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Nach über zwanzig Jahren intensiver Forschung legt David Stevenson das umfassende Gesamtwerk über den Ersten Weltkrieg vor. Er zeichnet das Bild jenes globalen Krieges, der in unvorstellbarem Ausmaß Leid und Zerstörung über die Menschheit brachte und die Welt in ihren Grundfesten erschütterte. Stevenson schildert das Kampfgeschehen auf sämtlichen Kriegsschauplätzen, einschließlich der Strategie, Taktik und Waffentechnik, und verknüpft es eng mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandlungen.
Mit größter Sachkenntnis erhellt er Politik und Geheimdiplomatie. Die Leiden der
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Produktbeschreibung
Nach über zwanzig Jahren intensiver Forschung legt David Stevenson das umfassende Gesamtwerk über den Ersten Weltkrieg vor. Er zeichnet das Bild jenes globalen Krieges, der in unvorstellbarem Ausmaß Leid und Zerstörung über die Menschheit brachte und die Welt in ihren Grundfesten erschütterte. Stevenson schildert das Kampfgeschehen auf sämtlichen Kriegsschauplätzen, einschließlich der Strategie, Taktik und Waffentechnik, und verknüpft es eng mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandlungen.

Mit größter Sachkenntnis erhellt er Politik und Geheimdiplomatie. Die Leiden der Zivilbevölkerung, der Frauen und Kinder werden ebenso eingehend gewürdigt wie das Kämpfen und Sterben an der Front. Der Blick des Autors richtet sich aber auch auf die Folgen des Krieges, den Friedensschluss, die Ansätze zu Freiheit und Demokratie, aber auch den Vormarsch des Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung. 7
Erster Teil
Der Ausbruch
Erstes Kapitel. Zerstörter Friede. 12
Zweites Kapitel. Das Scheitern des Bewegungskrieges (Sommer bis Winter 1914). 64
Zweiter Teil
Eskalation
Drittes Kapitel. Die Entstehung einer neuen Welt (Frühjahr 1915 bis Frühjahr 1917). 130
Viertes Kapitel. Die Ausweitung des Krieges. 138
Fünftes Kapitel. Kriegsziele und Friedensverhandlungen. 161
Sechstes Kapitel. Der Landkrieg in Europa: Die Strategie. 189
Siebtes Kapitel. Technologie, Logistik, Taktik. 219
Achtes Kapitel. Menschenkraft und Truppenmoral. 243
Neuntes Kapitel. Rüstung und Wirtschaft. 268
Zehntes Kapitel. Seekrieg und Blockade. 296
Elftes Kapitel. Die Politik an den Heimatfronten. 319
Dritter Teil
Die Folgen
Zwölftes Kapitel. Die dritte Phase (Frühjahr 1917 bis Herbst 1918). 356
Dreizehntes Kapitel. Die Februarrevolution und die amerikanische Intervention (Frühjahr 1917).
360
Vierzehntes Kapitel. Bis zur Erschöpfung (Sommer bis Herbst 1917). 382
Fünfzehntes Kapitel. Der letzte Schlag der Mittelmächte (Herbst 1917 bis Sommer 1918). 441
Sechzehntes Kapitel. Gezeitenwechsel (Sommer bis Herbst 1918). 499
Siebzehntes Kapitel. Waffenstillstand. 551
Vierter Teil
Das Vermächtnis des Krieges
Achtzehntes Kapitel. Friedensschluss (1919 bis 1920). 594
Neunzehntes Kapitel. Wiederaufbau (1920 bis 1929). 627
Zwanzigstes Kapitel. Vernichtung des Friedenswerks (1929 bis 1945). 654
Einundzwanzigstes Kapitel. Der Krieg wird Geschichte. 676
Anhang
Anmerkungen. 691
Literaturverzeichnis. 743
Bildnachweis. 776
Karten. 777
Register. 792
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2006

Stillstand und Eskalation
Präziser und nüchterner als von David Stevenson ist der Erste Weltkrieg noch nicht behandelt worden

Daß der Zweite Weltkrieg von den Deutschen dilettantisch geführt wurde, hat sich inzwischen herumgesprochen, - und manchen alten Landser empört. Nun erstaunt es um so mehr, daß das schon für den Ersten Weltkrieg gelten soll. Zwar gerieten alle Staaten, die sich an diesem Krieg beteiligten, in Schwierigkeiten, aber die großen demokratischen - mit England und Frankreich an der Spitze - verstanden es, sie zu beheben, wenn auch manchmal mit bedenklichen Mitteln. Die anderen - vorweg Österreich-Ungarn, Rußland und Deutschland - aber verstanden es nicht und gingen daran letztlich zugrunde, was in keinem Fall zwingend war. Es ist nicht wahr, daß der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn nicht überlebensfähig war; es stimmt nicht, daß das alte Rußland nicht zu retten war. Einzig das Osmanische Reich hatte wohl keine Chance, wozu das genozidale Vorgehen der Türken gegen die Armenier zweifellos beigetragen hatte.

