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'Woher wissen wir, dass wir wissen? Wie entsteht das Gefühl für unser Selbst? Welche Rolle spielen Emotionen und Gefühle im Bewusstseinsprozess? In einer klaren, gut verständlichen Sprache beschreibt der weltweit berühmte Neurologe Antonio Damasio, warum wir fühlen, was wir sind. Zahlreiche Fallbeispiele aus seinem Patientenkreis veranschaulichen dabei, welch kuriose und schreckliche Folgen Schädigungen des Gehirns für unser Selbstverständnis haben können. Eine spannende Reise in die Tiefe unseres Bewusstseins.

Produktbeschreibung
'Woher wissen wir, dass wir wissen? Wie entsteht das Gefühl für unser Selbst? Welche Rolle spielen Emotionen und Gefühle im Bewusstseinsprozess? In einer klaren, gut verständlichen Sprache beschreibt der weltweit berühmte Neurologe Antonio Damasio, warum wir fühlen, was wir sind. Zahlreiche Fallbeispiele aus seinem Patientenkreis veranschaulichen dabei, welch kuriose und schreckliche Folgen Schädigungen des Gehirns für unser Selbstverständnis haben können. Eine spannende Reise in die Tiefe unseres Bewusstseins.
Autorenporträt
Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creativity Institute. Für seine Arbeit wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt erhielt er den renommierten Honda-Preis und die Corine. Damasio ist Fellow der American Academy of Arts and Sciences sowie Mitglied der National Academy of Sciences.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2000

Du bist die Musik, solange die Musik spielt
Antonio Damasio hat ein neues faszinierendes Buch über das Bewusstsein geschrieben
Vor vier Jahren stellte sich der amerikanische Neurologe Damasio mit Descartes’ Irrtum dem deutschen Publikum vor. Darin stellte er des Philosophen Annahme, Körper und Geist seien zwei gänzlich verschiedene Substanzen, seine Theorie der somatischen Marker entgegen: Emotionen, verstanden als körperliche Reaktionen, gefährden nicht etwa die rationale Tätigkeit unseres Verstandes, sie ermöglichen sie. Menschen, die durch Unfälle oder Erkrankungen keine Emotionen mehr verspüren können, treffen nicht etwa besonders rationale, sondern völlig unangemessene Entscheidungen. Das Buch war ein Renner, es wurde in 17 Sprachen übersetzt.
Jetzt ist Damasios neues Werk erschienen: Ich fühle, also bin ich, abermals schön übersetzt von Hainer Kober, der nicht nur wegen der komplizierten Materie, sondern auch auf grund von Damasios bisweilen geradezu poetischen Stil keine leichte Aufgabe hatte. Das Buch liefert eine der besten Bewusstseinstheorien, die derzeit auf dem Markt sind. Man wird es mehrfach lesen müssen, denn es enthält eine tour de force durch Damasios neurologische Forschungen, durch Neuroanatomie und -physiologie, und lässt es an philosophischen Reflexionen nicht fehlen. Der Selbstsinn, so die zentrale These, der dem „Film” in unserem Kopf sein Zentrum gibt und uns unsere Körperteile, Gedanken, Handlungen als die eigenen erleben lässt, entsteht aus evolutionär uralten Mechanismen der Regulation von Körperprozessen.
Aufgelockert wird das Ganze durch sensible Beschreibungen der teils kuriosen, teils schrecklichen Schicksale von Damasios Patienten, deren Leben durch eine krankheits- oder unfallbedingte Schädigung von Teilen des Gehirns aus den Fugen geraten ist. Ihre kognitiven und emotionalen Leistungen und Defizite lassen Schlüsse auf die Organisation und Funktionsweise des Gehirns zu.
Das Problem des Selbst sei ihm bei dem Versuch, die Emotionen zu verstehen, als „Forschungshindernis” begegnet, berichtet Damasio. Denn auch wenn man weiß, wie Emotionen im Körper ausgelöst werden, bleibt immer noch die Frage offen, wie es kommt, dass Menschen diese Emotionen als die eigenen erleben. Ein Forschungshindernis ist das Selbst nicht zuletzt deshalb, weil Begriffe wie Bewusstsein und Selbstbewusstsein undifferenziert verwendet werden – sie umfassen bisweilen Geist, Seele und Gewissen, Liebe, Altruismus, Poesie und Wissenschaften gleichermaßen.
Damasio zeigt dagegen, dass man das Bewusstsein und die Phänomene, die es hervorzubringen gestattet, unterscheiden und das Bewusstsein selbst nicht als monolithischen Block betrachten muss. Er zeichnet eine Art Spirale, die sich im Lauf der Evolution nach oben windet und an deren unterem Ende ein wacher, aufmerksamer Organismus ohne Bewusstsein, an deren – vorläufig – oberem Ende Gewissen, Poesie, Wissenschaften etc. angeordnet sind. Schon diese Einteilung ist eine Provokation, wird doch das Selbstbewusstsein meist als höchstes Element der Evolution gefeiert, als das, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Irrtum, meint Damasio, Bewusstsein ist ein biologisches Phänomen unter anderen, „ein großartiger Passierschein in die Zivilisation, aber nicht diese selbst”.
