Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Mario Adorf erzählt Geschichten
aus seinem Schauspielerleben
Stechende Augen hinter dicken Brillengläsern, eine unerbittliche Inquisition. Frühjahr 1957, in der Künstlerkneipe Atelier, hinter der Münchner Oper, eine halbe Stunde vor Mitternacht. Der junge Kammerspiel-Akteur Mario Adorf soll dem Regisseur Robert Siodmak zeigen, wie böse er gucken kann. Aber Siodmak, sächsischer Herkunft, ist nicht zufrieden – „bis er die Brille von seiner Nase auf die Stirn schob, mich mit Schreck einflößenden schwarzen Augen anstarrte und zischte: ,Das ist beese!‘“
„Schauen Sie mal böse!“, Siodmaks Aufforderung hat dem Buch den Titel gegeben, in dem Mario Adorf, Weltstar und lustvoller Erzähler, aus seinem Schauspielerleben berichtet. Es sind Bühnen- und Atelier-Geschichten, in denen er immer ins Traurige Kurioses eindringt, die komischen Momente sich ins Tragische verbiegen, und überall mischt sich der Fake ein, die Lust am Spielen und Vorspielen. Das Böse im Blick wird für „Nachts, wenn der Teufel kam“ gebraucht – die Rolle des Teufels, des Massenmörders Bruno, den Adorf für Siodmak, den Hollywood-Remigranten, spielen wird. Aus den letzten Kriegswochen sind Adorfs erste Erinnerungen, von Liedern, gesungen im Bunkerbau, wo Schwarzhandel getrieben und Jazzmusik gehört wird und Liebespaare sich in dunkle Ecken verziehen.
Ein Buch über den täglichen Heroismus, die heldenhaften Einsätze auf Bühnen und in Studios, beim Vorsprechen bei Kortner und Co., den Großen des Nachkriegstheater. Von Angst und Schmerz wird erzählt – auch beim beesen Blick ist Schmerz im Spiel – und davon, wie einer einen Finger durch ein Loch in der Dekoration steckt und eine Aufführung von „Endstation Sehnsucht“ rettet. Für die ultimative Performance, den Tod, ist der große Albert Bassermann zuständig, der in Hollywood legendäre Sterbeszenen hinlegte: „Komm schnell rüber ins Studio A, Bassermann stirbt!“ Vom Tode, schrieb Walter Benjamin, hat der Erzähler seine Autorität geliehen, Bassermann starb auf dem Rückflug nach Zürich, in einer dunklen Flugzeugkabine. „Außer seiner Frau gab es niemanden, der ihm diesmal zuschaute.“
FRITZ GÖTTLER
Mario Adorf: Schauen Sie mal böse! Geschichten aus meinem Schauspielerleben. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 174 Seiten, 17,99 Euro. E-Book 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH