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Ein Fuchs im Stadtgarten! Fuchsspuren auf dem Sportplatz! Auf den ersten Blick sind wir sehr verwundert, vielleicht sogar beunruhigt, doch an die Nähe des Rotfuchses müssen wir uns wohl gewöhnen. Die Population des Rotfuchses (Vulpes vulpes) hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen - und vor allem hat der Fuchs den Lebensraum Stadt für sich entdeckt. Damit stellt sich die Frage des Zusammenlebens von Fuchs und Mensch auf eine ganz neue Weise.Vor zehn Jahren begann ein Forschungsprojekt in Zürich, sich mit allen möglichen Themen rund um die zunehmenden Fuchsbestände zu beschäftigen, und…mehr

Produktbeschreibung
Ein Fuchs im Stadtgarten! Fuchsspuren auf dem Sportplatz! Auf den ersten Blick sind wir sehr verwundert, vielleicht sogar beunruhigt, doch an die Nähe des Rotfuchses müssen wir uns wohl gewöhnen. Die Population des Rotfuchses (Vulpes vulpes) hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen - und vor allem hat der Fuchs den Lebensraum Stadt für sich entdeckt. Damit stellt sich die Frage des Zusammenlebens von Fuchs und Mensch auf eine ganz neue Weise.Vor zehn Jahren begann ein Forschungsprojekt in Zürich, sich mit allen möglichen Themen rund um die zunehmenden Fuchsbestände zu beschäftigen, und nahm insbesondere die Stadtfüchse unter die Lupe. Wo leben die Füchse in der Stadt? Wie ernähren sie sich? Wie ziehen sie ihre Jungtiere auf? Bedeuten Füchse auf Spielplätzen und in Gärten eine Gefährdung für Menschen und Haustiere? Dieses reich bebilderte Buch stellt den Nachbarn Fuchs umfassend dar und beantwortet alle Fragen, die sich durch das nahe Zusammenleben stellen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2006

