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In der Öffentlichkeit präsentiert sich Markus Lüpertz gern in der Rolle des exzentrischen Malers, der sich nicht scheut, seinen eigenen Geniekult zu betreiben. Wenn man jedoch den Entwicklungswegen seines uvres nachgeht, erhält diese elegante Dandy-Attitüde Ergänzung und Korrektur durch eine anti-bürgerliche Haltung rigoroser künstlerischer Souveränität, weshalb Lüpertz heute zu den bedeutendsten Repräsentanten zeitgenössischer Kunst in Deutschland gehört.Siegfried Gohr untersucht ein Werkpanorama, das seit den ersten Bildern der Jahre 1962/63 und seit den berühmt gewordenen Dithyramben mit…mehr

Produktbeschreibung
In der Öffentlichkeit präsentiert sich Markus Lüpertz gern in der Rolle des exzentrischen Malers, der sich nicht scheut, seinen eigenen Geniekult zu betreiben. Wenn man jedoch den Entwicklungswegen seines uvres nachgeht, erhält diese elegante Dandy-Attitüde Ergänzung und Korrektur durch eine anti-bürgerliche Haltung rigoroser künstlerischer Souveränität, weshalb Lüpertz heute zu den bedeutendsten Repräsentanten zeitgenössischer Kunst in Deutschland gehört.Siegfried Gohr untersucht ein Werkpanorama, das seit den ersten Bildern der Jahre 1962/63 und seit den berühmt gewordenen Dithyramben mit großer Subtilität die Klaviatur der Stilmodi aus Tradition und Moderne zu nutzen verstanden hat. Den Stil- und Motivgenesen folgend, liefert Gohr geradezu ein Modellbeispiel dafür, wie man in intelligenter und doch zugleich spannend nachvollziehbarer Form die Lesbarkeit von Bildern aus ihrer Chronologie und mit ihren vielschichtigen Kontexten betreiben kann. Die bisher häufig unverständlich gebliebenen Mutationen, die Lüpertz in zeitlich auseinander liegenden Bildfindungen an bestimmten Motiven vornimmt, lassen sich auf diese Weise in ihrer jeweils gewandelten Malhaltung nachvollziehen.So erschließt Gohr dem Leser das Stil-Phänomen bei Lüpertz als "Modus einer Wahrnehmung", in der das Künstler-Ich mit der Komplexität der zeittypischen Wirklichkeit kommuniziert, zugleich aber die Distanz der Reflexion einnimmt.Stil als Strategie der Wahrnehmung
Autorenporträt
Siegfried Gohr, geboren 1949, hat in Köln und Tübingen Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie studiert. Zwischen 1983 und 1991 war er Direktor am Museum Ludwig in Köln. Von 1993 bis 2004 war er Professor an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe für Kunstgeschichte und Kunsttheorie, seit 2004 lehrt er Kunstgeschichte an der Kunstakademie in Düsseldorf. Er war Kurator für verschiedene Ausstellungen und veröffentlichte zahlreiche Texte über das Werk Pablo Picassos.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2002

Gut gebrüllt, Malerlöwe !

Siegfried Gohr widmet dem Malerdandy Markus Lüpertz einen Prachtband.

VON GEORG IMDAHL

Die "angemessene Wahrnehmung seines Werks", Siegfried Gohr spricht es gleich eingangs an, sei durch das Erscheinungsbild der Person "eher verdeckt als beflügelt" worden. "Wiederholt" schon wollte es diesem Autor scheinen, daß dies bei Markus Lüpertz "regelmäßig" so sei. Man könnte es auch weniger geschraubt sagen: Um die Wirkung von Markus Lüpertz könnte es besser bestellt sein. Kein Wunder bei einem Künstler, der in aller Öffentlichkeit seine Malerkollegen aus dem 19. Jahrhundert um ihre "eigenen Gleisanschlüsse" beneidet und sich nur schwer mit dem gesellschaftlichen Renommee anfreunden kann, das Rennfahrer und Tennisspieler in der heutigen Freizeitgesellschaft genießen.

In der Tat hat der Düsseldorfer Akademierektor schon immer erfolgreich die Aufmerksamkeit auf die eigene Person gelenkt, nur will sein malerisches Werk durch seine Allüren nicht interessanter werden. Sein öffentliches Auftreten und die Versuche, sich als Meister und Genie zu inszenieren, wiederum als genuinen Teil des Werks verstehen zu wollen ist abwegig. Ebenso wie Gohrs Versuch, das Profil des Düsseldorfer Dandys gegen die Viten von Beuys, Warhol und Picasso abzuheben. Und eine grassierende Unsitte besteht heute darin, aktuelle Künstler kurzerhand zu legitimen Erben Baudelaires und Manets zu erklären und mit dem Signum der "Modernität" zu adeln.

