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In dieser kleinen Stadt an der Ägäis, mit kaum 40 000 Bürgern - Bauern, Handwerker, Händler und Fischer -, begann das Abenteuer Europas. Ein ganz neuer Anfang wurde gemacht, in Kunst, Philosophie, Dichtung und Architektur, in Mentalität und Politik; vor allem entstand, was Europa ausmacht: die Demokratie.

Produktbeschreibung
In dieser kleinen Stadt an der Ägäis, mit kaum 40 000 Bürgern - Bauern, Handwerker, Händler und Fischer -, begann das Abenteuer Europas. Ein ganz neuer Anfang wurde gemacht, in Kunst, Philosophie, Dichtung und Architektur, in Mentalität und Politik; vor allem entstand, was Europa ausmacht: die Demokratie.

Autorenporträt
Meier, Christian
Christian Meier, geboren 1929 in Stolp/Pommern, ist emeritierter Professor für Alte Geschichte und einer der herausragenden Historiker Deutschlands. Von 1980 bis 1988 war er Vorsitzender des Verbands der Historiker Deutschlands, von 1996 bis 2002 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Für seine wissenschaftliche Arbeit wurde er mit hohen und höchsten Auszeichnungen geehrt; auch erhielt er 2003 den Jakob-Grimm-Preis für deutsche Sprache. Er hat zahlreiche Werke zur Antike veröffentlicht, darunter "Caesar" (1982), und "Athen" (1993). Darüber hinaus greifen Publikationen wie "Das Verschwinden der Gegenwart. Über Geschichte und Politik" (2001) sowie "Von Athen bis Auschwitz" (2002).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002

Historiker als Bikini-Verkäufer am FKK-Strand?
Irgendwo zwischen Athen und Auschwitz: Christian Meier stellt eine gute Frage und bleibt die Antwort schuldig / Von Götz Aly

Hinter dem anspruchsvollen Titel "Von Athen bis Auschwitz" findet sich ein Sammelband, der 2500 Jahre in punktuellen "Betrachtungen" durchschreitet. Sie handeln von Europas Aufbruch in die Neuzeit um 1500, von der attischen und der römischen Kultur, von der Befindlichkeit des Historikers unter besonderer Berücksichtigung der "Verantwortung des Zeitgenossen" und von Auschwitz. Man entnimmt dem Büchlein in einer der hinteren Fußnoten Weisheiten wie diese: "Nach Aga Kahn ist der Tourismus von allen Ismen der verheerendste. Das ist wörtlich genommen völlig falsch - und trotzdem, einige Ismen abgerechnet, ist es so falsch?" In der Einleitung findet man die Klage, wie sehr sich der heutige Mensch in einer merkwürdigen Mischlage aus Schieben und Geschobenwerden, aus Beteiligung und Ohnmacht befinde - "wir machen mit, kaufen, legen Geld an, verschmutzen und erwärmen die Luft, verschandeln unsere Städte, lassen unsere Demokratie schluren, versäumen, uns um unsere Kinder recht zu kümmern etc."

Mag sein, doch dem Thema kommt man auf diese Weise nicht näher. Immerhin behauptet der Autor einen "großen historischen Bogen", der sich zwischen Athen und Auschwitz "spannt". Er versteht das nicht in einem deterministischen Sinn. Vielmehr sagt er, und dafür spricht manches, "das Ereignis Auschwitz könnte ,rückwirkende Kraft' auch in einem anderen Verständnis europäischer Geschichte seit der Antike entfalten". Meier interpretiert die Entwicklung als "europäischen Sonderweg", der sich in seiner unvergleichlichen entwicklungsgeschichtlichen Beschleunigung von der Beharrung anderer Hochkulturen unterschied - markiert durch die Entdeckung von Freiheit, Individualität, Wissenschaft, Naturbeherrschung und Kapitalismus. In mehreren Schritten riß dieses Europa die anderen Teile der Welt aus ihrem vergleichsweise trägen Lauf, um sie mit kriegerisch-kolonialen oder missionarischen, handelskapitalistischen oder kommunistisch-revolutionären Mitteln in den Wirbel der eigenen Hochgeschwindigkeit hineinzuziehen. Die Deutung folgt Max Weber und gelegentlich Reinhart Koselleck.

