David Mohr, Mitte dreißig, ist im Begriff, als Jurist Karriere zu machen. Schuldig oder nicht schuldig, das ist für ihn im Fall Emilie T. bald nicht mehr die Frage, denn er ist sich sicher: Emilie ist mitverantwortlich für den Tod von vielleicht sechzig oder siebzig sterbenskranken Menschen. Die Krankenschwester hat aktive Sterbehilfe geleistet, doch gibt es weder Zeugen noch Beweise. Und Emilie schweigt. David, ihr Pflichtverteidiger, leitet aus diesem Schweigen seine Strategie ab, lässt den Prozess buchstäblich in die Leere laufen, entlarvt jede Geschichte, die sich an Indizien entwickelt, als bloße Spekulation.
Markus Bundi inszeniert diesen Prozess einerseits als Wechselspiel von Verfahren und medialer Zubereitung (wofür es inzwischen viele reale Vorbilder gibt); andererseits zeichnet er den Pflichtverteidiger als eine Figur der heutigen Gesellschaft, effizient und erfolgsorientiert, aber noch nicht ganz unempfindlich. David bekommt Zweifel an den Mechanismen der Rechtsprechung und er zweifelt je länger, je mehr an sich selbst: Sein leichtfertiger Umgang mit Substanzen, die die Leistungsfähigkeit des Gehirns steigern (wofür es ebenfalls Vorbilder gibt; Stichwort: Ritalin, Modafinil) kostete ihn seine letzte Beziehung, auch wenn er das so zunächst nicht einsehen will. Im Verlauf des Prozesses wird David klar, dass Sterbehilfe nicht nur ein juristisches Thema ist und dass sein eigenes Leben - und jenes mit Margarethe - womöglich noch gar nicht begonnen hat.
Markus Bundi inszeniert diesen Prozess einerseits als Wechselspiel von Verfahren und medialer Zubereitung (wofür es inzwischen viele reale Vorbilder gibt); andererseits zeichnet er den Pflichtverteidiger als eine Figur der heutigen Gesellschaft, effizient und erfolgsorientiert, aber noch nicht ganz unempfindlich. David bekommt Zweifel an den Mechanismen der Rechtsprechung und er zweifelt je länger, je mehr an sich selbst: Sein leichtfertiger Umgang mit Substanzen, die die Leistungsfähigkeit des Gehirns steigern (wofür es ebenfalls Vorbilder gibt; Stichwort: Ritalin, Modafinil) kostete ihn seine letzte Beziehung, auch wenn er das so zunächst nicht einsehen will. Im Verlauf des Prozesses wird David klar, dass Sterbehilfe nicht nur ein juristisches Thema ist und dass sein eigenes Leben - und jenes mit Margarethe - womöglich noch gar nicht begonnen hat.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Für Beatrice Eichmann-Leutenegger liegt die Stärke dieser Novelle über eine des mehrfachen Mordes verdächtigte Krankenschwester und ihren Verteidiger in der Spannung zwischen Schweigen und Sprechen, den Leerstellen der von Markus Bundi konzentriert dargestellen Fallgeschichte sozusagen. So sparsam die Rezensentin die vom Autor aufgewendeten Mittel findet, so adäquat erscheinen sie ihr auch. Zielstrebigkeit und eine Offenheit, die sie beunruhigt, prägen den Text und machen ihn für Eichmann-Leutenegger zu einer Parabel auf die Unwägbarkeiten menschlicher Existenz, die sie gleich noch einmal zu lesen versucht ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Was andere Autoren auf einer ganzen Seite nicht erzählen, erzählt Markus Bundi in einem einzigen Satz."
Matthias Politycki
Matthias Politycki