Und Deutschland? Wo Kreativität und Erfindungsreichtum gefragt waren, regierten hier Bürokratismus, Mißtrauen und Mittelmäßigkeit. Gerade hilflos erschien das, was man gar nicht mehr so nennen sollte: die deutsche "Außenpolitik". Dummdreist sorgte der Außenminister Arthur Zimmermann mit seinem unmöglichen Bündnisangebot per Telegramm an Mexiko (das ausgerechnet auch noch über amerikanische Kabel lief und gleich dreimal abgefangen und entziffert wurde) dafür, daß den Amerikanern gar nichts anderes als der Kriegseintritt übrigblieb, wenn sie bloß ihr Gesicht wahren wollten. Und obwohl die Oberste Heeresleitung im Osten mit politischen Chancen förmlich überschüttet wurde, verstand sie es nicht, auch nur eine zu nutzen. Selbst ihr eigentliches Metier, das Kriegführen, beherrschten die Soldaten der Deutschen nur mangelhaft, und so hatten sie sich die Pleiten an der Marne wie vor Verdun zum großen Teil selbst zuzuschreiben. Was die hanebüchenen "Prophezeiungen" des Admiralstabs ob der Folgen des uneingeschränkten U-Boot-Krieges gegen England betraf - dieses sollte in fünf Monaten "friedensgeneigt" sein -, so sind sie allgemein bekannt, man schüttelt noch heute fassungslos den Kopf.

Auch die Soldaten ganz oben, Hindenburg und Ludendorff, sind die besten Beispiele, verstanden ihr Handwerk nur eingeschränkt und waren nicht in der Lage, mit neuen Entwicklungen - etwa auf dem Panzersektor - fertig zu werden. Wissen wurde durch Willen ersetzt, Können durch Glauben. Wo es darauf angekommen wäre, den Herausforderungen der Moderne mit modernen Methoden zu begegnen, verfiel man in larmoyantes Jammern und suchte erfolgreich nach Sündenböcken aller Art. Die fanden sich, und "die Juden" zählten bereits zu ihnen. Das ebenso ehrgeizige wie ungekonnte "Hindenburgprogramm", mit dem die Rüstung angekurbelt werden sollte, zeichnete sich vor allem durch die Verschwendung von Ressourcen aus. Auch daran sollte sich nichts ändern: Die Deutschen brauchten im Zweiten Weltkrieg dreimal soviel Eisen, um einen Panzer zu bauen, wie die Russen. Auch die deutsche Professorenschaft produzierte nur heiße chauvinistische Luft und machte sich im feindlichen Ausland lächerlich. Es tröstet wenig, daß es in Rußland und Österreich noch schlimmer aussah und auch Italien seine Probleme hatte. Entscheidend ist, daß die großen freiheitlichen Demokratien aus Fehlern lernten, die Autokratien aber nicht.

Dies sind nicht die einzigen provozierenden Thesen eines Buches, das in wahrhaft erschöpfender Weise die Zeit des Ersten Weltkriegs einer ebenso nüchternen wie detaillierten Untersuchung unterzieht. Der Anspruch ist total: dem (fast) schon totalen Krieg angemessen - und doch fehlt eines: alle theoretische Reflexion. Je länger man liest, desto plausibler wird es: Man kann ihrer entraten - die Tatsachen sprechen für sich. Wohl nur ein englischer Autor kann es heutzutage wagen, "nur" zu "erzählen", wie es "eigentlich gewesen" ist - und wer das Werk aus der Hand legt, wird kaum umhinkommen, dem Autor dafür zu danken: Präziser und nüchterner zugleich ist der Erste Weltkrieg noch nicht behandelt worden. Nur schade, daß man der Übersetzung den fachlichen Dilettantismus an mehr als einer Stelle anmerkt - kompetente Lektoren scheint es kaum noch zu geben.

Zu den neuen, verblüffenden Einsichten zählt die Behauptung, der Große Krieg sei bis 1915 nur der "Nachklapp" der Kriegsphilosophie und Wirklichkeit des 19. Jahrhunderts gewesen, dem eine Phase der "Erschöpfung" gefolgt sei, bis ab 1918 etwas ganz Neues schon in die kommenden Zeiten vorgewiesen habe. Keine Rede kann davon sein, das Ringen sei a priori entschieden gewesen - es kennzeichnet den Ersten Weltkrieg vielmehr, daß beide Seiten gute Gründe für die Annahme hatten, den Kampf am Ende doch siegreich bestehen zu können. Diese insgesamt positiven Aussichten führten wie von selbst dazu, daß alle (mit Ausnahme der Vereinigten Staaten) allezeit jeden Kompromiß ablehnten und fast bis zum Schluß stur an illusorischen "Kriegszielen" festhielten, wobei sich die deutschen als besonders illusorisch erwiesen. Dabei waren sie insgesamt ursprünglich nichts als "Produkte der Furcht und der Unsicherheit, welche die Großmächte vor der Julikrise heimgesucht hatten".

