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Seine Geschichte macht Eurasien zum Ursprungsort der globalisierten Welt. Sir Barry Cunliffe wagt sich räumlich wie zeitlich auf die große Bühne. Meisterlich stellt er die größte Landmasse unserer Erde und ihre Historie von den ersten sesshaften Menschen 9000 v.Chr. bis zum mongolischen Reich im 13 Jh. n.Chr. in den Fokus. Dabei kartiert er die Entwicklung der europäischen, vorderasiatischen und chinesischen Zivilisationen und deren wachsende Verbindungen über den Indischen Ozean, die Seidenstraße und durch die eurasische Steppe. Er erzählt jedoch nicht nur, wie sich Eurasien und die Menschen…mehr

Produktbeschreibung
Seine Geschichte macht Eurasien zum Ursprungsort der globalisierten Welt. Sir Barry Cunliffe wagt sich räumlich wie zeitlich auf die große Bühne. Meisterlich stellt er die größte Landmasse unserer Erde und ihre Historie von den ersten sesshaften Menschen 9000 v.Chr. bis zum mongolischen Reich im 13 Jh. n.Chr. in den Fokus. Dabei kartiert er die Entwicklung der europäischen, vorderasiatischen und chinesischen Zivilisationen und deren wachsende Verbindungen über den Indischen Ozean, die Seidenstraße und durch die eurasische Steppe. Er erzählt jedoch nicht nur, wie sich Eurasien und die Menschen entwickelten, sondern auch wie Reiche entstanden und zerfielen. Die Ausweitung von (Handels-)Beziehungen thematisiert er ebenso wie das Verhältnis zwischen ortsfesten Bauern und mobilen Kämpfern sowie deren Umwelt. Barry Cunliffe zeigt ein großes Panorama unserer Wurzeln und unseres Kontinents und legt damit ein Grundverständnis für unsere heutige Welt.
Autorenporträt
Sir Barry Cunliffe war von 1972 bis 2007 Professor für europäische Archäologie an der Universität Oxford. Zudem war er Präsident des Council for British Archaeology. 2006 wurde er zum Ritter geschlagen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2017

Suche die Spuren der spitzmützigen Saken

Barry Cunliffe erzählt die Geschichte des eurasischen Kontinents von den ersten Bauern bis zum Mittelalter als Dialog und Duell zwischen Steppe und Stadt.

Von der ungarischen Pußta bis zur mandschurischen Pazifikküste erstreckt sich der eurasische Steppengürtel - ein siebentausend Kilometer langes Band aus Wiesen und Weiden, das nur durch die Karpaten, die südlichen Ausläufer des Urals und die Gipfel des Altaigebirges unterbrochen wird. Ohne diesen klimatischen Korridor und seine Bewohner, die durch Raub und Handel Kontakte zwischen den Hochkulturen Ostasiens, des Mittelmeers und des Indischen Ozeans herstellten, wäre die europäisch-asiatische Landmasse nicht zu der Wiege der Zivilisation geworden, die sie war. Das ist die These, die der britische Autor Barry Cunliffe in seinem Buch über die Geschichte Eurasiens von den ersten Viehzüchtern bis ins Hochmittelalter aufstellt.

Oder besser: Das wäre Cunliffes These, wenn er die Gelegenheit nutzen würde, sie klar und bündig zu formulieren. Aber Cunliffe, dessen Buch im Original etwas nüchterner "By Steppe, Desert and Ocean: The Birth of Eurasia" heißt, hat sich so gründlich durch die Fachliteratur gegraben, dass ihm offenbar unterwegs die Lust an Generalisierungen vergangen ist. Dabei wäre eine thesenhafte Zuspitzung das i-Tüpfelchen gewesen, das aus einer verdienstvollen Studie einen Meilenstein der Geschichtswissenschaft gemacht hätte.

