Da das Buch in vieler Munde ist, haben auch wir es uns angeschaut. Ich finde es höchst problematisch und habe mich nicht zum Kauf entschieden. Wir haben ein Kind mit Trisomie 21. Einerseits: Ja, sehr gut und wichtig, dass über Menschenkinder, die etwas anders sind als andere und für die vieles (vom
Essen über das Laufen bis zum Sprechen) nicht so selbstverständlich ist, die sich also langsamer und…mehrDa das Buch in vieler Munde ist, haben auch wir es uns angeschaut. Ich finde es höchst problematisch und habe mich nicht zum Kauf entschieden. Wir haben ein Kind mit Trisomie 21. Einerseits: Ja, sehr gut und wichtig, dass über Menschenkinder, die etwas anders sind als andere und für die vieles (vom Essen über das Laufen bis zum Sprechen) nicht so selbstverständlich ist, die sich also langsamer und auch etwas anders entwickeln, erzählt, geschrieben wird.
Aber:
Ich bezweifle sehr, dass diese Art produktiv ist, ja, ich empfinde sie sogar als gefährlich. Sie mag für viele attraktiv sein - ein kurzatmig-cool anmutendes Porträt eines Einzelfalls, aber was kann dieses Porträt für / gegen Vorurteile tun? Der Vergleich eines Menschen mit Trisomie 21 mit einem "Außerirdischen" hinkt nicht nur (behinderte Menschen sind eben NICHT von einem anderen Planeten, sondern von dieser Welt wie Du und ich, Menschen sind unterschiedlich, auch wenn sie genetisch standardmäßig ausgestattet sind), ich halte diesen Vergleich auch für höchst gefährlich, nicht besonders intelligent und eben für das Anliegen, das das Buch vielleicht haben mag (hat die Autorin wirklich genau darüber nachgedacht, welches Anliegen es ist?), im höchsten Maße kontraproduktiv.
Dabei frage ich mich, für wen das Buch eigentlich geschrieben ist. Kindern erklärt das Buch wenig bis nichts, der Grundton des Buchs tut ein wenig so, als wäre es für Kinder, dabei mögen nur Erwachsene, die dem populärkulturell-unsensiblen Vorurteil anhängen, Kinder seien mit derlei Witz zu unterhalten, diesen Eindruck haben.
Solche Erwachsene finden das Buch vielleicht unterhaltsam, erfahren auch ein bisschen was über das Leben von/mit Kindern mit Trisomie (eigentlich einzig brauchbar die Informationen zur Gebärdensprache, alles andere ist so auf einen Einzelfalls zugespitzt, dass eben - siehe oben - Vorurteile nur zementiert werden), werden aber kaum nach Lektüre in ihrem Umgang mit Menschen mit Trisomie Fortschritte machen. Sie werden ihnen begegnen, wie sie Außerirdischen begegnen würden: Mit ziemlich geringer Wahrscheinlichkeit und einer Erwartung, mit der man früher ins Kuriositätenkabinett gegangen ist.
Traurig, dass die Gesellschaft auf diesem Niveau ist. Noch trauriger, dass die Gesellschaft über solch ein Buch jubelt.
Auch das müssten alle bedenken, die das Buch für einen Preis nominiert haben.