Ein Hafen der Stabilität
Zuunterst ist das unbewusst bleibende Protoselbst angesiedelt, eine Art Modell des Körpers im Gehirn. Es bildet den „Hafen der Stabilität in dem Meer der Veränderung, das die Welt unserer Gehirne darstellt”, denn das innere Milieu des Körpers, der Blutzuckerspiegel etwa und die Konzentration von Salzen in den Zellen, muss stabil bleiben, damit der Körper überleben kann.
Das Kernbewusstsein, auf der nächsthöheren Stufe, ist ein pulsierendes Phänomen, das für jedes Objekt neu generiert wird. Nur weil ständig vorhandene oder erinnerte Objekte wahrgenommen werden, entsteht der Eindruck einer beständigen Körperempfindung, das Kernselbst. Für Kernbewusstsein und Kernselbst ist weder Sprache noch Langzeitgedächtnis erforderlich. Das autobiografische Selbst entsteht dagegen erst, wenn ein Organismus in der Lage ist, Wissen über die eigene Biografie, den eigenen Namen, den der Eltern, über Geburtsort, Erlebnisse und Pläne präsent zu halten.
Das autobiografische Selbst und das erweiterte Bewusstsein können ausfallen, ohne das Kernbewusstsein mitzureißen. Im Bewusstsein der Betroffenen gibt es dann nur das Hier und Jetzt. Pläne und Lebensgeschichte sind verschwunden, die Patienten fragen ständig, wo sie sind und was sie tun sollen. Fällt dagegen das Kernbewusstsein aus, ist es auch um das erweiterte Bewusstsein geschehen. Menschen ohne Kernbewusstsein sind wach und können ihre Aufmerksamkeit für kurze Zeit auf auffällige Dinge in ihrer Umgebung richten, doch sie können nicht planvoll handeln, sie sind, wie Damasio schreibt, abwesend, ohne fort zu sein.
Wie kommt es nun zum Selbstsinn? Die Helden von Damasios Theorie sind der Körper und das Objekt, das ihn affiziert. Ein Objekt kann alles mögliche sein, ein Mensch, ein Ort, eine Melodie, ein Zahnschmerz oder auch eine Erinnerung. Während der Körper damit beschäftigt ist, eine Beziehung zu einem Objekt herzustellen, es wahrzunehmen, verändert er sich. Er generiert neuronale Repräsentationen des wahrgenommenen Objekts und seiner Veränderungen. Wenn es ihm nun gelingt, diese Repräsentationen erster Ordnung erneut abzubilden, erzählt er sich eine wortlose Geschichte über seine Interaktion mit dem Objekt. Und weil die neuronalen Karten im Gehirn, die diese Repräsentationen leisten, aus Körpersignalen entstehen, haben sie die Form eines Gefühls. Es entsteht ein Selbstsinn, der sich beständig stumm und diskret im Hintergrund hält, solange der Mensch wach ist.
Emotionen, die zu verstehen Damasio ausgezogen war, sind ebenso Objekte, „innere Objekte”, mit denen der Körper interagiert, wie Dinge in der Welt. Sie liefern unter Umständen einen Anhaltspunkt, warum sich Bewusstsein überhaupt entwickelt hat: Es könnte sich als nützlich erwiesen haben, wenn Organismen von ihren Emotionen wissen, um Reaktionen zu planen. Einmal „erfunden” konnte das Bewusstsein dann auch auf andere Informationsverarbeitungsprozesse ausgedehnt werden.
Damit hat Damasio auch den in Bewusstseinstheorien berüchtigten Homunkulus aus seiner Loge verbannt – den kleinen Mann im Gehirn, der sich den Film des Bewusstseins vorführen lässt, seinerseits einen weiteren Homunkulus im Kopf und so weiter ad infinitum. Damasio braucht keinen Homunkulus, weil die wortlosen Geschichten, die der Organismus sich über seine Veränderungen erzählt, das Selbst erst erschaffen: „You are the music while the music lasts. ” Das Selbst, so Damasio, ist eine Antwort auf eine nie gestellte Frage: Wer handelt? Und erst im Rückblick, aus der Perspektive des autobiografischen Bewusstseins, kommt es uns vor, als müsse die Frage zuvor gestellt worden sein.
Die Grundlage dieser Antworten ist der Körper, ihre Form ist das Gefühl. Damasio hat das auf seine unnachahmlich lakonische Weise formuliert: „Das Bewusstsein fühlt sich an wie ein Gefühl, und wenn es sich anfühlt wie ein Gefühl, dann ist es vielleicht auch ein Gefühl. ”
MANUELA LENZEN
ANTONIO DAMASIO: Ich fühle, also bin ich. Die Entschlüsselung des Bewusstseins. Deutsch von Hainer Kober. List Verlag, München 2000. 456 S. , 48 Mark.
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