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Wem Capri zu mondän und snobistisch wurde, der floh ins gegenüberliegende Fischerdorf Positano. An die Felsen geklebt, hielt der Ort statt Heiterkeit und Idylle tägliche Gefahren bereit. Mit seinen unzähligen Treppen und wuchernden Lehmdächern musste mindestens der Turmbau zu Babel das Vorbild geliefert haben. Und irgendwann hatte hier Odysseus den Sirenen getrotzt.Alma Mahler, Bertolt Brecht, Theodor Däubler, Hugo Ball und Emmy Hennings, Gerhart Hauptmann, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno, Ernst Bloch, Paul Klee, Otto Pankok, Adolf Erbslöh, Anita Rée, Joe Lederer, Kurt…mehr

Produktbeschreibung
Wem Capri zu mondän und snobistisch wurde, der floh ins gegenüberliegende Fischerdorf Positano. An die Felsen geklebt, hielt der Ort statt Heiterkeit und Idylle tägliche Gefahren bereit. Mit seinen unzähligen Treppen und wuchernden Lehmdächern musste mindestens der Turmbau zu Babel das Vorbild geliefert haben. Und irgendwann hatte hier Odysseus den Sirenen getrotzt.Alma Mahler, Bertolt Brecht, Theodor Däubler, Hugo Ball und Emmy Hennings, Gerhart Hauptmann, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno, Ernst Bloch, Paul Klee, Otto Pankok, Adolf Erbslöh, Anita Rée, Joe Lederer, Kurt Weill - sie alle kamen, manche blieben und lebten für Jahre dort. Man hatte ihnen »den Boden unter den Füßen weggezogen«, wie es der Sozialphilosoph Alfred Sohn-Rethel ausdrückte. Da passte dieses so unwirtliche wie anziehende Dörfchen, und so wurde Positano der kongeniale Ort für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Von seiner Strahlkraft verlor das Dörfchen weit über den Zweiten Weltkrieg hinaus nichts bis zu seiner Popularisierung durch Prominente wie Liz Taylor. Gertrude Cepl-Kaufmann und Philipp Cepl, zwei Liebhaber der spröden Schönheit Positanos, erzählen von den Besuchern und Bewohnern, von ihren Hoffnungen und Sehnsüchten, ihren Gründen zu kommen, zu bleiben und wieder zu gehen.
Autorenporträt
Gertrude Cepl-Kaufmann, Literaturwissenschaftlerin, leitet das Institut Moderne im Rheinland an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie kuratierte internationale kulturhistorische Ausstellungen und Symposien. Philipp Cepl ist Rechtsanwalt und Kunstsammler. Er entdeckte die Fülle der Bilder und Quellen zur Künstlerkolonie Positano.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2022

Positanos Avantgarde
Lange vor den Touristen kamen die Künstler
Der Dichter Bert Brecht war nie verlegen um ein böses Bonmot: „Wenn Du die italienische Landschaft kennenlernen willst, dann kaufe Dir eine Ansichtskarte; aber wenn Du die Deutschen kennenlernen willst, dann reise nach Italien!“ Diesen Ratschlag hat er – auf einer Postkarte – seinem Freund und Kollegen Arnolt Bronnen erteilt. Abgeschickt hat Brecht diese Karte im Mai 1924 in Positano.
Der inzwischen durch und durch touristifizierte Ort an der Amalfiküste ist in gewisser Weise tatsächlich eine Erfindung deutscher Künstler. Sie haben ihn für sich entdeckt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, als Alternative zur vorgelagerten Insel Capri, die einer neuen Generation von Schriftstellern und Malern, darunter auch etliche Frauen, nicht mehr opportun erschien.
Philipp Cepl und Gertrude Cepl-Kaufmann stellen das fein verästelt und dennoch pointiert dar in ihrem Band „Der einzig senkrechte Ort der Welt“. Brechts Sentenz verwenden sie als Motto. Grob gesagt hat Positano in seiner Geschichte vier wesentliche Phasen durchlaufen: Der Ort war im Mittelalter wichtiger Teil der Seerepublik Amalfi, danach für Jahrhunderte ein Fischerdorf, dessen Bewohner schließlich so arm waren, dass ein Drittel von ihnen in die USA emigriert ist.
Diesen Leerstand im Ort füllten (häufig mittellose) deutsche Künstlerinnen und Künstler, die ab den 1920er-Jahren eine eigentümliche Gemeinschaft bildeten. Nach dem Zweiten Weltkrieg dann kamen Hollywood-Schauspieler, überhaupt der Jetset und bald auch der Massentourismus – nicht zuletzt aus Deutschland.
Die beiden Autoren des wissenssatten Positano-Buches beleuchten diese emigrantische Gesellschaft, die sich nie als Einheit verstanden und auch kein gemeinsames künstlerisches Programm hatte – und dennoch aus ähnlichen Beweggründen und mit vergleichbaren künstlerischen Fragen beschäftigt für einige Jahre Quartier bezogen hat an dieser spektakulären Küste, in diesem waghalsig den Hang hinauf gebauten Ort.
Zu den Positanesen, wie sie einmal genannt werden, gehörten unter etlichen anderen die Malerin Anita Rée, die Schriftsteller Adolf von Hatzfeld und Joe Lederer, der Philosoph Alfred Sohn-Rethel, die Schauspielerin Else Rüthel, die Keramikkünstler Richard Dölker und Irene Kowalski. Eine lost generation, die in Positano nach dem Krieg eine temporäre mentale Heimat gesucht – und oft auch gefunden hat. Der Ort bot, so die Autoren, Antworten auf die Frage, „wie und wo man einen alternativen Raum gewinnen konnte, der dem von der Apokalypse gezeichneten Europa und Deutschland Rettung zu bieten schien, egal, ob Neues hinzuzugewinnen oder Altes wiederzuentdecken war“.
Letztlich waren es dann prominentere Künstler anderer Nationalitäten, die Positano berühmt gemacht haben: Pablo Picasso, Jean Cocteau, Léonide Massine, Liz Taylor und Richard Burton, John Steinbeck ... Die Verwirklichung alternativer Lebensweisen indessen würgte auch in Positano der europäische Faschismus ab. Eine gerade Linie dieser deutschen Künstlerkolonie in die Gegenwart gibt es nicht. Umso verdienstvoller ist, dass Philipp Cepl und Gertrude Cepl-Kaufmann diese Spurensuche unternommen haben. „Was in dieser Zeit die Kulturgeschichte veränderte, fand im Dunstkreis Positanos statt“, urteilen sie. Das mag vielleicht etwas hochgegriffen sein. Nichtsdestotrotz ist spannend, welche ideengeschichtlichen Fäden damals dort zusammengelaufen sind.
STEFAN FISCHER
Philipp Cepl,
Gertrude Cepl-Kaufmann: Der einzige senkrechte Ort der Welt. Die Künstler-
kolonie Positano.
Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2022.
208 Seiten, 15 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Stefan Fischer begibt sich gerne mit Philipp Cepl und Gertrude Cepl-Kaufmann auf die künstlerischen Spuren von Positano. Denn der mittlerweile vollständig "touristifizierte" Küstenort hat, wie Fischer liest, eine auch deutsch-künstlerische Tradition: Nach dem Ersten Weltkrieg ließen sich zahlreiche Kunstschaffende und Intellektuelle auf der Suche nach einer "mentalen Heimat" in dem damals leeren Fischerdorf nieder, darunter etwa Anita Rée, Alfred Sohn-Rethel, Else Rüthel oder Irene Kowalski - auch wenn es schlussendlich dann doch internationale Größen wie Pablo Picasso, Jean Cocteau oder Liz Taylor waren, die Positano berühmt machten, räumt Fischer ein. Wie das Autorenduo aber "fein verästelt" und doch "pointiert" die Geschichte des Ortes abschreite und zeige, welche "ideengeschichtlichen Fäden" dort damals zusammenliefen, findet der Kritiker dennoch spannend.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.05.2023