Über Geschichte im Großen und Ganzen ist in jüngster Zeit viel geschrieben worden. Vor zwei Jahren erschien "Die Kinder des Prometheus", Hermann Parzingers Darstellung der Entwicklung der Menschheit vor der Erfindung der Schrift, und im letzten Herbst kam die historische Tour de Force des Briten Peter Frankopan über die "Silk Roads", die Seidenstraßen des Kontinents, als "Licht aus dem Osten" in die deutschen Buchläden (F.A.Z. vom 15. Oktober 2016). Cunliffe, könnte man sagen, schmiedet nun das Missing Link zwischen den beiden Welterklärern. Er zeigt, wie der Aufstieg von Bauerndörfern zu Metropolen einerseits und die allmähliche Machtverschiebung von Osten nach Westen andererseits durch den Handel auf den Steppenrouten befördert, ja in vielen Fällen erst ermöglicht wurde.

Die Grenzen seiner Darstellung werden schon im ersten Kapitel deutlich. Es sei "durchaus nicht abwegig anzunehmen", schreibt Cunliffe da, "dass die Menschen der Steppe durch ihre Landschaft emotional bestimmt waren". Einige Absätze weiter heißt es, man dürfe "ohne Übertreibung" behaupten, "die Partnerschaft von Mensch und Pferd" habe "die Menschen mächtiger gemacht". Da verschlägt die Angst vor der eigenen kulturwissenschaftlichen Courage dem renommierten Archäologen und Historiker - Cunliffe hat vor allem über das keltische und römische Britannien publiziert - die Stimme. Die Domestikation des Pferdes war ein entscheidender Schritt in der Menschheitsgeschichte, und wer in der Weite geboren wird, neigt dazu, weiträumig zu denken wie Attila und Dschingis Khan. Aber man soll ja nicht übertreiben.

Cunliffe hat sein historisches Panorama in zehn Hauptkapitel unterteilt, von denen das erste fünftausend Jahre, das letzte dagegen nur noch eineinhalb Jahrhunderte überspannt. Das entspricht dem Zeitgefühl der Gegenwart seit der industriellen Revolution: Geschichte beschleunigt und verdichtet sich. Aber es wäre interessant gewesen, über den Zeitbegriff von Menschen nachzudenken, die eine Existenzspanne von dreißig oder vierzig Jahren hatten und auf dem Pferderücken lebten und starben. Die Schnelligkeit, mit der sich Skythen, Hunnen, Awaren und Mongolen durch die offene Landschaft bewegten, hat ihre Mitwelt in Schrecken versetzt. Womöglich sind im Zusammenprall von Stadt und Steppe auch zwei verschiedene Empfindungen von Zeit aufeinandergestoßen. Bei Cunliffe, der sich ans archäologisch Belegbare hält, darf man Reflexionen dieser Art nicht erwarten. Lieber spekuliert er über die Gleichzeitigkeit des Niedergangs im China der späten Han-Dynastie, im verfallenden Partherreich und im kriselnden Rom der Soldatenkaiser. An solchen Vergleichen hat sich schon Spengler verhoben, und sein britischer Nachfahre macht dabei keine bessere Figur.

Im dritten vorchristlichen Jahrtausend gelangte der Getreideanbau über den Steppenkorridor und den Oasen-Ring um die Wüste Taklamakan bis nach China. Schon vorher waren viele Wildbeuterstämme in den asiatischen Weiten durch den Kontakt mit Bauerngesellschaften zu Tierzüchtern geworden. Nun begannen sie mit der Zähmung und Züchtung von Pferden. Der Vektor der historischen Mobilität kehrte sich um: Nicht mehr die Steppe empfing jetzt die Segnungen der Zivilisation, sondern die Hochkulturen wurden zu Handelspartnern und Beuteobjekten der Steppenvölker. Die ersten Streitwagen wurden in Gräbern der Sintashta-Kultur gefunden, die um 2100 vor Christus im südlichen Ural entstand. Fünfhundert Jahre später überrannten die Hyksos mit Streitwagen Oberägypten, hethitische Schwadronen preschten durch Babylon, und im Industal erlag die Harappa-Zivilisation dem Ansturm arischer Einwanderer. Für die Opfer in ihren Lehmziegelstädten muss es sich angefühlt haben wie der Kampf der Indianer gegen die Dampfeisenbahn. Bei Cunliffe liest sich die Katastrophe wie ein Betriebsunfall im Warenverkehr. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Handel war die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Die Sklavenströme, von denen Cunliffes Geschichte wenig weiß, zeigen es an.