All dies beflügelt ein tieferes Verständnis des malerischen OEuvres Lüpertz' nicht. Und wenn Gohr befürchtet, daß "mehr und mehr" auf die "ernsthafte Rezeption" des Lüpertzschen OEuvres verzichtet würde, so spricht die schier überquellende Literaturliste in seinem opulenten Buch über den Malerlöwen eine ganz andere Sprache. Dessen einzelnen Etappen folgt Gohr jetzt noch einmal mit ausgewählten Werkanalysen, wobei er einem "überholten kunsthistorischen Beschreibungsgestus" entkommen und statt dessen eine "reflektierte Einfühlung" erproben will.

Entstanden ist so einer jener reichbebilderten Prachtbände, von denen man eine kundige Einführung erwarten kann, weniger aber kritische Auseinandersetzung oder auch jene Ekstase und Begeisterung des "Dithyrambos", dem der frühe Lüpertz in seinen ungewöhnlichen Bildtiteln huldigte: dem antiken Gesang zu Ehren des Dionysos. Gemessenheit und Gediegenheit führen hier das Wort. Blättert man sich durch dieses Werk seit den frühen, informellen "Donald Duck"-Bildern von 1964 bis zu jüngsten Landschaften, so erhellt die Monographie eindrücklich, daß es durchaus Momente in diesem Werk gibt, die den ganzen Kult um Genie und Meisterschaft vergessen lassen - in denen man sich allein der Malerei überlassen kann. Das betrifft namentlich das frühere Werk. Unerschrocken greift Lüpertz riskante Gegenstände auf, die er fernab von höherer Moral malerisch auskostet: Stahlhelme und Uniformen, Spaten und Brustpanzer. Mit dem Akkord von Schwarz-Rot-Gold rührt der junge Maler an Tabus und spielt mit den Sujets: Lüpertz hatte die Stahlhelme nach eigenen Worten gemalt, "um aufzufallen, um ins Gespräch zu kommen und Aufmerksamkeit zu erregen". So hat es Armin Zweite in seinem umfangreichen Essay aus dem Jahr 1996 protokolliert, erschienen anläßlich der voluminösen Retrospektive in der Düsseldorfer Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Malerische Verdichtung erlebt Lüpertz' Werk in den Siebzigern, zumal mit den Abstraktionen der "Stil"-Werke, die nachhaltig auf jüngere Künstler wie den Österreicher Kurt Kocherscheidt gewirkt haben dürften. Sie sprühen vor Temperament, sind von inbrünstiger Kraft beseelt und noch unbelastet von den kunsthistorischen Dialogen mit Poussin, Corot, vor allem aber Picasso, dem Lüpertz fortan huldigt. Im Grunde braucht die heutige Malerei auch einmal den Mut zum beherzten Anachronismus. Und auch eine "Malerei über Malerei" kann ihr Impulse verleihen, wie die Positionen von David Reed, Jonathan Lasker oder Peter Halley eindrucksvoll demonstrieren. Worauf sie indessen verzichten kann, ist die Attitüde eines "Dienstes an der Malerei".

Auf den Auktionsmärkten haben zuletzt vor allem Werke aus den siebziger und achtziger Jahren stattliche Preise erzielt. So verkaufte Christie's in New York im vorigen Jahr den dreiteiligen "Zyklop" (1973) für 226 000 Dollar (der damit allerdings unter der Taxe blieb). Auch für Lüpertz' Bronzen, die zuletzt durch eine Kontroverse um eine Skulptur für Augsburg, vor allem aber durch den Einzug der "Philosophin" ins Bundeskanzleramt in den Blickpunkt gerieten, sind beachtliche Preise gezahlt worden: Zwei Arbeiten unter dem Titel "Standbein-Spielbein" von 1982 veräußerten Christie's vor drei Jahren für 203 000 Dollar und Sotheby's bereits 1993 für 203 000 Dollar. Einstiegspreise für Auflagenwerke auf Papier liegen im dreistelligen, für Zeichnungen im unteren vierstelligen Bereich.

Siegfried Gohr, "Markus Lüpertz", DuMont Verlag, Köln, 2002. 320 S., 239 Farb-Abb., geb., 68 Euro.

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