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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Zwei Wissenschaftler erzählen
ihren Enkeln von den Ozeanen
Ganz am Ende dieses Buches zeigt sich, was es auch hätte sein können. Da erzählen der kanadische Astrophysiker Hubert Reeves und der französische Ozeanforscher Yves Lancelot von ihrer Beziehung zum Meer. Reeves berichtet davon, wie er zum ersten Mal das Meer sah, „die scharfe Trennlinie des Meereshorizonts“, er spricht vom Wunsch zu sehen, was dahinter liegt. Das sei für ihn auch das, was Wissenschaft bedeutet: der Drang, hinter die Dinge zu sehen! Und Lancelot erzählt davon, wie er als älterer Mann allein in einem Boot den Atlantik überquert hat, er erzählt von den Farben des Wassers, von dem Licht, den Wellen und wie sich immer alles ständig verändert. Was dazu führt, dass man langsam all seine irdischen Gewohnheiten über Bord wirft. Das ist toll geschrieben.
Nun könnte man sagen, dass das nicht der eigentliche Zweck dieses kleinen Buches ist. In „Wie kommt das Blau ins Meer?“ sollen nämlich zwei renommierte, ältere Wissenschaftler (Lancelot ist leider mittlerweile verstorben) erklären, wie die Ozeane funktionieren, warum das Meer blau ist und das Wasser salzig und wo dieses Wasser eigentlich herkommt. Und sie tun das sehr gut, auch wenn sie die Dialogform etwas überstrapazieren. Sie begeistern sich für die wissenschaftlichen Dinge, sie erwähnen interessante Details, erklären den Ursprung des Wassers genauso wie die Entstehung der Weltmeere. Sie widmen sich auch kritischen Fragen wie der nach dem Korallensterben, das durch den Klimawandel ausgelöst wird. Oder mahnen angesichts der zunehmenden Vermüllung der Meere durch Plastikabfälle.
Das alles ist schön und gut aufbereitet. Auch kompliziertere Zusammenhänge werden angesprochen, etwa wenn die beiden Wissenschaftler darlegen, wie Meeresströmungen, globale Luftzirkulation, Hoch- und Tiefdruckgebiete und noch weiter oben in der Atmosphäre zirkulierende Jetströme gemeinsam das Klima beeinflussen. Oder wenn sie erklären, wie der Mond die Gezeiten auslöst; beide ziehen sich nämlich wechselseitig an und verformen sich sogar leicht, „ein wenig wie ein Rugby-Ball“ sehe die Erde dadurch aus, daher gibt es auch zwei Gezeiten pro Tag. Der Mond hebt Teile der Erdkruste an, die Wassersäule steigt in der Folge auf beiden gegenüberliegenden Seiten der Erde
Doch ein Aspekt kommt leider zu kurz, was schade ist, denn er wird sogar im Untertitel des Buches erwähnt: „Die Ozeane unseren Enkeln erklärt“, heißt es da. Und was würde man sich von zwei Großvätern der Wissenschaft mehr wünschen, als dass sie wilde, schöne Geschichten erzählen und eben nicht nur erklären. Etwa die Geschichte, dass der Meeresgrund erst Mitte des 19. Jahrhunderts wirklich von der Forschung entdeckt und deshalb so spät vermessen wurde. Damals wurden nämlich die ersten Telefonkabel zwischen Europa und Amerika verlegt. Kinder (wie auch Erwachsene) merken sich all die Fakten doch am besten, wenn sie persönlich berührt werden. Dass Reeves und Lancelot das gekonnt hätten, beweisen sie schön auf den letzten Seiten. (ab 10 Jahre)
HUBERT FILSER
Hubert Reeves, Yves Lancelot: Wie kommt das Blau ins Meer? – Die Ozeane unseren Enkeln erklärt. Aus dem Französischen von Annabel Zettel. C .H. Beck 2016. 123 Seiten, 14,95 Euro.
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Landlust, Juli 2016