Spektakuläre Panoramen

"Jeder kennt die Geschichte vom Hündchen, das friedlich in der Sonne dösend einst beim Ausbruch des Vulkans sekundenschnell von Lavastrom und Ascheregen verhüllt zu Stein erstarrte", wird im Vorwort behauptet. Doch ein solches Hündchen gab es nicht, und Pompeji wurde auch nicht von Lavaströmen verschüttet. Der Hund, vielmehr der Gipsabguss seines als Hohlform erhalten gebliebenen Körpers, starb - weil angekettet - einen langen und grausamen Erstickungstod unter Asche-, Staub- und Lapillischichten. Und ob ein Satz wie: "Positano war, ist und bleibt einer der schönsten Orte am Mittelmeer" am Schluss des Buches mehr ist als subjektive Wahrnehmung, sei dahingestellt. Denn ausgeblendet wird dabei, dass Positano wie das nahe Capri vom Massentourismus komplett durchkommerzialisiert und banalisiert wurde. Vom einstigen Zauber ist - wenn auch bei unverändert schönen, ja spektakulären Panoramen - nichts mehr vorhanden. Trotzdem: Es gelingt dem Autor in zehn Kapiteln die vielfältige Geschichte der Künstlerkolonie Positano in beeindruckender Genauigkeit zu beschreiben. Und es ist ein Verdienst, dass hierbei nicht nur an die bis heute noch bekannteren Namen wie Anita Rée, Max Pfeiffer Watenphul, Stefan Andres, Gilbert Clavel oder Karli Sohn-Rethel erinnert wird. Positano war nicht nur künstlerische Inspiration, verheißendes Sehnsuchtsziel. Für einige der hier lebenden Ausländer wurde Positano auch für lange Jahre zum Exil, ob nun aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen. Denn das Leben in dem ehemaligen Fischernest war auch für den brotlosesten Künstler noch irgendwie erschwinglich. So ist eine Wiederbegegnung mit dem heute vergessenen Maler Kurt Craemer, der selbst ein rasant gutes Buch über seine lange Zeit in Positano geschrieben hat, erfreulich. Und immerhin hatte Patricia Highsmith hier die Eingebung zu dem charmantesten Mörder der Literaturgeschichte: Tom Ripley. Bemerkenswert sind die Exkurse zur Geschichte der Keramikproduktion in Positano und Vietri; interessant zudem die Erläuterungen zu der Positano vorgelagerten Inselgruppe Li Galli, die den Tänzern Léonide Massine und Rudolf Nurejew gehörte. Etwas verspannt hingegen wirkt der durchgehende Versuch, Positano zum zentralen Ort der Vorkriegs-Avantgarde machen zu wollen. uete

"Der einzige senkrechte Ort der Welt - Die Künstlerkolonie Positano" von Gertrude Cepl-Kaufmann und Philipp Cepl. Wagenbach Verlag, Berlin 2022. 208 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 15 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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