Alle waren an der Katastrophe schuld - aber die Deutschen doch ein bißchen mehr als die anderen, wenngleich auch Stevenson die abenteuerlichen Behauptungen Fritz Fischers vom "Griff nach der Weltmacht" ebenso ins Reich der Fabel verweist wie die einst beliebten "Sozialimperialismusthesen". Man wollte es eben darauf ankommen lassen - in Berlin mehr als in den anderen Hauptstädten. Aber auch in Paris, London und St. Petersburg war man viel zu gespannt auf das große Ereignis, als daß man es hätte missen wollen. Besonders grotesk war es in Rußland: Zar Nikolaus II. wußte sehr wohl, daß der Krieg wahrscheinlich Revolution bedeuten würde - aber auch er (und seine kriegsgeile Gattin, notabene eine "Deutsche") wollten es wissen. Die Monarchen und Staatsmänner hätten wie die gewöhnlichen Menschen durchaus wissen können, was ihnen bevorstand, wie ein moderner Industriekrieg aussehen würde, die Dichter der Zeit hatten das realistisch genug ausgemalt - aber die Neugier siegte.

Um so ernüchternder dann die Erfahrung des "Stillstands". Nichts bewegte sich mehr, die Fronten erstarrten, guter Rat war allenthalben teuer, und die meisten Ratschläge machten alles nur schlimmer. Dagegen begann das immer rücksichtsloser "verheizte" "Menschenmaterial" zu rebellieren. In Frankreich gelang es Pétain, die Ruhe wiederherzustellen, in Rußland . . . Nun, man weiß, was geschah. Und die deutsche Armee? Der Autor wirft ganz neues Licht auf die Revolution von 1918: Sie gehörte in den allgemeinen Revolutionsprozeß der Zeit, sie war keine deutsche Besonderheit, das war nur die "Dolchstoßlegende" - Konsequenz aus dem Unvermögen der Verantwortlichen, die eigenen Fehler, das eigene Versagen einzugestehen.

Stevenson kann zeigen, wie aus dem "Stillstand" von 1915 notwendigerweise die "Eskalation" hervorwachsen mußte, weil es ein Zurück zum Frieden nicht gab. Man trat auf der Stelle, das aber immer brutaler - die Friedensinitiativen des Papstes, des amerikanischen Präsidenten, des deutschen Reichskanzlers, des Deutschen Reichstages wurden mit einer erstaunlichen Kaltblütigkeit zurückgewiesen. Bloß an eine Diskussion oder an Verhandlungen zu denken hätte als ehrenrührig gegolten. Dabei muß man sich immer wieder klarmachen, daß es sub specie aeternitatis um nichts ging. Alle Kriege mögen sinnlos sein, der Erste Weltkrieg war es in besonderer Weise - und the men on the spot haben das in lichten Momenten auch gewußt. Das mit dem hilflosen "Hineinschlittern" glaubt heute kein Mensch mehr. Aber niemand wollte sich die "Blöße" geben, wirklich ernsthaft etwas für den Frieden zu tun. Lieber ließ man sich totschießen - was auch für die einfachen Soldaten galt. Da feierten Russen und Deutsche zusammen an der Front Weihnachten - und kurz darauf schossen sie sich besten Gewissens wieder gegenseitig tot! Pardon, war nicht böse gemeint . . .

MICHAEL SALEWSKI

David Stevenson: 1914-1918. Der Erste Weltkrieg. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt und Ursula Vones-Liebenstein. Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf 2006. 799 S., 39,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Volker Ullrich ist von David Stevensons großer Geschichte des Ersten Weltkriegs völlig begeistert. In dieser "umfangreichen" und "grandiosen" Geschichtserzählung von fast 800 Seiten hat sich der britische Historiker nach eigenen Worten vorgenommen, "den Krieg als Ganzes darzustellen". Ein "gewaltiges Programm", meint Ullrich, das Stevenson glücklicherweise bis zum Ende durchhalten kann. Stevenson wolle die bisher jeweils national geprägten Blickwinkel sprengen. Unter anderem zeige er, dass beide Bündnisblöcke an der Entfesselung des Krieges schuldig sind. Zur Freude des Rezensenten stellt Stevenson auch die militärischen Kräfteverhältnisse zwischen den Alliierten und den Mittelmächten dar, wie überhaupt die Militärgeschichte ein Steckenpferd des Historikers zu sein scheint. "Ausführlich", konkret und "ungeschminkt" beschreibe er die großen Schlachten von beiden Perspektiven aus. Dass sich Stevenson nicht nur auf die Entstehung und den Verlauf des Großen Krieges beschränkt, sondern auch dessen Wirkmächtigkeit im 20. Jahrhundert beschreibt, bis hin zum Balkankonflikt und den Krisen im Nahen Osten, trägt zum makellosen Gesamteindruck der Darstellung bei.

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