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Mit dem Umzug von Bundesregierung und Parlament nach Berlin verlegten die meisten ausländischen Vertretungen ihre Botschaften in das neue politische Zentrum Deutschlands. Das architektonische Spektrum reicht von spektakulären Neubauten bis zu umgenutzten, teils erweiterten und zumeist denkmalgeschützten Altbauten. Umfangreich illustriert, informiert der in Zusammenarbeit mit Studenten der TU Berlin erarbeitete Architekturführer über die Vielfalt der Berliner Botschaften, ergänzt durch fundierte Essays zur Geschichte der Berliner Botschaftsarchitektur seit ihren Anfängen.
Dank der
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Produktbeschreibung
Mit dem Umzug von Bundesregierung und Parlament nach Berlin verlegten die meisten ausländischen Vertretungen ihre Botschaften in das neue politische Zentrum Deutschlands. Das architektonische Spektrum reicht von spektakulären Neubauten bis zu umgenutzten, teils erweiterten und zumeist denkmalgeschützten Altbauten. Umfangreich illustriert, informiert der in Zusammenarbeit mit Studenten der TU Berlin erarbeitete Architekturführer über die Vielfalt der Berliner Botschaften, ergänzt durch fundierte Essays zur Geschichte der Berliner Botschaftsarchitektur seit ihren Anfängen.

Dank der Botschaften hat das Stadtbild zwischen Mitte, Tiergarten und Grunewald herausragende architektonische Akzente erhalten. Äußerst vielfältig ist die Architektur, mit der sich die verschiedenen Länder präsentieren. Auch die beispielhafte Revitalisierung alter Botschaftsgebäude und die Umnutzung traditionsreicher Berliner Baudenkmäler ist gelungen.
Fundierte wissenschaftliche Essays machen die Leser zunächst mit der Geschichte der Botschaftsarchitektur in Berlin seit ihren Anfängen sowie mit der Entwicklung des Diplomatenviertels im "Dritten Reich" vertraut (Hans-Dieter Nägelke, Schinkelzentrum der TU Berlin). Erstmals wird die Botschaftsarchitektur in der DDR (Martin Petsch) und in Bonn ( Angelika Schyma, Rheinisches Amt für Denkmalpflege) ausführlich gewürdigt. Weitere Essays widmen sich der nationalen Selbstdarstellung in der neuen Berliner Botschaftsarchitektur ( Jürgen Tietz) und gewähren Einblick in die Bedeutung und Vielfalt der Botschaftsresidenzen (Kerstin Englert, TU Berlin). Umfangreich illustriert, gibt der von Studierenden der TU Berlin erarbeitete konzise Katalogteil erstmals einen anschaulichen und vollständigen Überblick über die Botschaften in Berlin.

When the German federal government and parliament moved to Berlin, most foreign embassies were also relocated to the new political centre. The architectural spectrum ranges from spectacular new buildings to old, mostly protected buildings which were altered and partly enlarged. This richly illustrated architectural guide, which was compiled together with students of the TU Berlin, informs about the diversity of Berlin embassies and is enhanced by well-founded essays about the history of Berlin embassy architecture from its beginnings.
Autorenporträt
Kerstin Englert, Studium der Kunstgeschichte, Neuere deutsche Literatur und Christliche Archäologie. 1992-94 Volontärin bei den Staatlichen Museen zu Berlin SMPK. Derzeitig Wissenschaftliche Assistentin an der TU Berlin und Architektur-Redakteurin der Zeitschrift "Kunst und Kirche". - Jürgen Tietz, Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Ur- und Frühgeschichte. Arbeitet als Architekturkritiker und -historiker in Berlin für die Neue Zürcher Zeitung, den Tagesspiegel sowie für Architekturfachzeitschriften. 1999 mit dem Journalistenpreis des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

Wir seh'n uns dann beim Stehempfang
Berlins neue Botschaften: Ein architekturhistorischer Wegweiser / Von Dieter Bartetzko

