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Nachdem die von der CDU/CSU bekämpfte Ost- und Deutschlandpolitik bei der Bundestagswahl im November 1972 durch den Wahlsieg der sozial-liberalen Koalition bestätigt worden war, nahm die Heftigkeit der parlamentarischen Auseinandersetzung um die Außenpolitik in der 7. Wahlperiode zwar ab, die Fortführung der Ost- und Entspannungspolitik wurde von den außenpolitischen Experten der Fraktionen aber weiterhin kontrovers debattiert. Das zentrale Forum dieser Auseinandersetzung war der Auswärtige Ausschuss. Die Protokolle verdeutlichen, wo die Konfliktlinien zwischen Regierung und Opposition…mehr

Produktbeschreibung
Nachdem die von der CDU/CSU bekämpfte Ost- und Deutschlandpolitik bei der Bundestagswahl im November 1972 durch den Wahlsieg der sozial-liberalen Koalition bestätigt worden war, nahm die Heftigkeit der parlamentarischen Auseinandersetzung um die Außenpolitik in der 7. Wahlperiode zwar ab, die Fortführung der Ost- und Entspannungspolitik wurde von den außenpolitischen Experten der Fraktionen aber weiterhin kontrovers debattiert. Das zentrale Forum dieser Auseinandersetzung war der Auswärtige Ausschuss. Die Protokolle verdeutlichen, wo die Konfliktlinien zwischen Regierung und Opposition verliefen und welche Ansatzpunkte für eine gemeinsame Außenpolitik bestanden. Im Mittelpunkt standen die Aufnahme der Bundesrepublik und der DDR in die UNO, die Ratifikation des Vertrages mit der Tschechoslowakei, die Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte in Helsinki und die Ausgestaltung der Beziehungen zu Polen. Weitgehende Übereinstimmung zeigte sich bei der Fortführung des europäischen Integrationsprozesses. Der Ausschuss befasste sich ferner mit der Transformation der Diktaturen Portugal, Spanien und Griechenland zu parlamentarischen Demokratien. Beim Abkommen mit Frankreich über die Wiederherstellung der deutschen Strafgerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen geriet der Berichterstatter des Ausschusses in das Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik, weil er sich für eine Generalamnestie ausgesprochen hatte. Zu den politisch brisanten Themen gehörten außerdem die Auswirkungen der Ölkrise sowie der internationale Terrorismus.
Autorenporträt
Joachim Wintzer, geb. 1967 in Göttingen, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.12.2013

Fast ein Eklat
Der Auswärtige Ausschuss des Bundestages Ende der 70er-Jahre
Die vorliegende Edition leistet vorbildliche Arbeit bei der Erschließung der 79 Sitzungsprotokolle des Auswärtigen Ausschusses für die 8. Legislaturperiode 1976 bis 1980. Im Fokus der Debatten stehen die Fortführung der Entspannungs- und Sicherheitspolitik durch die Regierung Schmidt-Genscher nach den bereits geschlossenen Ostverträgen und der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) 1975 .
  Deren Konsolidierung und Weiterentwicklung stellte der Konflikt um die von 1976 an modernisierten sowjetischen atomaren Mittelstreckenraketen infrage. Dabei wurde die Kontroverse um den Nato-Doppelbeschluss von 1979, der zur Stationierung atomar bestückter Marschflugkörper und Pershing-II- Raketen in Mitteleuropa führte, von Auseinandersetzungen um die angeblich gegenüber den Ostblockstaaten zu unkritische Menschenrechtspolitik der Regierung überlagert. Abgeordnete der CDU/CSU kritisierten, dass die Bundesregierung nicht genug Druck auf die Regimes im Ostblock ausübe. Besonders die Vertriebenenpolitiker der Union, Czaja, Hupka und Becher bemängelten immer wieder, die Politik der SPD-geführten Bundesregierung lasse das Schicksal der Deutschstämmigen hinter dem Eisernen Vorhang links liegen, und forderten größere Anstrengungen zur Förderung deren kultureller Eigenständigkeit sowie verbesserte Ausreisemöglichkeiten. Weniger kontrovers diskutierten die Ausschussmitglieder über die Risiken der Aufnahme Griechenlands, Spaniens und Portugals in die Europäische Gemeinschaft, über die Chancen und Gefahren weltweiter wirtschaftlicher Verflechtungen und die Friedensbemühungen im Nahen Osten.
  Im Allgemeinen zurückhaltend zeigte sich der Ausschussvorsitzende Gerhard Schröder von der CDU – in den Vorjahren hatte er als Bundesaußenminister und als Verteidigungsminister gewirkt. Mit Stellungnahmen zum Nahostkonflikt und kritischen Äußerungen zur Politik Israels lag Schröder allerdings quer zum Mainstream seiner Fraktion. Fast zu einem Eklat kam es schon in der 3. Sitzung am 9. Februar 1977, als eine Reihe von Herren der verschiedensten Fraktionen mit spitzfindigen Bemerkungen an dem Vortrag und den Auskünften der neuen Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher zu den Themen „deutsch-französische Konsultationen“ und „Vorbereitung der KSZE-Nachfolgekonferenz“ Anstoß nahmen. Kaum verhohlen warfen sie ihr mangelnde Tiefe ihrer Darstellung vor und versuchten, sie als inkompetent darzustellen. Dabei bleibt festzuhalten, dass damals neben den dreißig Männern nur zwei Frauen reguläre Mitglieder des Ausschusses waren.
  Von einer vorbildlichen Erschließung der Protokolle über die reine Nutzung durch Wissenschaftler hinaus kann deshalb gesprochen werden, weil nicht nur die Einleitung einen vorzüglichen Überblick über die Essentials der Ausschussarbeit gibt. Auch Kurzbiografien der Ausschussmitglieder, Dokumentenverzeichnisse, ein umfassendes Personen- und Sachregister erleichtern einen praktikablen Zugriff. Jede Textauslassung ist gekennzeichnet und lässt sich bei Bedarf leicht auf der beigefügten CD-ROM finden.
WIGBERT BENZ
Wolfgang Hölscher, Joachim Winzer (Hrsg.): Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages. Sitzungsprotokolle 1976- 1980. Droste Verlag, 2013. 2 Bde., 1930 S., 1 CD-ROM, 208 Euro.
Wigbert Benz ist Lehrer und Historiker.
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