Kommt der Fuchs nach Zürich, gründet er einen Sozialverband
Wie macht man dem Städter seine eigene Landschaft sichtbar? Lucius Burckhardt und seine „Spaziergangswissenschaft”
Das Verhältnis von Stadt und Land hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Die aus der Stadt aufs Land wandernden Leute finden ästhetisch verarmte Gegenden vor, in denen eine intensivierte Landwirtschaft Spuren der Verödung hinterlassen hat. Das betrifft die Artenvielfalt von Schmetterlingen, Wildkräutern, Vögeln und Blumen wie auch die Struktur der Landschaft selbst. Der wütende Kampf, den der Städter Stefan Aust im Spiegel gegen die Windkraftspargelaggregate führen ließ, ist da nur ein Beispiel. Gleichzeitig steht den heutigen Städtebewohnern so viel Grünfläche in den Städten zur Verfügung wie keiner Generation je zuvor. Und es gab nie mehr Pflanzen- und Tierarten in den Städten als heute. Trotzdem sind es die Stadtbewohner, die sich über mangelndes Grün in den Städten beklagen und den Bauern auf dem Land vorwerfen, dass sie nicht schön und ökologisch den Acker bestellen.
Wer sich die Dramatik des Wandels zwischen Stadt und Land in seiner historischen Dimension vor Augen führen will, muss sich nur Friedrich Schillers Gedicht „Der Spaziergang” vornehmen. Darin heißt: „Glückliches Volk der Gefilde! Noch nicht zur Freiheit erwachet . . .” Der aus der Freiheit der Stadt aufs Land gehende Schiller findet die Bauern im Glück, weil sie noch draußen auf dem Felde unberührt von der Freiheit arbeiten. Freiheit, heißt das, gibt es nur im Dasein über der gebändigten Natur, nicht im täglichen Ringen mit ihr auf dem Feld.
Schillers Gedicht wird an zwei zentralen Stellen der bundesrepublikanischen Philosophie zur Referenz in der Auseinandersetzung mit der Landschaft. Ernst Bloch dient es in seiner Tübinger Einführung in die Philosophie 1963 als Zeugnis für die Verwandtschaft der „Wanderung” mit dem „Geschichtlichen sowohl in der rückwärts erblickten wie vor allem nach vorwärts mitgemachten Abfolge und Reihe”. Blochs Wanderer schaut aus der Stadt auf dem Land vorbei und findet dort die für ihn schon vergangene Welt eines ursprünglicheren Lebens in den Rhythmus der Ernten und des Tagwerks eingelassen. Dem davon schon entfernten Städter bleibt das Land allerdings auch bei Bloch im ästhetischen Genuss fremd.
Im selben Jahr veröffentlicht der Philosoph Joachim Ritter mit „Landschaft. Zur Funktion des Ästhetischen in der modernen Gesellschaft” nicht eine historische und begriffliche Grundlegung zum Begriff der Landschaft. Landschaft sieht man erst dann, wenn man nicht mehr in ihr arbeitet. Die Erschließung der Alpen als Landschaft erfolgt nicht durch Bergbauern und -arbeiter, sondern durch englische und andere Müßiggänger, die einen Berg ohne landwirtschaftliche Interessen besteigen.
„Nicht in der Natur der Dinge, sondern in unserem Kopf ist die ‚Landschaft‘ zu suchen; sie ist ein Konstrukt, das einer Gesellschaft zur Wahrnehmung dient, die nicht mehr direkt vom Boden lebt”, fasst Lucius Burckhardt in seinem Buch „Warum ist Landschaft schön?” das Denken darüber zusammen. Das Buch versammelt die grundlegenden Aufsätze des 2003 verstorbenen Burckhardt zu der von ihm begründeten „Spaziergangswissenschaft”. Burckhardt war seit 1973 Professor für die Sozioökonomie urbaner Systeme in Kassel. Er hat das große Verdienst, bereits frühzeitig die „von selbst” vor sich gehenden Veränderungen in der Stadtlandschaft wahrgenommen zu haben.
Da Burckhardt auch Stadtplaner, Designer und Architekten ausbildete, hat er als einer der ersten auf die Chancen hingewiesen, die sich der Stadtplanung aus der „neuen Natur” der Stadt ergeben. Bereits 1982 sind im Rahmen der von ihm initiierten Aktion „Kassel – Ein botanischer Garten” auf Verkehrsinseln wachsende Pflanzen mit kleinen Steckschildern und lateinischen Bestimmungsnamen versehen worden wie sonst nur in botanischen Gärten. Poa annua L., das einjährige Rispengras, war da zum Beipiel zu lesen, und Burckhardt fügt die Frage an: Warum bedienen sich die Stadtgärtner bei der Begrünung anstatt hochgezüchteter Spezialpflanzen so selten der vorhandenen, vielfältigen und natürlichen Ressourcen?
Einer der wichtigsten Gründe liegt für Burckhardt darin, dass der Stadtbewohner die Natur der Stadt selbst nicht sieht. Er erwähnt das Beispiel einer der letzten Kolonien des Erbockkäfers nördlich der Alpen in Basel. Man muss dem Städter den Käfer auch deshalb zeigen, weil der die meiste Zeit unter der Erde wohnt. Die Aufgaben von Burckhardts Spaziergangswissenschaft sind die Sichtbarmachung der städtischen Natur und Landschaft und die theoretische Fundierung des neuen Verhältnisses von Stadt und Land. Dabei bedient sich die Spaziergangswissenschaft ebenso der historisch-kritischen Aufarbeitung des Landschaftsbegriffs wie der Befunde der aktuellen Empirie zum Beispiel in der Stadtökologie.
Und was die Stadtökologie zur Zeit zur Aufklärung städtischen Lebens beiträgt, davon handelt das Buch „Stadtfüchse. Ein Wildtier erobert den Siedlungsraum”. Der Bande dokumentiert die Ergebnisse eines 1995 begonnenen interdisziplinären Forschungsprojektes, das die zunehmende „wilde” Fuchspopulation in Zürich untersucht. Der reich und spektakulär bebilderte Band macht darin das Leben der Zürcher Füchse im besten Sinne sichtbar. So werden die Reviere einzelner Füchse mit ihren Überschneidungen auf den Stadtplan gezeichnet. Dies ermöglicht dem Leser nicht nur, fast physisch mit dem Fuchs durch die Stadt zu laufen, sondern zeigt auch, wie der Lebensraum Stadt das Verhalten der Füchse verändert. Die auf dem Land in großen Territorien lebenden Tiere rücken in der Stadt enger zusammen und bilden regelrechte Sozialverbände. Was die Wahrscheinlichkeit, beim Spazierengehen in Zürich einem Fuchs zu begegnen, im Vergleich zum Berner Land deutlich erhöht. Auch das Glück der Füchse würde Schiller heute nicht mehr im Gefilde finden.
Mit beiden Büchern zusammen sieht man in der Stadt die Landschaften klarer. Früher nannte man so etwas Aufklärung.
CORD RIECHELMANN
Lucius Burckhardt
Warum ist Landschaft schön?
Die Spaziergangswissenschaft. Martin Schmitz Verlag, Berlin 2006. 358 Seiten, 18,50 Euro.
Sandra Gloor, Fabio Bontandina,
Daniel Hegglin
Stadtfüchse
Ein Wildtier erobert den Siedlungsraum. 189 Seiten. Haupt Verlag, Bern 2006. 189 S., 23,50 Euro.
Hier sehen wir einen Spaziergänger, der sein Revier im Stadtplan eingezeichnet hat.
Foto: Haupt Verlag
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Angetan berichtet Cord Riechelmann über diesen Band von Sandra Gloor, Fabio Bontadina und Daniel Hegglin, der die Ergebnisse eines 1995 begonnenen Forschungsprojekts in Zürich über die zunehmenden Fuchsbestände in der Stadt dokumentiert. Er lobt die Bebilderung als "reich und spektakulär" und bescheinigt dem Band, das Leben der Stadtfüchse hervorragend sichtbar zu machen. Die Einzeichnung der Reviere einzelner Füchse etwa ermögliche dem Leser, gleichsam mit den Tieren durch die Stadt zu erkunden. Deutlich wird für Riechelmann auch, wie sich mit dem städtischen Lebensraum das Verhalten der Füchse verändert.

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