Klimatische Einflüsse spielen eine wichtige Rolle im ewigen Duell von Steppe und Stadt. Wenn sich der Horizont des materiellen Überlebens verengt, schlägt die Stunde der Räuber. Andererseits lassen sich viele historisch folgenreiche Raubzüge wie der Hunnen, Kuschana und Mongolen gerade nicht auf Klimaveränderungen zurückführen. Hier wurde eine Chance genutzt, die nicht durch natürliche, sondern durch politische Verhältnisse vorgegeben war. Von diesen aber, dem Rückgrat der Ereignisgeschichte, hat Cunliffe nur Oberflächlichkeiten zu berichten. Rom und Byzanz hakt er in ein paar Sätzen ab, und den Sturz des Omaijadenkalifats erklärt er damit, dass es auch anderswo eine unruhige Zeit gewesen sei. Je weiter sich sein Buch aus dem Bereich der klassischen Archäologie entfernt, desto mehr geht ihm die Luft aus. Die Pest von 1348, konstatiert das Schlusskapitel, habe Europa zurückgeworfen und "eine Phase des Nachdenkens" ausgelöst. Dass die Pest im Gegenteil die technologische Entwicklung beschleunigte, dass die italienischen Seestädte, die Hanse, die flandrische Tuchindustrie, der Humanismus und das Kreditwesen blühten, während die Pestwellen weitergingen, passt nicht in Cunliffes Konzept und kommt deshalb nicht vor.

Diese mit Karten und Fotos reichlich versehene "Geburt und Geschichte Eurasiens" ist eine inspirierende Lektüre, solange man von ihr keine große historische Erzählung erwartet - also genau das, was der deutsche Buchtitel fälschlicherweise verspricht. Wer aber wissen will, wann die Hephthaliten an den Ganges kamen und wie die spitzmützigen Saken ihre Könige begruben, der ist mit Barry Cunliffes Buch gut bedient. Und wer nach Weltweisheiten aus dem Wörterbuch der Gemeinplätze sucht, wird hier ebenfalls fündig: "Das gesellige Wesen der menschlichen Spezies und ihre Vorliebe für die Fortpflanzung hatten unvermeidbar ein Wachstum der Bevölkerung und die Entstehung größerer sozialer Gruppen zur Folge." Wenn das kein Motto für die nächste Sonntagspredigt ist.

ANDREAS KILB

Barry Cunliffe: "10 000 Jahre". Geburt und Geschichte Eurasiens.

Aus dem Englischen von Gina Beitscher. Theiss Verlag, Darmstadt 2016. 598 S., Abb., geb., 49,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein wunderbares Buch. Ich kann es nur wärmstens empfehlen.« Hermann Parzinger »Um Eurasiens Geschichte und Entwicklung zu verstehen, braucht es Bücher wie dieses.« G/Geschichte »Einer der bedeutendsten Archäologen unserer Zeit.« Ronald Hutton, HISTORY TODAY »Cunliffe ist ein meisterhafter Erzähler, der seine sorgsam recherchierten Ergebnisse in geschliffener Sprache präsentiert und dessen Formulierungen sein Buch trotz seines Tiefsinns und des großen Umfangs zu einem Lesevergnügen machen.« Publishers Weekly »Indem er den Aufstieg der eurasischen Zivilisation nachvollzieht, macht Cunliffe deutlich, dass Geschichte weitaus mehr ist als nur eine Abfolge von Ereignissen. Wenn sich im Verlaufe des Buches Migrationen und Eroberungen häufen, wird augenfällig, dass eine schwindelerregende Vielzahl von Kräften zusammengewirkt hat, um die moderne Welt hervorzubringen.« Science News »This is one of the most important, thought-provoking and downright interesting archaeology books youare likely to read all year.« Dr. David Miller, Ancient History Magazine »Big history« Barry Cunliffe über sein neues Buch (https://www.youtube.com/watch?v=tInkO4yO4UM) »Diese Geschichte Eurasiens ist ein Geschichtsbuch wie man es sich wünscht.« Amerindian Research »...ein voluminöses, anregendes Werk...« Stuttgarter Zeitung »Kenntnisreich verleiht Cunliffe dem alten Großraum, der auf der einen Seite Europa und auf der anderen Seite Asien bildet, ein junges Gesicht.« bild der wissenschaft