Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
- Produktdetails
- Verlag: Ravensburger Verlag
- Seitenzahl: 224
- Altersempfehlung: ab 12 Jahre
- Erscheinungstermin: 01.05.2015
- Deutsch
- ISBN-13: 9783473476213
- Artikelnr.: 42441720
Eine Kinder-Oper spendete im Konzentrationslager Trost
KATHY KACER: Die Kinder aus Theresienstadt. Ravensburger Taschenbuch, Ravensburg 2003. 223 Seiten, 6,95 Euro.
„Clara’s War” – „Claras Krieg” heißt dieser Roman der kanadischen Autorin Kathy Kacer in der Originalausgabe: Prägnanter als der deutsche Titel nimmt er Bezug auf eine der Hauptpersonen dieser Geschichte, die in Theresienstadt spielt. Kathy Kacer ist Jüdin und hat sich in ihren Büchern für Jugendliche immer wieder mit dem Holocaust befasst. Hier beschreibt sie die Überlebensgeschichte von Clara und ihren Freunden. Es ist eine Zwangsgemeinschaft aus Mitleidenden: Eltern, Freunde, Schulkameraden werden vorgestellt; parallel erzählt die Autorin die Entstehungsgeschichte einer Kinder-Oper, deren tschechischer Komponist Hans Krása in Theresienstadt inhaftiert war und später umgebracht wurde.
Der Avantgardekünstler Adolf Hoffmeister und er hatten ihre Oper „Brundibár” – das heißt „Der Brummbär”– in Prag wegen des Kriegsbeginns nicht mehr öffentlich aufführen können, in Theresienstadt wurde sie einstudiert und mehr als fünfzig Mal gespielt: für Mitwirkende und Zuschauer eine Freude und eine kleine Flucht aus dem grausamen Lager-Alltag. Auch heute lebt Brundibár weiter und wird immer wieder inszeniert. Kathy Kacers Roman endet im Mai 1945, als Clara, eine der wenigen jüdischen Häftlinge, die noch am Leben waren, endlich nach Prag zurückkehren darf.
Theresienstadt war ein Vorzeigelager der Nazis; es gab dort etwas mehr Freiräume für Künstler als in anderen Lagern. Viele jüdische Maler, Musiker, Schriftsteller waren hier inhaftiert, ehe sie deportiert und umgebracht wurden. Die Lagerleitung duldete Vorlesungen, Konzerte, Darbietungen, und so wurde auch Krásas „Brundibár” einstudiert. Der inhaftierte Komponist, der die Aufführung seiner Oper im KZ erleben musste, war anwesend.
Begeistert widmeten sich die Kinder von Theresienstadt den Proben, den Kostümen, dem Gesang, der Musik. Die Oper erzählt vom Kampf gegen den hartherzigen Leierkastenmann Brummbär, der zwei Kindern das Singen verbieten und ihnen damit die Chance nehmen will, ein bisschenGeld für ihre kranke Mutter zu sammeln. Dieser Kampf wird zum Symbol für Freundschaft, Gemeinsamkeit, Widerstand. Kathy Kacer beschreibt, wie viel den Kindern aus dem KZ dieses Symbol bedeutete, welche Hoffnung es für sie darstellte, auch wenn diese sich für die allermeisten als trügerisch erweisen sollte.
Bewegend sind auch die Zeichnungen, ein wichtiger Bestandteil der deutschen Roman-Ausgabe. Sie stammen von Helga Weissová, die im Dezember 1941 mit zwölf Jahren nach Theresienstadt musste, und deren Vater damals zu ihr sagte: „Zeichne, was du siehst!” 100 Bilder konnte sie ihrem Onkel zur Verwahrung und Rettung hinausschmuggeln, ehe Helga deportiert wurde. Sie überlebte und wurde später eine bekannte Male-
rin. Viele ihrer Zeichnungen sind 1998 im Wallstein-Verlag erschienen.
Die Schicksale vernetzen sich in diesem Buch: Kathy Kacer lässt die Kinder von Theresienstadt berichten, über sich selbst und über die „Brummbär”- Oper. In einem Vorwort schildert die Autorin außerdem eigene Begegnungen mit Überlebenden, präsentiert geschichtliche Daten zur Gründung und Entwicklung des Lagers unter den Nazis. Helga Weissová nimmt in einem Nachwort auf die Entstehung ihrer Zeichnungen Bezug. So erinnert dieser kleine Band an Tote und Überlebende und ist ein Hoffnungszeichen – wie auch die „Brummbär”-Oper, die für die Kinder von Theresienstadt so wichtig war, und die Jugendliche von heute weiterhin hören und erleben können.
BIRGIT
WEIDINGER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH