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  • Buch

Dreimal wird Samira Bellil von einer Gruppe junger Männer vergewaltigt. Dies ist ihre Geschichte.
Beim ersten Mal ist sie gerade 13 Jahre alt. Aus Scham hüllt sie sich in Schweigen. Nun, Jahre später, bricht sie das Tabu und erzählt eine unglaubliche Geschichte von Gewalt und ihren Folgen.
Schockierend, aufrüttelnd und von erschreckender Aktualität - dieser Bericht geht unter die Haut. Samira Bellil wächst auf in der gewaltbeherrschten Atmosphäre der Vorstädte von Paris, in denen Vergewaltigung fast zum Alltag gehört. In ihrem muslimischen Elternhaus findet sie weder Trost noch Hilfe,
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Produktbeschreibung
Dreimal wird Samira Bellil von einer Gruppe junger Männer vergewaltigt. Dies ist ihre Geschichte.

Beim ersten Mal ist sie gerade 13 Jahre alt. Aus Scham hüllt sie sich in Schweigen. Nun, Jahre später, bricht sie das Tabu und erzählt eine unglaubliche Geschichte von Gewalt und ihren Folgen.

Schockierend, aufrüttelnd und von erschreckender Aktualität - dieser Bericht geht unter die Haut. Samira Bellil wächst auf in der gewaltbeherrschten Atmosphäre der Vorstädte von Paris, in denen Vergewaltigung fast zum Alltag gehört. In ihrem muslimischen Elternhaus findet sie weder Trost noch Hilfe, der Vater hat für seine Tochter nur Schreie, Schläge und schließlich den Rauswurf übrig. Die Gewalt, die sie erfährt, gibt sie weiter und sie richtet sie gegen sich selbst. Erst durch das Schreiben gelingt es ihr, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Bellils distanzierte Schreibweise lässt die tiefe Demütigung umso deutlicher werden. Gleichzeitig aber ist ihr Buch auch eine Anklage an die Täter - und an die Gesellschaft, die die Täter deckt und die Opfer nicht ernst nimmt.
Autorenporträt
Gaby Wurster, geboren 1958, ist Autorin und freie Übersetzerin aus dem Englischen, Französischen, Griechischen und Italienischen. Sie lebt in Tübingen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2003

