nicht, die Berücksichtigung dieses alten Kunstgriffs macht daraus aber noch keine funktionstüchtigen "Erzählungen". Da helfen auch die handverlesenen Schauplätze in London, Valencia, New York, Schanghai oder Tokio wenig. Zu schlicht und arglos wird hier erzählt, obgleich Hoffnungslosigkeit, Abschied und Tod thematisch vorherrschen. Oder soll gerade die lakonische Andeutung fast romantauglicher Ideen einen eigenen Skizzenstil markieren? Minimalismus wäre ein starkes Prinzip, gut angewendet etwa im traurigen Blitzlicht von einem Sohn, der seiner Mutter zu Weihnachten die Jahresration Parfum ins Altersheim bringt. Kitsch würde diesem Gebot zur Kürze jedoch widersprechen. Als etwa ein junger japanischer Saxophonspieler seine Übersiedlung nach L. A. nicht antritt und sich lieber ins Badezimmer seiner Wohngemeinschaft einschließt, heißt es: "Als das Parfum, das die Mädchen hinterlassen hatten, schon längst durch das geöffnete Fenster entwichen war, schickte er dem verlorenen Duft seine Klänge nach, in den Lärm der Stadt hinein." Ein kindlicher Ton, der einst aus Zoë Jennys "Blütenstaubzimmer" in die literarische Welt drang, ist auch nach zwei Jahrzehnten nicht völlig verflogen. (Zoë Jenny: "Spätestens morgen". Erzählungen. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a. M. 2013, geb., 126 S., 17,90 [Euro].)

kos

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