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Das Universalienproblem - die Frage nach der Erkenntnis der Natur des Allgemeinen -, das seit der griechischen Antike zu den zentralen Problemen philosophischen Denkens zählt, besitzt für die Gegenwart nicht nur philosophischen Wert, sondern liegt zugleich vielfach wichtigen Streitpunkten in verschiedenen Wissenschaften zugrunde. Wöhler legt eine Auswahl der wichtigsten Primärquellen, ausgehend von der berühmten "Isagoge" des Porphyrios und deren Kommentierung durch Boethius bis zu Anselm von Canterbury und Johannes von Salisbury vor, wobei er die arabische Tradition (Avicenna, Averroes) mit…mehr

Produktbeschreibung
Das Universalienproblem - die Frage nach der Erkenntnis der Natur des Allgemeinen -, das seit der griechischen Antike zu den zentralen Problemen philosophischen Denkens zählt, besitzt für die Gegenwart nicht nur philosophischen Wert, sondern liegt zugleich vielfach wichtigen Streitpunkten in verschiedenen Wissenschaften zugrunde. Wöhler legt eine Auswahl der wichtigsten Primärquellen, ausgehend von der berühmten "Isagoge" des Porphyrios und deren Kommentierung durch Boethius bis zu Anselm von Canterbury und Johannes von Salisbury vor, wobei er die arabische Tradition (Avicenna, Averroes) mit einbezieht. Erstmals werden in dieser Breite dem deutschen Leser Texte mit dem Ziel zur Verfügung gestellt, die wesentlichen Entwicklungslinien des Streits um die Universalien mitvollziehen zu können.

In seinem umfangreichen Nachwort gibt Wöhler über die Texterläuterungen hinaus einen Überblick über die Geschichte des Universalienstreits und seinen Verlauf bis zur Frühscholastik.Ergänzt wird der Band durch ein deutsch-lateinisches Glossar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.1995

Traktate mit Brandspuren vom Scheiterhaufen
Hans-Ulrich Wöhler bietet neue Texte zum Universalienstreit im hohen und späten Mittelalter

Im Jahr 1992 veröffentlichte Hans-Ulrich Wöhler einen ersten stattlichen Dokumentationsband über den Universalienstreit der Scholastik (siehe F.A.Z. vom 16. Juni 1993). Die zwanzig Texte, die er in deutscher Übertragung bot, erstreckten sich über ein Jahrtausend, von Porphyrius und Boethius bis zu Abälard und Averroes, und sie stellten die Grundlegung und den Ausbruch des Streites im 11. bis 12. Jahrhundert dar. Es handelte sich um ein Buch mit schwierigen, aber wichtigen Texten.

Wer nun unter der gelehrten Führung des Dresdner Mediävisten bereits den ersten Teil des langen philosophischen Marsches zurückgelegt hat, der unter dem Leitstern der Universalienfrage durch die Jahrhunderte des Mittelalters bis zur Schwelle der Moderne führen soll, der möge jetzt seine Kräfte für eine zweite, lange Etappe sammeln. Ein zweiter Band ist da, mit zwölf weiteren Texten aus der goldenen Zeit der Scholastik.

Wöhler bietet diesmal nicht nur Schriften berühmter Autoren, sondern auch Stellungnahmen weitgehend unbekannter Philosophen aus dem Spätmittelalter, deren Bedeutung oft erst durch die neueste Forschung herausgestellt worden ist. Neben Klassikern wie Thomas von Aquins "Über das Seiende und das Wesen", Alberts des Großen "Über die fünf Universalien" und wichtigen Abschnitten aus den Vorlesungen von Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham stehen Übersetzungen von Traktaten und Quästionen über die Universalien von Walter Burley, Gregor von Rimini, Heinrich Totting, Gabriel Biel und Johannes Gerson.

Eine Quaestio aus dem Kommentar zur aristotelischen Ethik des Johannes Buridan, die auch im Originaltext veröffentlicht wird, dokumentiert die Breite der Wirkung des Universalienstreits bis hin in das Gebiet der Moralphilosophie. Siger von Brabants kleine revolutionäre Schrift "Über die Ewigkeit der Welt" - hier zum ersten Mal ins Deutsche übertragen - ist ein philosophisches Juwel, das auch Lesern zu empfehlen ist, die den unzähligen Argumenten und Gegenargumenten für und wider den Universalienrealismus und -nominalismus nicht mit unbedingt brennendem Interesse entgegensehen.

In der Tat haftet heute dem Universalienproblem der Schimmelgeruch eines für immer vergangenen philosophischen Zeitalters an. In seinem informativen "Nachwort" zum Band vermag Wöhler allerdings zu zeigen, wie brisant jene alten Texte sind und daß sich unter dem Schimmel, der sie überdeckt, noch die Spuren des Rußes der spätmittelalterlichen Scheiterhaufen entdecken lassen.

In einem der hier übersetzten Traktate schloß Johannes Gerson seine Ausführungen gegen den Universalienrealisten mit einer Warnung: "Die Behauptung des Daseins von solchen real-gegenständlichen Universalien ist in jüngster Zeit durch das heilige Konstanzer Konzil in der Stellungnahme gegen die den Flammentod gestorbenen Prager Hus und Hieronymus verurteilt worden. Und ein Ohren- und Augenzeuge berichtet über diese . . ." Diese eindeutige Botschaft vertraute Gerson 1426 dem zweiten Teil seiner "Übereinstimmung der Metaphysik mit der Logik" an, indem er sich auf den Traktat "Über die Universalien" von John Wyclif bezog. Auch Wyclifs Text findet man in Wöhlers Buch, und dies, wie immer, in einer zuverlässigen Übersetzung und in vollständigem Wortlaut.

Der erste Band dieser Sammlung von Dokumenten zum Universalienstreit im Mittelalter war informativ, enthielt jedoch nur sehr bekannte Texte. Die Auswahl des zweiten Bandes ist neu und mutig. Sie wirft Licht auf das allgemeine Verständnis der Universalienfrage und stellt zugleich einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zur Geschichte des philosophischen Denkens im Spätmittelalter dar. LORIS STURLESE

"Texte zum Universalienstreit". Band 2. Hoch- und spätmittelalterliche Scholastik. Lateinische Texte des 13. bis

15. Jahrhunderts. Übersetzt und herausgegeben von Hans-Ulrich Wöhler. Akademie-Verlag, Berlin 1994. IX, 336 S., geb., 84,- DM.

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