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DDR-Architektur - Engels, Hans; Jäger, Frank Peter
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Architektonische Zeitzeugen des Sozialismus
Unter oft schwierigen Bedingungen und mit großem Idealismus entstand in der ehemaligen DDR eine Vielzahl ästhetisch hochwertiger Bauten, deren architektonischer Wert - auch im Kontext des Mid-Century Revivals - inzwischen geschätzt wird. In den Jahren nach dem Mauerfall haben viele ostdeutsche Kommunen ihre Innenstädte allerdings generalüberholt und dabei auch zahlreiche architektonische »Altlasten« aus sozialistischer Zeit beseitigt. Der Fotograf Hans Engels dokumentiert die heute unter dem Stichwort Ost-Moderne berühmt gewordenen Relikte…mehr

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Produktbeschreibung
Architektonische Zeitzeugen des Sozialismus

Unter oft schwierigen Bedingungen und mit großem Idealismus entstand in der ehemaligen DDR eine Vielzahl ästhetisch hochwertiger Bauten, deren architektonischer Wert - auch im Kontext des Mid-Century Revivals - inzwischen geschätzt wird. In den Jahren nach dem Mauerfall haben viele ostdeutsche Kommunen ihre Innenstädte allerdings generalüberholt und dabei auch zahlreiche architektonische »Altlasten« aus sozialistischer Zeit beseitigt. Der Fotograf Hans Engels dokumentiert die heute unter dem Stichwort Ost-Moderne berühmt gewordenen Relikte sozialistischer Baukultur zwischen Rostock und Zwickau, wie den Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz, die Terrassenhäuser in Rostock-Evershagen, das Rundkino in Dresden oder den Teepott in Warnemünde - architektonische Zeugnisse einer Epoche ungebremsten Idealismus' und hochfliegender Zukunftspläne.

Autorenporträt
Hans Engels beschäftigt sich mit künstlerischen Themen im Umfeld der Architekturfotografie. Dabei ist er auch auf der Suche nach Spuren, die Menschen und Bewohner hinterlassen haben und verschiedene Zeitabschnitte dokumentieren. So entstehen Bilder von historischen und zeitgenössischen, vergessenen und zerstörten Bauwerken. Seine Fotografien wurden in zahlreichen Büchern und Magazinen publiziert und sind weltweit in Ausstellungen zu sehen. Im Prestel Verlag sind bisher die Bücher »Havana. The Photography of Hans Engels«, »Aufbruch! Architektur der fünfziger Jahre in Deutschland« und »Bauhaus-Architektur 1919-1933« erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2019

Als wäre ein Raumschiff am Strand gelandet

Zwischen Ostsee und Erzgebirge hat der Fotograf Hans Engels aufgespürt, was an DDR-Architektur erhalten blieb. In einem zauberhaften Bildband präsentiert er die Bauten wie Geschenke eines verschwundenen Landes an die Welt.

Von Arnold Bartetzky

Nach der Wiedervereinigung sah es so aus, als sei neben den Institutionen und Betrieben der DDR auch ihr architektonisches Erbe ein Entsorgungsfall. Nicht nur Regierungs- und Verwaltungsgebäude, Kulturhäuser, Unternehmenszentralen und Industrieanlagen verloren ihre Funktion. Es entvölkerten sich zugleich die Plattenbaukomplexe, weil die Menschen fortzogen. So rückten Abrissbagger an Orten an, die wenige Jahre zuvor für die Glücks- und Modernitätsverheißung des sozialistischen Staates gestanden hatten. In Innenstädten wie an Stadträndern sind immense Baumassen planiert worden. Wenn aber ein Gebäude saniert wurde, war es danach meist kaum wiederzuerkennen, weil modischer Fassadenschick die als karg und peinlich empfundenen Oberflächen der DDR-Zeit ersetzte.

Auch wenn das lange Siechtum und der Abriss des Berliner Palasts der Republik über Jahre hinweg erhitzte Debatten auslösten, verschwanden die meisten Bauten lange Zeit sang- und klanglos. Denn bis auf eine Handvoll versprengte Enthusiasten interessierte sich kaum jemand für die DDR-Architektur. Das hat sich in den letzten Jahren gründlich geändert.

