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"Be creative!" In der Gegenwartsgesellschaft haben sich die Anforderung und der Wunsch, kreativ zu sein und schöpferisch Neues hervorzubringen, in ungewöhnlichem Maße verbreitet. Was ehemals subkulturellen Künstlerzirkeln vorbehalten war, ist zu einem allgemeingültigen kulturellen Modell, ja zu einem Imperativ geworden. Andreas Reckwitz untersucht, wie im Laufe des 20. Jahrhunderts das Ideal der Kreativität forciert worden ist: in der Kunst der Avantgarde und Postmoderne, den "creative industries" und der Innovationsökonomie, in der Psychologie der Kreativität und des Selbstwachstums sowie in…mehr

Produktbeschreibung
"Be creative!" In der Gegenwartsgesellschaft haben sich die Anforderung und der Wunsch, kreativ zu sein und schöpferisch Neues hervorzubringen, in ungewöhnlichem Maße verbreitet. Was ehemals subkulturellen Künstlerzirkeln vorbehalten war, ist zu einem allgemeingültigen kulturellen Modell, ja zu einem Imperativ geworden. Andreas Reckwitz untersucht, wie im Laufe des 20. Jahrhunderts das Ideal der Kreativität forciert worden ist: in der Kunst der Avantgarde und Postmoderne, den "creative industries" und der Innovationsökonomie, in der Psychologie der Kreativität und des Selbstwachstums sowie in der medialen Darstellung des kreativen Stars und der Stadtplanung der "creative cities". Es zeigt sich, daß wir in Zeiten eines ebenso radikalen wie restriktiven Prozesses gesellschaftlicher Ästhetisierung leben.

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Autorenporträt
Andreas Reckwitz, geboren 1970, ist Professor für Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sein Buch Die Gesellschaft der Singularitäten wurde 2017 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet und stand 2018 auf der Shortlist des Sachbuchpreises der Leipziger Buchmesse. 2019 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Thomas Assheuer sieht allenthalben in den Buchhandlungen "gute Zeiten für Gesellschaftskritik" anbrechen, die Regale sind gefüllt mit Kritikern und Kritischem. Andreas Reckwitz' Studie "Die Erfindung der Kreativität" greift diesen Trend zweifach auf: zum einen ist sie selbst ein Stück Kritische Theorie in Bestform, erklärt der Rezensent, zum andern wird in der Studie auch die Vermarktung der Gesellschaftskritik thematisch. Reckwitz beschreibt die Entwicklung des ästhetischen Feldes bis zur gegenwärtigen Spätmoderne, indem er ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft verfolgt. Nachdem die kapitalismuskritischen Avantgarden die Kunst von Zwecken befreit hatten, war sie gewissermaßen frei dafür, von der Produktion aufgegriffen zu werden. Neben der Vermarktung der Kunst steht die Ästhetisierung der Ware. Statt 'höheren Zwecken' zu dienen, zielt die Kunst auf "Affekt-Effekte", die Werbung ist das Paradebeispiel. Neben der Vermarktung der Kunst steht die Ästhetisierung der Ware. Erfolgreiche Kreative sind zu Stars geworden, die demonstrieren, wie man sich als kreativer Selbstvermarkter über Wasser hält. "Man will kreativ sein - und man soll es sein", zitiert Assheuer den Autor.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2013

Fallende Künstlerwerte

Der Kapitalismus hat die Kreativität in den Alltag entlassen. Kreative Dissidenz ist jetzt erwünscht, solange es den Betriebsablauf nicht stört. Aber das Schöpferische wird auch eingefordert. Insofern sie der Kritik an der entfremdeten Arbeitswelt die Spitze nimmt, wirkt die universalisierte Kreativität stabilisierend. Das war nicht im Sinn der Künstler: Mit der Ausweitung des Kunstbegriffs und der Emphase des Neuen ebneten Avantgarde und Gegenkultur eher unfreiwillig den Weg. Andreas Reckwitz folgt in seiner luziden Monographie nicht der bekannten These, nach der die Künstlerwerte von der Managementtheorie absorbiert wurden und heute primär der Motivation ausgebeuteter Projektarbeiter dienen. Nach dem Motto: Du verdienst hier zwar nichts und bekommst auch keinen festen Vertrag, darfst aber als nonkonformistischer Kreativarbeiter gerade darauf noch stolz sein. Immun gegenüber jeder Zuspitzung, sieht Reckwitz das Kreativprinzip auf mehreren Wegen diffundieren: über die Psychologie, das mediale Starsystem, die Kreativwirtschaft und die Gegenkultur. Das Kreative verliert auf diesem Weg seine Radikalität. War die Kreativität des Künstlers noch gegen die standardisierte Arbeitswelt gerichtet, so steht sie heute in ihren Diensten: als ästhetische Motivationshilfe einer rationalen Moderne, die von keiner Utopie mehr vorangetrieben wird. Reckwitz hat gegen mehr Kreativität im Alltag nichts einzuwenden, ist aber auch sensibel für die Pervertierungen, die bei der Institutionalisierung des Ephemeren entstehen. Kreativität im Dauermodus führt zu Ermüdung und Überdehnung. Das Neue wäre da, einmal nicht kreativ zu sein. (Andreas Reckwitz: "Die Erfindung der Kreativität". Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 408 S., br., 16,- [Euro].)

thom

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»Reckwitz hat gegen mehr Kreativität im Alltag nichts einzuwenden, ist aber auch sensibel für die Pervertierungen, die bei der Institutionalisierung des Ephemeren entstehen. Kreativität im Dauermodus führt zu Ermüdung und Überdehnung. Das Neue wäre da, einmal nicht kreativ zu sein.«