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Jetzt also die Achtziger! Der vierte Band der beliebten Reihe zur Frankfurter Architektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt wie schon die Bände über die 1950er bis 1970er Jahre zehn besondere Bauten der jüngeren Vergangenheit. Und wider Erwarten bietet die Frankfurter Architektur dieser Dekade eine große Bandbreite an qualitätvollen Gebäuden: von verspätet umgesetzten Planungen der 1970er Jahre über technoide Ingenieursentwürfe bis zur mit baukulturellen Zitaten gespickten Postmoderne sowie einem architektonischen Highlight aus dem Taunus, dem Speckgürtel der Stadt. Zu den…mehr

Produktbeschreibung
Jetzt also die Achtziger! Der vierte Band der beliebten Reihe zur Frankfurter Architektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt wie schon die Bände über die 1950er bis 1970er Jahre zehn besondere Bauten der jüngeren Vergangenheit. Und wider Erwarten bietet die Frankfurter Architektur dieser Dekade eine große Bandbreite an qualitätvollen Gebäuden: von verspätet umgesetzten Planungen der 1970er Jahre über technoide Ingenieursentwürfe bis zur mit baukulturellen Zitaten gespickten Postmoderne sowie einem architektonischen Highlight aus dem Taunus, dem Speckgürtel der Stadt. Zu den unübersehbaren Zwillingstürmen der Deutschen Bank gesellen sich Museumsbauten, eine große Wohnanlage, Häuser für Kinder und für Studenten, in einem Haus wird jüdische Kultur gelebt, in einem anderen lässt sich der Flora beim Gedeihen zuschauen. Außerdem stellt ein damals noch am Anfang einer großen Karriere stehender Architekt seine visionären Entwürfe von einst vor, bekennt eine Architekturprofessorin ihre Liebe zu Möbeln eines großen Architekten, und ein in München lehrender Designprofessor beleuchtet die Designszene dieses in Gestaltungsfragen verkannten Jahrzehnts. Das Vorwort hat Ursula Kleefisch-Jobst, Generalkuratorin des Museums für Architektur und Ingenieurkunst NRW (M:AI), geschrieben, wieder dabei sind der Fotograf Georg Dörr und Adrian Seib, der die zehn ausgewählten Bauten ausführlich vorstellt.
Autorenporträt
Opatz, Wilhelm E.Wilhelm E. Opatz, geb. 1962, studierter Innenarchitekt, Architekturkenner, führt in Frankfurt eine Kommunikationsagentur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Rezensent Matthias Alexander ist der von Wilhelm E. Opatz u.a. herausgegebene Architekturführer Frankfurt für die Jahre 1980-1989 etwas für Fortgeschrittene. Wer sich von den Detailfotografien, der etwas ungewöhnlichen Gebäude-Auswahl und den nicht weniger speziellen Texten (speziell in der Fokussierung) nicht abschrecken, sondern anregen lässt, versichert der Rezensent, der bekommt allerdings reichlich Nahrung. Wie Frankfurt sich unter Anleitung etwa von Günter Bock in den "bunten" 80ern zur Architekturmetropole mauserte und wo sich das weiterhin betrachten lässt, berichten Luise King oder Oliver Elser in ihren Essays z. B. über die Bauten in der Saalgasse laut Alexander als Teil einer "raffinierten" Gesamtkomposition des Bandes.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.2020

Im Tempel der Postmoderne

Zwischen Funktion und Fiktion: Ein Architekturführer durch Frankfurt widmet sich den achtziger Jahren und zeigt, wie sich die Stadt ästhetisch neu definiert hat.

Wie unterschiedlich man auf die achtziger Jahre blicken kann. Sie lassen sich als Aneinanderreihung von Krisen betrachten, als eine Zeit, in der Nachrüstung, Wald- und Zechensterben, Aids und Tschernobyl für Pessimismus und für ein Gefühl von Stagnation sorgten. So hat sie die Kunsthistorikerin Ursula Kleefisch-Jobst erlebt, ihr Porträt eines dunklen Jahrzehnts eröffnet den vierten Band der von Wilhelm Opatz verantworteten Reihe "Architekturführer Frankfurt", der sich den Jahren 1980 bis 1989 widmet.

Viele, die damals Jugendliche in Westdeutschland waren, werden Kleefisch-Jobst widersprechen. Die Achtziger waren auch eine Ära der Befreiung. Das Leben war plötzlich bunter und leichter, in der Popmusik, der Literatur und der Mode. Rollenbilder verschwammen und wurden ironisiert. Es ging individualistischer, aufgeschlossener und spielerischer zu. Und das alles auf der Grundlage großen Wohlstands, der noch halbwegs gleichmäßig verteilt war.

Auch Frankfurt machte sich locker. Vermutlich hat keine andere deutsche Großstadt vom Geist der neunten Dekade des zwanzigsten Jahrhunderts so stark profitiert, zumindest äußerlich. Das Finanzzentrum der Bundesrepublik wollte nicht länger kaputt und abstoßend sein. Es galt, den grauen Funktionalismus, in dem der Kompromiss zwischen zynischen Investoren und denkfaulen Sozialreformern architektonischen Ausdruck gefunden hatte, zu überwinden. Davon, dass die Stadt in diesem Bemühen bis 1989 entscheidend vorangekommen ist, zeugt auch der neue Architekturführer auf fast jeder Seite, die der Einschätzung vom Jahrzehnt vermeintlichen gesellschaftlichen Stillstands folgt.

Diese Spannung ist Teil der raffinierten Komposition des Bandes, der gewohnt souverän gestaltet ist. Das Gerüst bilden nüchtern, beinahe bautechnisch gehaltene Beschreibungen von Einzelbauten. Eingestreut sind Essays zu Phänomenen und Personen, die in jenen Jahren den widersprüchlichen Zeitgeist und damit direkt oder vermittelt die Architektur in Frankfurt geprägt haben. So wird das legendäre "Wolkenkratzer Art Journal" gewürdigt, das dazu beitrug, Frankfurt für die Kunstwelt interessant zu machen. Es wird an die improvisierte Architektur des Hüttendorfs der Startbahn-West-Gegner erinnert.

Und Luise King berichtet von den erfolgreichen Bemühungen Günter Bocks, mit der von ihm geleiteten Architekturklasse der Städelschule den Anschluss an internationale Entwicklungen zu schaffen. Ein Schlüsselmoment für die Frankfurter Architekturszene: Bock ergriff Partei für die angelsächsische Architekturströmung und beharrte auf der Trennung von Kunst und Ideologie. Bemerkenswert, wie deutlich er allein kapitalistischen Gesellschaften die dafür notwendigen Voraussetzungen attestierte. Bock sorgte auch dafür, dass der britische Theorie-Star Peter Cook (der in einem eigenen Beitrag unterhaltsam und unverblümt von seinen Frankfurter Erfahrungen berichtet, nicht zuletzt von den Kämpfen mit den Kunstprofessoren und einer Darmstädter Mafia) die Nachfolge als Leiter der Klasse antrat.

Das war 1984, als auch das Deutsche Architekturmuseum eröffnet wurde. Unter Gründungsdirektor Heinrich Klotz war es eine Art Tempel der Postmoderne. Diese Richtung war wie dafür gemacht, Frankfurt im Bemühen, sich neu zu erfinden, zu unterstützen. Während die Moderne dem Anspruch nach international, wahrhaftig, sozial, ideologisch, links und funktionalistisch war, verstand sich die Postmoderne als regional und kulissenhaft, als elitär und vulgär zugleich, als bürgerlich, ironisch und eklektizistisch. Die Hinwendung zur eigenen Geschichte, die Frankfurt dringend brauchte, konnte auf diese Weise mit einer gewissen Leichtigkeit vollzogen werden.

Den Höhepunkt postmoderner Architektur in Frankfurt bilden die Häuser an der Saalgasse, denen Oliver Elser einen klugen Aufsatz widmet, in dem er die politische Vieldeutigkeit ihrer Bauweise analysiert. Bunt bis zur gebauten Augenbraue trieben es auch die Architekten der Landeszentralbank. Meistens gingen die Könner unter den Architekten jedoch gemäßigter vor, die deutsche Ausprägung der postmodernen Architektur war ganz im Sinne von Klotz und seines Museumsarchitekten Oswald Mathias Ungers weniger vom exzessiven Gebrauch von Säulchen und Gesimsen geprägt als vom Spiel mit geometrischen Urtypen. Es ging um "abstrakte Repräsentation" (Ungers), die "nicht nur Funktion, sondern auch Fiktion" (Klotz) anbot.

Diesem Gebot folgten die Pyramidendächer eines Feuerwehrgerätehauses im Stadtteil Rödelheim schon 1980. Typisch auch die Überhöhung der Konstruktion ins Dekorative nach dem Vorbild des Centre Pompidou, wie sie Peter Westrup an der Ortsvermittlung in Niederrad erprobte. Sehr anschaulich erinnert sich der Architekt daran, wie Eindrücke aus Griechenland-Urlauben die Farbigkeit seines Entwurfs beeinflusst haben.

Hinzu kam ein neues Bewusstsein für die Bedeutung der Materialität. Als Paradebeispiel kann Christoph Mäcklers Kindergarten in Sossenheim gelten, angelegt als Reihung von Satteldach-Häuschen, ausgeführt in Ziegelstein und Sichtbeton. Sogar ein Zitat des Architekturmuseums seines Lehrers Ungers hat er untergebracht: Der Ruheraum ist als Haus im Haus konzipiert.

Wie dem theoretischen Wirken von Klotz sind auch Ungers' Bauten in dem Band nur ein paar Zeilen gewidmet, dafür erfahren die vom Zuchtmeister aus Köln entworfenen, legendär unbequemen Stühle im Auditorium des Architekturmuseums eine abgründige Würdigung. Auch sonst verweigert der Architekturführer ziemlich oft das Naheliegende - der Messeturm etwa kommt nicht vor - und setzt darauf, dass sich der Leser eigenständig ein Bild vom Ganzen zusammensetzt - so wie die Fotografien immer nur Teile, aber nie die Gesamtansicht eines Gebäudes zeigen. Kurz, es ist ein Werk für Fortgeschrittene, gedacht nicht als Leitfaden für eine Entdeckungstour durch die Stadt, sondern als Zündschnur für ein inneres Assoziationsfeuerwerk.

MATTHIAS ALEXANDER

"Architekturführer

Frankfurt 1980-1989".

Hrsg. von Freunde

Frankfurts und Wilhelm E. Opatz. Fotografien von Georg Christian Dörr u.a. Junius Verlag, Hamburg 2020. 208 S., Abb., geb., 44,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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