In den Ghettos von Paris
Eine junge Araberin erzählt vom Terror in der Vorstadt
Eine Anklage sei das Buch, so steht es im Klappentext, ein Protest gegen eine Machogesellschaft, die Vergewaltigung immer noch als Kavaliersdelikt behandelt. In Frankreich, so scheint es, ist das Buch auch so verstanden worden: Es erhitzte die Gemüter, erzielte hohe Verkaufszahlen; die gut aussehende Autorin wurde als Star durch die Talkshows gereicht. Ihr Motiv sei, so schreibt die Autorin, „eine Spur meiner unglaublichen Geschichte (zu) hinterlassen, damit andere Mädchen etwas davon haben”. Aber das Buch hält nicht, was es verspricht.
Samira Bellil, 1973 in Algier geboren, wächst in der Pariser Banlieue zwischen Hochhäusern und Betonspielplätzen auf, wird mit gerade mal vierzehn zum ersten Mal von einer Gruppe junger Männer vergewaltigt, dann noch zwei Mal. Die muslimischen Eltern bieten keinen Schutz: Prügel vom hilflosen Vater, die Mutter verständnislos. Es folgen Kleindiebstähle, Schulabbruch, Ausreißen aus dem Erziehungsheim, Herumwohnen bei Freunden, Herumlungern mit Kumpels, Herumstreunen auf der Straße.
Allein unterwegs
Aus der Langeweile und Trostlosigkeit ihres Alltags flüchten die Jugendlichen in Gewalt und Aggression, auch geklaute Markenklamotten und Joints erhellen kurzfristig die trübe Stimmung. Jahre später gelingt es Samira, die Szene zu verlassen. Sie erkennt, dass ihr das Schreiben hilft. Nach einigen Umwegen macht sie eine Ausbildung zur sozialpädagogischen Betreuerin für Kinder und Jugendliche. Sie engagiert sich gegen sexuellen Missbrauch von Mädchen und Frauen, kümmert sich um die Ghettokids. Schließlich kennt sie deren Probleme.
Das Leben in den Vorstädten unter ausländischen Einwanderern ist voller Brutalität. Die Familienstrukturen haben sich aufgelöst, die Kinder, sich selbst überlassen, müssen sich zurechtfinden in einer Welt, in der sie unwillkommen sind. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen ist arbeitslos. Sie rotten sich zusammen, nur so fühlen sie sich stark. Gewalt, Ignoranz und Langeweile, verblassende Erinnerungen an die alten Traditionen der Heimat – das alles vermischt sich zu einer Befindlichkeit von dumpfer Explosivität. Vor allem der liberale Umgang mit Sexualität führt immer wieder zu verhängnisvollen Missverständnissen. Vergewaltigungen sind gang und gäbe, die Frauen können sich nicht wehren, nehmen ihre Rechte nicht in Anspruch – sie kennen sie gar nicht.
Die Problematik ist auch aus anderen Büchern über das maghrebinische Ghetto in Paris durchaus bekannt. Aber hier geht es nicht wirklich um die vielen, ihren gewalttätigen Männern ausgelieferten Frauen, sondern einzig und allein um Samira Bellil. Sie ist jung, schön, von exotisch orientalischem Reiz, mal „Bettlerin um Liebe”, mal „verwundetes Tier” oder „gehetztes Wild”, mal „Kellermädchen, Strahlemädchen, Epileptikermädchen, immer Straßenmädchen”. Ihr Schicksal ist gewiss traurig, aber immerhin hat sie es geschafft, ihre Erlebnisse aufzuschreiben und, wie sie immer wieder betont, „der Hölle zu entrinnen”.
Ihre Ankündigung: „Ich will kein Mitleid erregen – ich will Bewusstsein schaffen!”, löst Bellil auf keiner einzigen Seite ein. Der Grund dafür ist die mangelnde Distanz zum Milieu und eine Sprache, die Authentizität nur suggeriert, aber in ihrer szenigen Verschwommenheit nichts wirklich exakt beschreibt, geschweige denn erklärt. Das wird besonders deutlich, wenn sie immer wieder auf ihre eigene Opferrolle zu sprechen kommt. Der Text driftet zu oft ab in pubertären Bravo-Kitsch, bedient allenfalls unseren Voyeurismus. Ein Brutalo-Bauerntheater: gefühlsduselig, grobschlächtig, spekulativ. Am Ende ist vielleicht unsere Sensationslust befriedigt, aber das ist auch schon alles. Schade, wir hätten gern Genaueres über die Frauen in der Banlieue erfahren.
FRANZISKA SPERR
SAMIRA BELLIL: Durch die Hölle der Gewalt. Pendo Verlag, Zürich 2003. 281 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gar nicht freundlich geht Franziska Speer mit diesem Buch um. Zu oft drifte der Text in "pubertären Bravo-Kitsch" und "Brutalo-Bauerntheater" ab, "gefühlsduselig, grobschlächtig, spekulativ" sei das alles. Vor allem aber findet sie, dass das Buch "nicht hält, was es verspricht". Die Rezensentin hätte tatsächlich "gern Genaueres" erfahren über "Langeweile und Trostlosigkeit" in den französischen Vorstädten, aus denen die dort lebenden ausländischen Jugendlichen dann in "Gewalt und Aggression" flüchten sowie vor allem über die Lage der "Frauen in der Banlieue" - über die Zustände also, die hier eigentlich angeklagt werden sollten. Doch während man das Buch in Frankreich offenbar auch so verstanden habe, wie es angekündigt wurde, es also, wie Speer schreibt, "die Gemüter erhitzt" sowie "hohe Verkaufszahlen" erreicht habe und "die gut aussehende Autorin" außerdem "als Star durch die Talkshows gereicht" worden sei, findet Speer, dass es in diesem Buch "einzig und allein um Samira Bellil" gehe. Und auch ihre Ankündigung: "Ich will kein Mitleid erregen - ich will Bewusstsein schaffen!" löse die Autorin - die, wie man erfährt, selbst in der Pariser Banlieue aufgewachsen ist und dort mit vierzehn zum ersten Mal von einer Gruppe junger Männer vergewaltigt wurde -- "auf keiner einzigen Seite ein". Dafür mangele es dem Buch zu sehr an "Distanz zum Milieu". Erklärt wird hier gar nichts, schimpft Speer, "allenfalls unser Voyeurismus" bedient.

© Perlentaucher Medien GmbH
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