Produktdetails
  • Bastei Lübbe Taschenbücher
  • Verlag: Bastei Lübbe
  • Gewicht: 268g
  • ISBN-13: 9783404137411
  • ISBN-10: 3404137418
  • Artikelnr.: 24071673
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.1997

1829
Honoré de Balzac "Die Chouans"

Balzac war in seinen pseudonymen Anfängen beklagenswert erfolglos, mit Recht, möchten wir sagen, aber wir wissen, wie gut sich schlimmeres Zeugs von andern oft verkauft hat; da Balzac aber reich werden wollte wie eben diese andern, wechselte er nicht ganz das Genre, aber die Funktion, und wurde Unternehmer, er druckte Bücher; auch damit waren andre reich geworden, er aber war nach kurzer Zeit völlig pleite, und im Grunde auf Lebenszeit verschuldet. Beim Bücherschreiben hatte er wenigstens nicht bankrottiert, und wer weiß, wird er sich gesagt haben, vielleicht war er ja auch doch dafür eher geboren als fürs Drucken, jedenfalls schnitt er wieder Federn und schnitt sich Papier, kochte Kaffee für die Nacht, putzte die Lampe und schrieb; und jetzt ernsthaft und nach vorangegangenen Studien, historischen Studien, denn er wollte jenen Markt erobern, auf dem, wie das Beispiel des marktbeherrschenden Scott zeigte, mächtig Geld zu holen war, auch Ruhm natürlich (Ruhm: schöner Lockvogel des Geldes; Prosper Mérimée war auf eben demselben Weg und brachte jetzt die glänzende "Bartholomäusnacht" heraus) - schrieb also einen großen historischen Roman aus dem revolutionären Frankreich (runde vierzig Jahre zurück: Scotts Rezept), über den Kampf der Königstreuen gegen die aufständischen Bauern in der Bretagne; ein spannendes Buch, voll von dunklen Nächten mit schleichenden Schemen draußen und lüsterbeleuchteten Geheimversammlungen drinnen, und Männer mit großen Seelen und tapferen Herzen kämpfen für die eine und die andre Sache, besonders der eine, der schönste der Königstreuen: auf ihn aber hat Fouché, die polizeigewordne Bosheit der neuen Republik, eine wunderschöne Abenteuerin angesetzt - die kalte Bosheit hat es an sich, daß sie nicht mit der Liebe rechnet, die der Romancier und der Leser aber brauchen - doch leider, wenn sie dann kommt, und sei sie auch, wie es so schön heißt, stark wie der Tod, bezwingen Bosheit und Tod sie: so auch hier; und wie von allem so gewaltig Rührenden, wenn wir weder wissen können noch wollen (wer könnte das aber auch, selbst wenn er wollte, und wer wollte es, wenn er könnte?), ob es Schund ist oder groß, sind wir wunderbar bewegt und würden, sagen wir uns, auch damals schon wie die andern frühen Bewunderer, allen voran die schöne Hanska, gesehn haben, daß hier ein großes Genie sein Feld gefunden hat, egal, ob Verlangen nach Ruhm oder bloß kein Geld die Wegweiser waren. (Honoré de Balzac: "Die Chouans". Aus dem Französischen von Johannes Schaf. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1996. 411 S., br., 16,80 DM.) R.V.

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