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Von Sophie von La Roche (1730 - 1807), der Autorin zahlreicher Romane, Erzählungen, Reiseerinnerungen und anderer Prosa, blieb bislang einzig "Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim" in Erinnerung. Das vorliegende, von der Literaturwissenschaftlerin Helga Meise zusammengestellte Lesebuch versammelt Texte aus dem Oeuvre von La Roches, die einen querschnittartigen Einblick in das literarische Schaffen der Autorin liefern - darunter auch auszugsweise Briefwechsel zwischen von La Roche und ihrem kurzzeitigen Verlobten und langjährigen Freund Christoph Martin Wieland.

Produktbeschreibung
Von Sophie von La Roche (1730 - 1807), der Autorin zahlreicher Romane, Erzählungen, Reiseerinnerungen und anderer Prosa, blieb bislang einzig "Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim" in Erinnerung. Das vorliegende, von der Literaturwissenschaftlerin Helga Meise zusammengestellte Lesebuch versammelt Texte aus dem Oeuvre von La Roches, die einen querschnittartigen Einblick in das literarische Schaffen der Autorin liefern - darunter auch auszugsweise Briefwechsel zwischen von La Roche und ihrem kurzzeitigen Verlobten und langjährigen Freund Christoph Martin Wieland.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2005

Was ist Politik, und dient sie auch für uns Frauenzimmer?
Kälte, Eis und tugendhafte Intrigen: Ein Lesebuch zum Werk der empfindsamen Autorin Sophie von La Roche
Das erste Wort in diesem Lesebuch zu Sophie von La Roche gehört dem Mann: Christoph Martin Wieland, Autor der „Betrachtungen über die Dichtkunst überhaupt” erklärt seiner kurzzeitigen Verlobten, dass das „schöne Geschlecht” sich in besonderem Maß durch „Natürliche Geschicklichkeit”, „Zärtlichkeit des Herzens und der Empfindungen” sowie „Geschmack” auszeichne. Dies, so erfährt man weiter, ändert jedoch nichts daran, dass die „Entwicklung und Aufklärung” dieser Fähigkeiten vom „starken Geschlecht” übernommen wird.
La Roche, eine der erfolgreichsten Autorinnen des 18. Jahrhunderts, wird von ihren Kollegen zur Sprache gebracht und auf den Buchmarkt geschubst. Vor allem Wieland hat sie belehrt, ihr Worte verboten oder in den Mund gelegt, ihre Syntax getrimmt und ihre Wendungen gebügelt, bis sie jene Form der Korrektheit hatten, die zu unterschreiten auch den empfindsamen Frauen der Aufklärung nicht erlaubt war - „eine gewisse Nachlässigkeit” gehört zur „natürlichen und unnachahmlichen Grazie”, aber diese Natürlichkeit will gelernt sein.
Dieses Training führte zum Bestseller „Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim”, dessen Heldin „mit ausgespannten Armen im Kopf” von Sophie von La Roche umging: La Roche hatte den Roman - so zumindest die Prätention - nur zu ihrer eigenen Unterhaltung begonnen. Als Leser dachte sie an Wieland, als Leserin vielleicht auch an ihre Tochter. Der Freund aber wollte mehr. Er gab die Handschrift ohne Wissen der Autorin in den Druck, um damit die große Gemeinschaft der empfindsamen Seelen zu beglücken, denen er jenes Muster an gefühlvoller Weisheit nicht vorenthalten wollte. Seine „Verräterei” galt „allen tugendhaften Müttern, allen liebenswürdigen jungen Töchtern unsrer Nation”.
Nur um des allgemeinen Wohls willen folgte Wieland dem „Gedanken”, La Roche „in eine Schriftstellerin zu verwandeln” und die Leserinnen mit einem Buch voller Intrigen, Verführungen und Entführungen zu versorgen. Denn Tugend hin, Weisheit her: Wie La Roche sich bei Wieland wundert, das ihm gerade die „rotmachenden Züge” seiner Werke so außerordentlich gut gelungen sind, bemerkt sie bei sich ein bedenkliches Faible für den „Charakter meines Bösewichts” und fragt besorgt: „Woher kommt aber, daß eben . . . diese Briefe . . . die lebhaftesten sind und stärkere Eindrücke als die übrigen machen?”
Gegen die hirnlosen Weiber
Das Verdienst des Lesebuchs besteht in der Erinnerung an die Werke und Schriften, die Sophie von La Roche außer ihrem Sternheim-Roman hinterlassen hat, etwa an die Reisetagebücher und Erzählungen, an den großen dreibändigen Roman einer Amerikareisenden(„Erscheinungen am See Oneida”) oder an die Zeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter” - mit diesem kurzlebigen Journal schrieb La Roche gegen das Phänomen der „hirnlosen Weiber” an; sie wollte zudem den „deutschen Männern”die Definitionsmacht darüber streitig machen, was Frauen „nützlich und gefällig” sei; und sie wollte Geld verdienen.
So wird dann aus Frauenperspektive Wissen über Mythologie aufbereitet, „etwas über die Kälte und das Eis” zum Besten gegeben oder die Frage beantwortet: „Was ist Politik, und dient sie auch für uns Frauenzimmer?”.
Zu den faszinierendsten Texten gehört „Mein Schreibetisch”. Darin beschreibt La Roche einfach, was sich auf ihrem Arbeitsplatz befindet. In dieser kruden Mischung aus Exzerpten, Beobachtungen und Reflexionen, die leider nur in einem sehr kurzen Auszug präsentiert wird, zeigt die Empfindsamkeit ihre modernen Züge. Denn ihr Interesse für das Nebensächliche, die „Kleinigkeiten” und das Unscheinbare hat die Gefühlskultur des 18. Jahrhunderts Freunden und Lesern gleichermaßen zugemutet. In Briefen, Romanen oder Journalen wurde dieser Aufmerksamkeitstypus ausgebildet und führte bei Sophie von La Roche zu einem fast schon avantgardistischen Schreibexperiment. STEFFEN MARTUS
SOPHIE VON LA ROCHE: Lesebuch. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Helga Meise unter Mitarbeit von Claudia Bamberg und Andreas Jacob. Ulrike Helmer Verlag, Königstein 2005. 311 Seiten, 20 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christoph Martin Wieland wollte mit der Veröffentlichung der Arbeiten seiner Verlobten Sophie von La Roche die "große Gemeinschaft der empfindsamen Seelen beglücken", die "tugendhaften Mütter und liebenswürdigen Töchter der Nation". La Roche selbst hatte mit ihren Arbeiten eher im Sinn, gegen das "Phänomen der 'hirnlosen Weiber'" anzukämpfen, erzählt Rezensent Steffen Martus. In dem "Lesebuch" zu finden sind nun der bekannte Roman der Schriftstellerin "Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim" sowie Reisetagebücher, Erzählungen und Erinnerungen. "Ein Buch voller Intrigen, Verführungen und Entführungen", findet Martus, aber auch eine Liebeserklärung an das "Nebensächliche", die "Kleinigkeiten" und das "Unscheinbare", das das 18. Jahrhundert zelebriert hat.

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