So wie Botschafter in anderen Ländern die Interessen und die Kultur ihres Landes vertreten, so, denkt man, müßten Botschaftsbauten die architektonischen Spezifika ihres Herkunftslandes hervorkehren. Doch die Realität Berlins, jener Stadt, die auch für Botschaften eine Großbaustelle ist, beweist das Gegenteil: Die Invasion der Botschaften erfolgt mittels Neubauten, Umbauten, Wiederindienstnahmen oder Umnutzung. Der Vielfalt dieser Praktiken entspricht die der baulichen Gestalt. Vom aufgefrischten Protzen wilhelminischer Palais bis zur klirrenden Strenge von Flachdachpavillons der Zweiten Moderne reicht das Spektrum, vom funkelnd sanierten Zuckerbäckerstil der russischen Botschaft bis zu den nazistischen Bauten im Tiergartenviertel, bei deren Sanierung viel getan wurde, um die einstige Düsternis aufzuheitern.

Doch wer sich am Tiergarten umschaut, wird auf Bauwerke stoßen, die dem beschriebenen Tatbestand widersprechen. Auf die Japanische Botschaft zum Beispiel, ein Paradebeispiel japonisierender Architektur: Nur Ignoranten kann der Asienbezug zweier Löwenhunde und zweier Vasen aus Stein entgehen, die die Hauptzugänge schmücken. Ebenso plakativ, doch geschmackvoll, kündet das kaiserliche Wappen, eine in Stein gemeißelte Chrysantheme, über der Pfeilerhalle des Hauptbaus vom japanischen Ursprung; desgleichen das vergoldete Gitter des Vestibüls mit traditionellen buddhistischen Wolkenmotiven. Doch auch, was dem Laien als völlig unjapanisch erscheint, die sachlich-monumentalen, mit diskretem Neoklassizismus angereicherten Baukörper nämlich, steht für das Selbstbild Japans: Zwischen 1938 und 1942 erbaut, sind diese mit hellem Muschelkalk verkleideten Kuben typische Vertreter jenes ungestümen Modernismus, den Japan pflegte, nachdem es sich von seiner zweihundertjährigen freiwilligen Isolation gegenüber dem Westen befreit hatte. Modern zu bauen war seit etwa 1900 das Ziel Japans; Bauten wie die Berliner Botschaft fanden sich zuhauf in den japanischen Großstädten.

Doch im Tiergarten zeichneten zwei deutsche Architekten dafür verantwortlich - Ludwig Moshamer und Cäsar Pinnau. Ihre Beauftragung war eine Respektsgeste der Nazi-Diktatur, die das Gelände der vorherigen japanischen Botschaft für andere Zwecke benötigt hatte und seinem Verbündeten Japan nun mit dem neuen Grundstück zugleich den Neubau schenkte. So kam es, daß dieses Ensemble zugleich ein Musterbeispiel der zwischen Neoklassizismus und versteinertem Funktionalismus changierenden NS-Staatsarchitektur wurde, aber auch ein Paradetypus der zurückhaltenden japanischen Moderne war. Nur ein winziges Detail verriet die Unvertrautheit der deutschen Schöpfer mit den asiatischen Traditionen: Die Löwenhunde, uralte apotrophäische Motive, geschaffen von dem deutschen Bildhauer Paul Eschert, haben beide grimmige, aber geschlossene Rachen. Doch um ihrer Funktion als Schützer vor bösen Geistern gerecht zu werden, hätte einer von beiden mit weit aufgerissenem Maul drohen müssen. So war und ist es in Japan seit Jahrhunderten der Brauch.

