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Ein internationales Konzert der großen aphoristischen Stimmen: Beginnend mit Francesco Guicciardini, Francis Bacon, Balthasar Gracián und La Rochefoucauld bis hin zu Julian Tuwim und Botho Strauß versammelt der Band in chronologischer Ordnung Aphorismen von 55 Schriftstellern aus sechs Jahrhunderten und elf Sprachen. In einem umfangreichen Nachwort definiert der Herausgeber den Begriff des Aphorismus und zeichnet in großen Linien die Entwicklung einer literarischen Gattung nach, die in den kleinsten Formen den größten Schatz an Weltweisheit bereithält.

Produktbeschreibung
Ein internationales Konzert der großen aphoristischen Stimmen: Beginnend mit Francesco Guicciardini, Francis Bacon, Balthasar Gracián und La Rochefoucauld bis hin zu Julian Tuwim und Botho Strauß versammelt der Band in chronologischer Ordnung Aphorismen von 55 Schriftstellern aus sechs Jahrhunderten und elf Sprachen. In einem umfangreichen Nachwort definiert der Herausgeber den Begriff des Aphorismus und zeichnet in großen Linien die Entwicklung einer literarischen Gattung nach, die in den kleinsten Formen den größten Schatz an Weltweisheit bereithält.
Autorenporträt
Friedemann Spicker, geboren 1946, ist Literaturwissenschaftler und freier wissenschaftlicher Schriftsteller; er forscht seit Jahren über Aphoristik und hat mehrere Bücher zu diesem Thema vorgelegt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.07.2000

Denken macht nicht glücklich
Kleine Sätze, große Sprünge: Der Aphorismus rund um die Welt

Aphorismen: "Wir glauben etwas zu begreifen, wenn wir uns daran gewöhnt haben, dem Unbegreiflichen gewisse Denkformen zu substituieren." - "Verscherze dir nicht die Gunst deiner Schwächen." - "An einem wahren Porträt muss man erkennen, welcher Maler es vorstellt."

Blättert man in einer Anthologie (das Blättern ist eine legitime Aneignungsform für sich), so ist die Häufigkeit der Augenblicke, die zum Innehalten zwingen, ein Gradmesser für die Substantialität des Inhalts; nirgendwo kann diese Fülle üppiger sein als bei der kleinsten Literaturform von allen: dem Aphorismus, der Konzentrate, Destillate darreicht. Aphorismen-Sammlungen gibt es viele, die meisten kommen daher wie Hilfsbüchlein für den Festredner oder wie bildungsfromme Vademeca, die für besinnliche Minuten auf einem Beistelltischchen bereitliegen. Sie reduzieren ihre Texte auf Trostworte oder Prunkpointen. Friedemann Spicker hat den vorsichtigen - und, wie sich erweist, den klügsten - Weg eingeschlagen, nicht eine Lese schönster, sinnreichster, witzigster Aphorismen vorlegen zu wollen, er eliminiert die Diktatur des scheinhaften Superlativs, die in solchen Anthologien nur allzu gerne regiert, und führt den Leser stattdessen durch die Geschichte einer Form - "von einem überprüfbaren distinkten Gattungsbegriff aus", wie es in dem (am besten als Vorwort zu lesenden) Nachwort heißt. Diese philologische Zurückhaltung führt zu herrlicher Lektüre.

Die Tradition des Aphorismus schöpft historisch aus drei Quellen - den medizinischen Aphorismata des Hippokrates, Merksprüchen der therapeutischen Kunst; den Sentenzen Senecas mit ihrer stoischen Prägnanz; schließlich den Sammlungen von "Apophtegmata", Aussprüchen berühmter Menschen, wie sie seit Plutarch überliefert sind und schließlich als Form von Erasmus kodifiziert wurden. In der Renaissance bildet sich aus diesen Impulsen etwas Neues: Die Sammlung Spickers beginnt hier mit Guiccardini, Bacon und Gracián und führt den Leser durch die Weltliteratur bis in die jüngste Gegenwart, fünfundfünfzig Autoren werden in chronologischer Reihenfolge in Auswahlen vorgestellt, wobei besondere Umsicht den unbekannteren, aber keineswegs nachrangigen Autoren der "kleinen" Literaturen - etwa Multatuli, Julian Tuwim, Nicolás Gómez Dávila - gilt. Das Nachwort ist eine Fundgrube zu Geschichte und Problematik der Gattung. Zu den interessantesten Abschnitten der Erläuterungen des Herausgebers gehören seine Nachweise, wie häufig prägnante Sätze (als hervorragend gewähltes Beispiel dient Nietzsches "Ein Deutscher ist großer Dinge fähig") aus dem Zusammenhang gerissen als quasigefälschte Aphorismen dienen müssen; hierher gehört auch die Frage nach dem Status der eigentlich erst von den Herausgebern geformten goetheschen "Maximen und Reflexionen". Die reiche Sammlung mit ihren akribischen Biobibliographien zu den einzelnen Autoren bietet mit einem thematischen Thesaurus im Anhang dem Leser schließlich noch die Möglichkeit, sich das Material zu einzelnen Lebensfragen zusammenzuholen und aus den scharfen Gedankensplittern ein Puzzle zu legen.

