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Die Verbindung zwischen Chirurgie und Kunst ist so alt wie die menschliche Neugier. Das Studium der menschlichen Anatomie und ihre Abbildung sind untrennbar miteinander verbunden. Auf dem heutigen technischen Stand offenbaren sich neue Möglichkeiten der Visualisierung. Den Chirurgen am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt a. M. sind technisch und ästhetisch anspruchsvolle Aufnahmen gelungen, die tiefe Einblicke in die Schönheit der anatomischen Morphologie des menschlichen Körpers ermöglichen. Das sich anschließende Kunstprojekt "Art of Surgery" ist interdisziplinär angelegt: Die Fotografien…mehr

Produktbeschreibung
Die Verbindung zwischen Chirurgie und Kunst ist so alt wie die menschliche Neugier. Das Studium der menschlichen Anatomie und ihre Abbildung sind untrennbar miteinander verbunden. Auf dem heutigen technischen Stand offenbaren sich neue Möglichkeiten der Visualisierung. Den Chirurgen am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt a. M. sind technisch und ästhetisch anspruchsvolle Aufnahmen gelungen, die tiefe Einblicke in die Schönheit der anatomischen Morphologie des menschlichen Körpers ermöglichen. Das sich anschließende Kunstprojekt "Art of Surgery" ist interdisziplinär angelegt: Die Fotografien inspirieren zur künstlerischen Weiterentwicklung in verschiedenen Gestaltungstechniken, die von der Malerei, digitaler Bildbearbeitung, grafischer Modifikation bis hin zu Graffiti und Collage-Techniken reichen.
Autorenporträt
Prof. Dr. med. Thomas W. Kraus leitet das Projekt "Art of Surgery" und ist ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und minimalinvasive Chirurgie am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2019

Verletzen, um zu heilen

Chirurgen am Nordwest-Krankenhaus haben aus intraoperativen Fotos einen Bildband gemacht, in dem sie den Leser auf eine Reise in das Innere des Körpers einladen.

Von Lucia Schmidt

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie genau eigentlich Ihr Blinddarm aussehen mag? Oder welche Größe die Öffnung im Körper hat, die Brust und Bauchhöhle miteinander verbindet? Vermutlich eher weniger. Wenn es um unseren Körper geht, dann sind wir meist auf Äußerlichkeiten und Funktionalität aus. Was hinter der Fassade, unter der Haut, los ist, interessiert uns oft erst, wenn irgendetwas dort nicht mehr richtig funktioniert. Und selbst dann wollen trotzdem viele nicht wirklich wissen, wie ihr Darm oder ihre Leber sich im Detail präsentieren - zu blutig, zu grauslich, zu mystisch. Und das, obwohl das Innere natürlich genauso zu uns gehört wie Haare, Wimpern und Lippen.

Professor Thomas Kraus kann eine solche zurückhaltende Einstellung dem eigenen Organismus gegenüber nicht nachvollziehen - schon von Berufs wegen. Kraus ist Chirurg und Chefarzt der Klinik für Allgemeinchirurgie am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt. Seine Aufgabe bringt es mit sich, dass er im wahrsten Sinne des Wortes Einblicke bekommt, die den meisten anderen Menschen verwehrt bleiben. "Und obwohl es mein täglicher Job ist, bin ich immer noch davon fasziniert, wie schön, wie klar, wie strukturiert und wie ähnlich das Innere des Menschen der Farb- und Formensprache unserer externen Natur ist", sagt er.

Um andere an dieser Faszination teilhaben zu lassen, hat Kraus nun gemeinsam mit Kollegen einen Bildband veröffentlicht. Der Titel lautet: "Mit den Augen des Chirurgen", und das Buch zeigt genau das, was viele noch nie gesehen haben: den Blinddarm, den Dünndarm, Gallensteine, Blutgefäße und vieles mehr - alles am lebenden Menschen. Die ästhetischen Fotografien sind während Operationen entstanden, selbstverständlich mit Zustimmung und einer nachträglichen Anonymisierung der Patienten. Kraus hat einen großen Teil der Fotos selbst gemacht.

Ursprünglich, vor vielen Jahren, als Kraus noch an der Uniklinik in Heidelberg tätig war, hat er mit dem Fotografieren im Operationssaal begonnen, um die Bilder für Gespräche mit und die Aufklärung von Patienten zu verwenden. "Bilder sagen nämlich manchmal mehr als viele Worte. Wenn man beispielsweise einem Patienten Verklebungen im Bauchraum zeigen konnte und wie diese jetzt entfernt wurden, hat er ein ganz anderes Verständnis für sein Leid und die Behandlung." Außerdem nutzte Kraus die Fotos, um jüngeren Kollegen bestimmte Operationstechniken zu erläutern. Über die Jahrzehnte hat der Chirurg auf diese Weise rund 10 000 Fotos gesammelt und sich irgendwann gedacht: Mit diesen Aufnahmen könnte man viel mehr Menschen die Faszination des menschlichen Körpers präsentieren. So entstand der Bildband. Darin zu finden auch Fotos, die davon erzählen, wie Chirurgen im Operationssaal arbeiten, dem Ort, dem Patienten eher mit Ungewissheit und Unwohlsein entgegenblicken, von dem Kraus sagt: "Das englische Wort ,Operating Theater' ist sehr passend für die Arbeit im OP." Es charakterisiere gut die mit dem chirurgischen Eingriff verbundenen Emotionen, die technische Kunst, die dahinterstecke, die Dramaturgie einer OP und die verschiedenen Rollenverteilungen dabei, wo jeder Griff, jeder Akt sitzen müsse, damit dem anvertrauten Patienten bestmöglich geholfen werde.

Ein solcher Bildband kann also vielleicht nicht nur dazu beitragen, dass man sich selbst und sein Inneres besser kennenlernt, so manches Leid besser versteht, sondern er kann im besten Fall auch zu mehr Verständnis zwischen Patient und Arzt führen. Den Blick des Patienten dafür schärfen, was es heißt, verletzen zu müssen, um zu heilen. Dabei muss man als Laie ja nicht sofort im Mesenterium, dem Gewebe, an dem der Darm befestigt ist, Ähnlichkeiten mit der Sonnenblume sehen, in den verästelten Blutgefäßen eine Flusslandschaft oder in Gallensteinen bunte Kieselsteine - so wie es Kraus tut, wenn er die Bilder zeigt. Aber eine Hochachtung vor der ausgeklügelten Morphologie des menschlichen Körpers und ein Verständnis für seine Funktion, die bekommt man sicherlich.

"Mit den Augen des Chirurgen - Art of Surgery", Thomas Kraus und Davorin Wagner; Edition Braus, Berlin 2019. 220 Seiten, 34 Euro.

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