Mit ihrer irrlichternden Gestalt und ihrer verschlungenen Baugeschichte ist die Japanische Botschaft ein heimlicher Star des Buchs. Das war sie auch schon, als das Diplomatenviertel der Nazis am Tiergarten nach der deutschen Teilung zu einer überwucherten faszinierenden Ruinenlandschaft geworden war, zu einem Vineta, an dessen Wiedererweckung niemand mehr glaubte. Jahrzehntelang besuchten nur Stadtstreicher, Huren und Großstadtromantiker die verfallenen Paläste, von denen der Japans der verwunschenste und schönste schien. Wohl deshalb entschloß man sich 1986, ihn zur 750-Jahrfeier Berlins als "Japanisch-Deutsches Zentrum" wiederaufzubauen. Kisho Kurokawa und Taiji Yamaguchi erhielten den Zuschlag. Sie trugen die Ruine wegen mangelnder Standfestigkeit ab und - was damals als Präzedenzfall des postmodernen Neohistorismus kommentiert wurde - rekonstruierten sie anschließend. Um Vorwürfen mangelnden Geschichtsbewußtsein zu begegnen, gestaltete man das Innere ostentativ modern. Wieder anders gingen 1998 Ryohei Amemiya und Hentrich, Petschnigg & Partner vor, als sie das Ensemble zur Botschaft umrüsteten. Sie fügten einen Kanzleitrakt an, der die Formen des Altbaus wiederholt und orientierten sich, anders als ihre beiden Vorgänger, beim Umbau der Innen- und Repräsentationsräume an der einstigen Ausstattung von 1942; die Furcht, sich damit an der Geschichte zu vergehen, war nun inexistent.

Mit diesen Häutungen bezeugt die Japanische Botschaft, was Jürgen Tietz über das Gros der Botschaften seit 1990 schreibt: "Die meisten Länder nutzten den Berlinumzug, um mit ihren neuen Repräsentanzen ein deutliches Zeichen zu setzen. Sowohl architektonisch als auch in der nationalen Selbstdarstellung. Damit wurde durch die Botschaftsarchitektur erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg in Berlin wieder intensiv über den Aspekt der nationalen Konnotationen in der Architektur nachgedacht." Welch unfreiwillige Komik dabei entstehen kann, erweist die 2001 eingeweihte ägyptische Botschaft, ein von Samir Rabie entworfener monolithischer Kubus, der, halb Kaaba, halb pharaonischer Totentempel, auf seiner hermetischen Fassade aus dunkelrotem poliertem Granit eingefräste, grob stilisierte Lotus- und Papyrusbündel zeigt, die sich aus einem infantil anmutenden Wellenband erheben, das den Nil symbolisieren soll. Der Botschaftenband, in Werturteilen äußerst zurückhaltend, läßt auch hier allenfalls in Formulierungen wie "voluminös organisch geformte Schäfte" Befremden durchblicken. Die Aufgabe der lückenlosen Dokumentation und Präsentation aber, insbesondere in einem Anhang, der sämtliche 126 Botschaften mit Steckbriefen in Wort und Bild vorstellt, ist glänzend erfüllt.

Auch die Vorgeschichte der Botschaftsbauten in Deutschland, die etwa 1830 einsetzt, sowie die langjährige deutsche Sondersituation mit ihrem bizarren Dualismus zweier Staaten, Hauptstädte und damit teilweise auch doppelter Botschaften hüben und drüben, wird in einzelnen Aufsätzen aufgefächert. Halb gerührt, halb ärgerlich sieht man den zwischen 1974 und 1978 von Vera Machinová und Vladimir Machonin errichteten Betonkoloß des damaligen internationalen Brutalismus wieder, mit dem sich seinerzeit die Tschechoslowakei als sozialistische Hochburg der Moderne an der Ostberliner Wilhelmstraße in Szene setzte. Heute, sorgfältig saniert, dient der Bau der Tschechischen Republik. Er erscheint mit seinem plumpen und doch kapriziösen Widerspiel aus spiegelnd bronzierten Fensterbändern und auskragenden Brüstungen in martialischen Betonklammern einerseits als Klassiker und andererseits als Nachlaß des Kalten Kriegs, der an der größtenteils neugestalteten Wilhelmstraße dräut wie ein Mammut unter Gazellen.

Terra incognita dürfte für die meisten Leser das einstige Diplomatenviertel der DDR in Pankow sein. "Typenbotschaften" wurden dort geschaffen, deren normierte Dürftigkeit auf ihre Art der aufgesetzten Diskretion entspricht, mit der, bemüht, das Verfassungswort von der vorläufigen Hauptstadt Gestalt werden zu lassen, in Bonn sich die meisten Botschaften als provisorische Unterkünfte gaben. Die Wende kam, gerade als mit der syrischen Botschaft in Bonn eine neues repräsentatives Botschaftsviertel begonnen werden sollte und mit Christoph Mäcklers Rohbau der neuen "Ständigen Vertretung der Bundesrepublik" in Pankow ein Bauwerk im Entstehen begriffen war, das als augenscheinlicher Balanceakt schräger Baukörper und wagehalsiger Rampen das fragile Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten in Architektur übertragen hätte. Mäcklers leider nie zu Ende geführter Bau wäre das geworden, was Jürgen Tietz als den "Aspekt der nationalen Konnotation in Architektur" umschreibt. Er ist beileibe nicht allgegenwärtig im neuen Botschaftsbau Berlins - der hinreißend schwerelose Monumentalismus beispielsweise jenes Jahrhundertwendebaus am Märkischen Ufer, den Australien bezogen hat, sagt nichts über den Kontinent, doch viel über den Hochstand der Baukunst im Berlin des fin de siecle. Das gilt auch für die Botschaften Chiles, Perus und Liechtensteins, die gemeinsam in einem ähnlich noblen Großbau in der Mohrenstraße residieren, und erst recht für Argentinien und Afghanistan, die in der Dorotheen- und Wilhelmstraße Bauten besitzen, deren von Roland Korn 1973 und 1975 geschaffene Rasterfassaden allenfalls den Reiz der Serie aufweisen.

Doch die besten der neuen Botschaftsbauten sind die besten, weil sie Alt und Neu, Fremdes und Eigenes mit den Mitteln der jeweils nationalen aktuellen Baukultur zu Unverwechselbarem verschmelzen: Das ist so bei Rem Koolhaas' radikal minimalistischem Glaswürfel, der als Niederländische Botschaft über dem Rolandufer schwebt. Oder bei der Schweizerischen Botschaft, deren überkommener Altbau von Diener & Diener mit einem Erweiterungswürfel verbunden und konfrontiert wurde, der umstandslos die "Neue Schweizer Einfachheit" präsentiert. Und das war schon der Fall, als 1949 Unter den Linden die damalige Botschaft der Sowjetunion wuchs. Als Botschaft der Russischen Föderation restauriert, offenbart sie nun erst ihre Synthese aus lokalen Bezügen - Schinkels Berliner Bauten - und Zitaten des russischen Klassizismus. Daß Stalins Baudoktrin hinter diesem Amalgam steht, ist von eher geschichtlichem Interesse.

Kerstin Englert, Jürgen Tietz (Hrsg.): "Botschaften in Berlin". Gebr. Mann Verlag, Berlin 2003. 304 S., 50 Farb- u. 200 S/W-Abb., br., 24,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Der von Kerstin Englert und Jürgen Tietz herausgegebene Band "Botschaften in Berlin" hat Rezensent Dieter Bartetzko außerordentlich gut gefallen. Anhand dieses architekturhistorischen Wegweisers führt Bartetzko den Leser durch halb Berlin, um ihm das breite Spektrum baulicher Gestalt vom "aufgefrischten Protzen wilhelminischer Palais" zur "klirrenden Strenge von Flachdachpavillons der Zweiten Moderne", vom "funkelnd sanierten Zuckerbäckerstil der russischen Botschaft" bis zu den "nazistischen Bauten im Tiergartenviertel" ebenso eingehend wie wortreich vor Augen zu führen. Der Band erfüllt zur Freude Bartetzko seine Aufgabe "glänzend", sämtliche 126 Botschaften in Wort und Bild zu dokumentieren und präsentieren. Doch damit nicht genug. Zudem schildern einzelnen Aufsätzen nach Auskunft Bartetzkos die um 1830 einsetzende Vorgeschichte der Botschaftsbauten in Deutschland sowie die langjährige deutsche Sondersituation zweier Staaten und Hauptstädte und damit teilweise auch doppelter Botschaften.

© Perlentaucher Medien GmbH"