Produktdetails
Trackliste
CD
1Oh Timbaland (Album Version (Explicit))00:03:31
2Give It To Me (Album Version (Explicit))00:03:55
3Release (Album Version (Explicit))00:03:25
4The Way I Are00:03:01
5Bounce (Album Version (Explicit))00:04:04
6Come and Get Me (Album Version (Explicit))00:03:30
7Kill Yourself (Album Version (Explicit))00:04:07
8Boardmeeting (Album Version)00:02:29
9Fantasy (Album Version)00:04:11
10Scream (Album Version)00:05:44
11Miscommunication (Album Version)00:03:19
12Bombay (Album Version)00:03:01
13Throw It On Me (Album Version (Explicit))00:02:10
14Time (Album Version)00:03:58
15One and Only (Album Version (Explicit))00:04:17
16Apologize (Remix)00:03:52
172 Man Show (Album Version)00:04:26
18Hello (Album Version (Explicit))00:04:36
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2007

Zwei Männer auf dem Drahtseil

Unverhoffte Tonartwechsel, vor Freude versagende Stimmen, rhythmische Kollisionen und Havarien, in Zungen gelispelte Katachresen sind das Salz jeder schnellen Rede, also auch sämtlicher Äußerungen, die von Pop etwas zu wissen beanspruchen dürfen. Wenn Herr Barenboim den Finalsatz der Brucknerschen Achten zu langsam spielen lässt, muss man das nicht mit der Atomuhr nachmessen; man kann es vielmehr anhand der Partitur und der Aufzeichnungen bisheriger Konzertpraxis leicht aufweisen und verurteilen. Wenn aber der geile Kiekser in der Musik von Michael Jackson plötzlich steril wird und "man das nicht mehr hören mag", hat sich etwas schwerer Quantifizierbares begeben: Pop handelt von der lüsternen Erwartung des Jederzeit-aus-dem-Ruder-laufen-Könnens, die sowohl schlau berechnend (dann heißt das "cool") wie aus dem glücklichen Handgelenk (dann nennt man es Zufall, Produktionsspur oder Soul) bedient oder frustriert werden darf, je nach Augenblicksgestimmtheit und Temperatur der beteiligten Talente.

Wer sich als Kritiker auf diesem Feld nur um Trittsicherheit beim Ziehen und Wiederverrammeln ohnehin zuhandener Stilregister und die neckische Atmosphärenschilderei des touristischen Beobachters sorgt, schafft sich ab, sobald er den Mund aufmacht. Du kannst alles, nur nicht danebengreifen? Dann bleib ungeküsst im Becher mit lauwarmem Bier am Bühnenrand sitzen, du wirst nie verstehen, was der schwarze Produktionsdesigner Timbaland (der für das schwingungssatte Tanzerlebnis heute darstellt, was "de Stijl" 1920 fürs Wohnen war) auf seiner neuen albumförmigen Galavorstellung "Shock Value" (Blackground/Interscope 7266056) für irre Risiken eingegangen ist, als er Elton John (darf ganz kurz auf dem Klopfklavier klimpern), Nelly Furtado (Trällerschauer) die "Hives" (nasales Nölen), 50 Cent (gebellte Lebenstüchtigkeit), kaputte Küchengeräte und körperwarme Latexhandschuhe in einen großen Topf geschmissen hat, nur um zu gucken, ob's überschäumt, wenn man es mit dem Geniekocher erhitzt. Ergebnis: lauter Hits, fast schon zu viele, aber eben nur, weil es, bei dieser überzogenen Prallheit, auch lauter Quatsch hätte werden können.

Bei solchen Drahtseilakten sieht man selbst denen gern zu, die dann straucheln und abstürzen: Dave Mustaine, der ewig ungetröstete Ex-Gitarrist von "Metallica", der mit seiner eigenen Band "Megadeth" seit Jahrzehnten mal grandiose, dann wieder ziellos vor sich hin eiernde Platten herstellt, hat sich jetzt mit "United Abominations" (Roadrunner Records 8029) in die Gefahr begeben, vor lauter patriotischem Sprechgesang, unilateraler Angriffsschmettermusik und entsagungsvoller Weltschmerzschnulzencreme exakt die elterlichen Werte (Manneszucht, Treue, Biertischsentimentalität) hochzuhalten, gegen welche die ganze Lederjackenrebellion, auf die Mustaine vereidigt ist, einst erfunden wurde. Er erliegt der Versuchung; Gegenkultur schlägt in militantes Spießertum um - ein lehrreiches und auf seine melancholische Art ebenso ergreifendes Schauspiel wie die losgelassene Luxuslaszivität des großen Timbaland. Beide belegen: Pop hat statt, wo etwas gerade noch mal gutgeht oder nicht; nie auf der sicheren Seite.

DIETMAR DATH

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