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Eduard Arnhold (1849-1925), Sohn eines reformbewussten Armenarztes der jüdischen Gemeinde in Dessau, brachte es mit kaum 25 Jahren vom Lehrling zum Mitinhaber des Berliner Kohlehandelsunternehmens Caesar Wollheim. Die von ihm bald ganz übernommene Firma entwickelte er zu einem führenden Energieversorger des Kaiserreichs, förderte neue Verkehrswege und den Bau des Zeppelins, war Wirtschaftsberater Wilhelm II., dessen nationalistische Kulturpolitik er gleichwohl als bedeutendster Sammler französischer Impressionisten in Deutschland und als Mäzen der Berliner Nationalgalerie wirkungsvoll…mehr

Produktbeschreibung
Eduard Arnhold (1849-1925), Sohn eines reformbewussten Armenarztes der jüdischen Gemeinde in Dessau, brachte es mit kaum 25 Jahren vom Lehrling zum Mitinhaber des Berliner Kohlehandelsunternehmens Caesar Wollheim. Die von ihm bald ganz übernommene Firma entwickelte er zu einem führenden Energieversorger des Kaiserreichs, förderte neue Verkehrswege und den Bau des Zeppelins, war Wirtschaftsberater Wilhelm II., dessen nationalistische Kulturpolitik er gleichwohl als bedeutendster Sammler französischer Impressionisten in Deutschland und als Mäzen der Berliner Nationalgalerie wirkungsvoll konterkarierte. Arnhold stiftete für jüngere Künstler die Villa Massimo, heute die Deutsche Akademie in Rom, begründete soziale und wissenschaftliche Einrichtungen, unterstützte Künstler wie Max Liebermann, Arnold Böcklin oder Emil Nolde. Große Teile von Arnholds berühmter Gemäldesammlung sind nach seinem Tod in den Jahren der NS-Herrschaft und durch Kriegszerstörungen verloren gegangen. Arnholds Urgroßneffe Peter von Becker ruft nun Leben und Zeit, Lost Art und die Nachwirkungen bis heute anschaulich wach.
Autorenporträt
von Becker, Peter
langjähriger Feuilletonchef und jetzt Kulturautor des "Tagesspiegels", lebt als Schriftsteller und Publizist in Berlin. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a. "Das Jahrhundert des Theaters" und 2017 der Roman "Céleste".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.09.2019

Der ideale Kaufmann
Ein Porträt des großen Mäzens Eduard Arnhold
Als wolle er den Berlinern zeigen, was ein Mann von Welt ist, posiert der junge Eduard Arnhold auf einer Fotografie, die um das Jahr 1870 entstand. Unter wilden Locken schaut er gelassen in die Ferne, er trägt eine hellen Sommeranzug, lehnt lässig an einem samtbedeckten Möbelstück. Ist es ein Flügel? Ein Tisch? Gleichviel. Dieser Jüngling, so sagt das Foto, würde überall eine gute Figur machen. Er hat die Beine gekreuzt, den rechten Fuß auf die Spitze gestellt, ganz leger und doch energisch.
Als das Nest an der Spree sich anschickte, Hauptstadt des neuen Kaiserreichs zu werden, wurde der 1849 in Dessau geborene Eduard Arnhold Prokurist beim Berliner Kohlehändler Caesar Wollheim, bald darauf Teil- und nach Wollheims Tod Inhaber der Firma. Und einer der reichsten Männer der Reichshauptstadt. Nach dem Kaiser, neben dem Kohlenhandels-Konkurrenten Fritz von Friedlaender-Fuld, dem Verleger Rudolf Mosse, dem Unternehmer James Simon gehörte er zur Spitzengruppe der Vermögenden in Berlin.
Im Laufe seines Lebens, er starb 1925, gab Eduard Arnhold etwa ein Viertel seines Vermögens für Soziales und Kultur aus. Das entsprach seiner Berufsauffassung. Im Anschluss an Schiller-Verse schrieb er einmal: „Sonach ist der Kaufmann nicht etwa nur der Agent des Warenverkehrs, sondern, und in der Hauptsache, der Vermittler fruchtbarer kultureller Ideen und ein ausschlaggebender Faktor für den ethischen Fortschritt der Menschheit.“
Er förderte die Luftschifffahrt, setzte sich für die Elektrifizierung der Berliner Straßenbahn ein, gab große Summen für die naturwissenschaftlichen Großforschungsinstitute der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, sammelte Kunst, unterstützte Künstler und Museen, stiftete bei Werneuchen das Johannaheim für verwaiste Mädchen und in Rom für Künstler die Villa Massimo. Und er tat noch vieles mehr. Dennoch sagt sein Name heute nur wenigen etwas. Sein Urgroßneffe Peter von Becker, der lange das Feuilleton des Tagesspiegels leitete, hat Arnhold in der Reihe „Jüdische Miniaturen“ porträtiert.
Er erinnert dabei an eine versunkene Welt, die bürgerliche Moderne des wilhelminischen Berlins. Sie hatte mehrere Zentren, unter anderem am Westufer des Wannsees, wo auch Arnhold eine Villa besaß, und im Tiergartenviertel, das durch Albert Speers megalomane Umbauvorbereitungen für „Germania“, durch Bombenkrieg und Wiederaufbau weitgehend zerstört wurde. Dort, in der Regentenstraße, ließ sich der kaisertreue Arnhold ein Haus errichten, in dem auch seine Kunstsammlung Platz fand. Der „Regentenhof“ war mit fast achtzig Metern Gesamttiefe und mehr als tausend Quadratmetern Wohnfläche für die Herrschaft sowie Anbauten fürs Personal arg groß. Die Nachbarn hießen Adolph Menzel und Georg Kolbe, Tilla Durieux und Paul Cassirer, James Simon, Emil und Walther Rathenau oder Hedwig Dohm.
Wer Gabriele Tergits Roman „Effingers“ gelesen hat, ist mit dieser Tiergartenwelt ein wenig vertraut und ihrem Glauben, die Welt durch Arbeit, Philanthropie, Kultur praktisch bessern zu können. Heute nimmt der rückwärtige Teil des Gemäldegalerie-Neubaus das Arnholdsche Grundstück ein.
Außer dem Ehrengrab auf dem Friedhof Wannsee erinnert im heutigen Berlin kaum etwas an den Unternehmer und Mäzen, obwohl es hier bis 1933 gleich zwei Eduard-Arnhold-Straßen gegeben hatte. Ein wenig erfährt man im neuen Eingangsgebäude zur Museumsinsel, der James-Simon-Galerie. Demnächst aber soll ein angemessener Erinnerungsort initiiert werden. In Peter von Beckers Essay kann jeder nachlesen, warum es gut wäre, wenn Berlin Eduard Arnholds Werke und Taten nicht vergessen würde.
JENS BISKY
Peter von Becker: Eduard Arnhold. Reichtum verpflichtet – Unternehmer und Kunstmäzen. Hentrich & Hentrich, Berlin, Leipzig 2019. 94 Seiten, 9,90 Euro.
Eine versunkene Welt, die
bürgerliche Moderne des
wilhelminischen Berlins
Außer dem Ehrengrab auf dem
Friedhof Wannsee erinnert
heute kaum etwas an den Mäzen
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