Die Weihe als "Querdenker" erfährt ja mittlerweile jeder nicht völlig in der Parteidisziplin versinkende Provinzpolitiker, man kann das Wort nicht mehr hören, und doch würde es sich, erneuert, hier zur Charakterisierung geistiger Autonomie anbieten, der Band illustriert Adornos Formulierung, die in seinem Nachruf auf den früh verstorbenen Schüler Heinz Krüger steht (dessen Dissertation "Studien über den Aphorismus als philosophische Form" postum erschien): Am Aphorismus sei hervorzuheben "die Paradoxie als Medium konventionsfeindlicher Wahrheit". Solche Subversivität vereint die in allen großen Fragen uneinigen und polyphonen Autoren des Buches.

Spicker stellt im Nachwort eine kleine Mini-Anthologie von Aphorismen zum Thema "Denken macht nicht glücklich" zusammen. Der Leser möchte meinen, dass der Satz nicht stimmt, dass hier die Aphoristik sich elegant selbst widerlegt und dass dieses liebevoll gemachte Buch das Gegenteil zu demonstrieren vermag: Seine Lektüre führt in die Erfahrung, dass das Denken ein geradezu sinnliches Glück sein kann.

JOACHIM KALKA.

"Aphorismen der Weltliteratur". Hrsg. von Friedemann Spicker, Reclam, Stuttgart 1999. 344 S., DM 24,80.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Prosaisch in der Formulierung die einen, geradezu poetisch andere: Aphorismen sind eben wie ihre Verfasser. Und die sind so verschieden wie Goethe und Handke, Nietzsche und Cioran: Autoren der Weltliteratur, insgesamt fünfundfünfzig, aus deren Werk Friedemann Spicker eine kleine Sammlung von Aphorismen destillierte, an der sich namentlich Literaturfreunde erbauen werden. Alle Zitate sind sorgfältig belegt. Als Nachwort serviert Spicker eine kurze Geschichte des Genres Aphorismus. Darmstädter Echo

Spicker stellt im Nachwort eine kleine Mini-Anthologie von Aphorismen zum Thema "Denken macht nicht glücklich" zusammen. Der Leser möchte meinen, dass der Satz nicht stimmt, dass hier die Aphoristik sich elegant selbst widerlegt und dass dieses liebevoll gemachte Buch das Gegenteil zu demonstrieren vermag: Seine Lektüre führt in die Erfahrung, dass das Denken ein geradezu sinnliches Glück sein kann. Frankfurter Allgemeine Zeitung

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Joachim Kalka ist begeistert von dieser Anthologie, und er preist den Herausgeber für sein "vorsichtiges" und "kluges" Vorgehen beim Zusammenstellen der Aphorismen von der Neuzeit bis zur Gegenwart. Er habe es vermieden, mit seinem Buch nur den Stoff für Festredner oder Bildungsprotzer zu bieten und statt dessen mit seiner Auswahl und dem Nachwort - eine "Fundgrube zu Geschichte und Problematik der Gattung" - für eine "herrliche Lektüre" gesorgt, schwärmt der Rezensent. Kalka hebt besonders den Hinweis hervor, wie leicht ein aus dem Zusammenhang gerissener Aphorismus verfälschend angebracht werden kann und auch wird. Auch die biografischen Angaben zu den einzelnen Autoren und die Bibliografie des Bandes findet das uneingeschränkte Lob des Rezensenten. Die Lektüre, beteuert er hingerissen, war ein "geradezu sinnliches Glück".

© Perlentaucher Medien GmbH