Der Schwund dieses Bauerbes hält an. Aber es gibt nun auch etliche Beispiele für erfolgreiche Umnutzungen und sensible Sanierungen, zahlreiche Initiativen setzen sich mit zunehmenden Erfolgschancen für den Erhalt gefährdeter Bauten ein, die Zahl von Konferenzen, Diskussionen und Publikationen zur "Ostmoderne" ist kaum noch zu überschauen. Das einst missachtete Erbe ist massentauglich geworden, seine neue Popularität nimmt manchmal geradezu Züge eines Hypes an.

Nun hat der Prestel Verlag einen voluminösen Fotoband herausgebracht, der den verbliebenen Bestand der DDR-Architektur zwischen Erzgebirge und Ostsee erkundet. Im Unterschied zu vielen früheren Büchern, die auf eine ästhetisierende Inszenierung der Bauten setzen, bieten die Fotografien von Hans Engels eher eine nüchterne Bestandsaufnahme, die das breite Spektrum und neben den Höhen auch manche Tiefen dieser architektonischen Hinterlassenschaft abbildet. Zu sehen sind auch die Veränderungen und Entstellungen, denen die Bauten nach dem Ende der DDR ausgesetzt waren. Manche Fassaden sind neu verkleidet und durch Reklameträger verunklärt. Einigen Bauten haben Leerstand und Vandalismus zugesetzt, der Putz bröckelt, Graffiti breiten sich aus, ringsum wuchert Unkraut.

Die für die DDR-Architekturpolitik so wichtigen Hierarchien der Bauaufgaben sind in dem Band aufgelöst. Die Prachtensembles der Berliner Stalinallee haben darin ebenso einen Platz wie Wohn- und Geschäftshäuser, Kioske und sogar eine transportable Raumerweiterungshalle. Originalität findet sich hier neben Banalität, Mut zum Experiment neben bedrückendem Biedersinn, weltläufige Eleganz neben provinzieller Schwerfälligkeit, diskreter Charme neben plumpem Protz. Die mondäne Grandezza des Kinos International in Berlin, die kühn gespannte Konstruktion des Busbahnhofs in Chemnitz oder die luftige Transparenz eines kleinen Pavillons der Internationalen Gartenbauausstellung in Erfurt sind ebenso dokumentiert wie die uninspirierte Monotonie des Forschungszentrums Robotron in Dresden oder die schäbige Tristesse des Gästehauses Karl-Marx-Straße in Eisenhüttenstadt. Manche Bauten changieren je nach Betrachter zwischen Glanz und Elend, etwa das Interhotel Panorama im thüringischen Oberhof, das mit seinem zukunftsgewissen, pyramidalen Gigantismus beeindruckt, zugleich aber den Mief sozialistischer Urlaubsheime atmet.

Gerade der unvoreingenommen dokumentierende, auf Inszenierung verzichtende Blick von Hans Engels öffnet die Augen dafür, wie vielfältig die DDR-Architektur ihrem Ruf zum Trotz gewesen ist. Selbst die Platte, Inbegriff vermeintlich flächendeckender Gleichförmigkeit, zeigt einen erstaunlichen Variantenreichtum. Bei allen durch gemeinsame Vor- und Leitbilder begründeten Ähnlichkeiten zur Nachkriegsmoderne in Westdeutschland springen auch Spezifika der DDR-Moderne ins Auge, die zu einer regionalen ostdeutschen Identität der Architekturlandschaft beitragen.

Gerade bei Bauaufgaben für die Gemeinschaft wie Stadthallen, Kulturhäusern, Kinos oder Planetarien, die den Bürgern im Einklang mit den Ansprüchen des sozialistischen Staates einen Hauch von "egalitärem Luxus" bieten, lernte die DDR-Architektur manchmal das Tanzen. Besonders lichterfüllt, luftig und heiter beschwingt etwa zeigt sie sich in Bauten für Urlaub und Freizeit an der Ostseeküste. Perlen wie der muschelartige Musikpavillon in Sassnitz, der Usedomer Kunstpavillon in Heringsdorf, das Seerestaurant Teepott in Warnemünde oder der Seenotrettungsturm am Strand von Binz - der vermutlich coolste Bau der DDR - können Trost für trübe Spätsommertage bieten.

"DDR-Architektur" von Hans Engels (Fotografien) sowie Frank Peter Jäger und Ben Kaden (Texte). Prestel Verlag, München 2019. 208 Seiten, zahlreiche Farbfotografien. Gebunden, 40 Euro.

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»Die Fotos des in München lebenden Fotografen (...) zeigt Bauwerke, die überwiegend in den 1950ern bis 1970ern entstanden sind.« Color Foto