So gesehen könnten die, von der Völkerwanderung nur kurz unterbrochene Selbstmodernisierung Europas und die damit verbundene ständige Bürokratisierung und Rationalisierung eine "wesentliche Voraussetzung für den deutschen Massenmord an den Juden" bilden, meint Meier: Gesteigert hatten sich damit die "Möglichkeiten im Guten wie im Bösen". Der Autor zählt gewiß zu den Geschichtsoptimisten, und deshalb geht er davon aus, ein besonders schweres Verbrechen müsse eine besonders weitreichende und - im Sinne einer negativen Demonstration - lehrreiche Vorgeschichte offenbaren. Auch wer das für fragwürdig hält, kann sich dennoch mit Gewinn auf diesen Versuch einlassen, die Ermordung der europäischen Juden als einen der Fluchtpunkte europäischer Geschichte zu begreifen. Die Leistung des Buches besteht insoweit darin, die Suche nach den möglichen Voraussetzungen des Holocaust nicht mehr automatisch auf bestimmte angebliche oder tatsächliche Besonderheiten der deutschen Nationalgeschichte einzugrenzen. Schon damit ist der gängigsten Form von Erkenntnisvermeidung ein Ende gesetzt.

Wenn aber im Titel der Bogen von Athen bis Auschwitz geschlagen wird, und zwar von Christian Meier, dann darf der Leser eine Auseinandersetzung mit dem erwarten, was sich für diesen Autor mit Athen verbindet: Es ist die attische Demokratie des 5. vorchristlichen Jahrhunderts - die Entstehung des Politischen, die Entwicklung der Grundbegriffe von Öffentlichkeit, Verfassung, bürgerlicher Autonomie und Aufklärung. Daran aber schlösse sich sofort die Frage an, welche Elemente dieses geistesgeschichtlichen Urknalls zweieinhalbtausend Jahre danach für den Massenmord an sechs Millionen Menschen konstitutiv gewesen sein könnten. Eine solche Frage muß nicht beantwortet, aber sie müßte erörtert werden. Mit einem Sophokles-Zitat ("Vieles Ungeheure ist und nichts so ungeheuer wie der Mensch") ist es nicht getan. Bevor der Autor solche Fragen auch nur auf fünf zusammenhängenden Seiten ausbreiten, diskutieren, verwerfen oder weiterentwickeln würde, versackt er immer wieder im mal gelehrten, mal betulichen Irgendwo. "Man lernt ja auch von den Jüngeren", heißt es milde, gefolgt von der etwas strengeren Feststellung, langsam werde "der Homo sapiens vom Homo telephonans übernommen". Wenn das so weitergeht, droht nach Christian Meier eine vollständige geistige Entblößung mit der möglichen Folge, daß der Historiker als "Bikini-Verkäufer am FKK-Strand" endet. Womit vielleicht die Frage nach der Verantwortung des Zeitgenossen Meier geklärt wäre, nicht aber die nach der rückwirkenden Kraft von Auschwitz.

Christian Meier: "Von Athen nach Auschwitz". Betrachtungen zur Lage der Geschichte, vornehmlich anhand des europäischen Sonderwegs. C.H.Beck Verlag, München 2002. 234 S., geb., 22,90 .

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"Mit einem Wort: Ein meisterhaftes Stück Literatur."
Süddeutsche Zeitung

"Zu ihrer Zeit haben Burckhardt und Nietzsche versucht, eine Quersumme der griechischen Kultur zu ziehen - ohne rechten Erfolg. Christian Meier zeigt, dass die politische und kulturelle Geschichte nicht genügen, dass Athen auch eine Kultur der so genannten kleinen Leute war, der Bauern, Handwerker, Matrosen, Fischer und Händler. In den Volksversammlungen spielten sie eine entscheidende, oft verhängnisvolle Rolle. So erklären sich manche Verbrechen und Verblendungen. Das Volk von Athen war besonders intelligent, kühn und tapfer, aber auch unbedacht und hochmütig. Schließlich sah es nicht mehr die Grenzen seiner Möglichkeiten. Der Staat ging schmählich unter."
Deutsche Welle

"Am Ende steht der Leser vor einem geschlossenen Bild einer großen politischen Revolution. Es ist mit hoher Kunstfertigkeit, mit Verstand und Herz gezeichnet."
Werner Dahlheim, Neuen Zürcher Zeitung
»Ein Standard-Werk der Spitzenklasse.« Schweizerzeit (CH)