Bemerkungen zu: 12.11.07
Rüdiger Safranski: Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch
Die Frage nach der Verträglichkeit der Globalisierung suggeriert einen unabwendbaren wirtschaftlichen Ablauf,
der neben Gewinnern unausweichlich Verlierer hervorbringt. - Dem ist zu widersprechen.
Die…mehrBemerkungen zu: 12.11.07
Rüdiger Safranski: Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch
Die Frage nach der Verträglichkeit der Globalisierung suggeriert einen unabwendbaren wirtschaftlichen Ablauf, der neben Gewinnern unausweichlich Verlierer hervorbringt. - Dem ist zu widersprechen.
Die kritische wirtschaftliche/finanzielle Situation im Inneren der westlichen Gesellschaft ist im Kern nicht der Globalisierung zuzuschreiben, denn
- Globalisierung bezeichnete die weltweite Vernetzung aller lokalen wirtschaftlichen Aktivitäten durch global operierende Konzerne, wodurch sich die Leistungsfähigkeit und damit auch der Reichtum der kapitalistischen Länder schneller als je zuvor erhöht.
Wider besseres Wissen werden die lokalen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt mit diesem Prozess gleichgesetzt. Gegenüber der Öffentlichkeit dienen sie als Alibi für die Reformbedürftigkeit der überkommenen sozialen Sicherungssysteme.
- Die entscheidende Ursache der Krise, braut sich in der neoliberal überhitzten Hexenküche des gewöhnlichen Kapitalismus zusammen.
Hier wird zwar eine beispiellose Wertschöpfung erzielt, zugleich aber eine ebenso beispiellose Umverteilung der geschaffenen Werte von den Erzeugern/Arbeitskräften hin zu den Besitzern von Anlagekapital organisiert - und für unverzichtbar gehalten.
Diese fragwürdige Entwicklung ist im Laufe der letzten Jahrzehnte – als Folge des enorm gewachsenen Anlagekapitals der Wirtschaft – eskaliert, sodass heute skandalöse Pseudoreformen der sozialen Sicherungssysteme notwendig sind, um die Folgen der zügellosen Umverteilung aufzufangen bzw. zu begrenzen.
Auslöser ist letztlich der unsägliche, hochgetriebene, manipulierte Zins, der einerseits die wirtschaftliche Entwicklung forciert (die Unternehmer bei Laune hält), andererseits aber viele Menschen in die Armut treibt und eine unverantwortliche Kluft zwischen den Menschen aufreißt. Außerdem ist er ein Auslöser von Frustrationen, Unsicherheiten und Kriegen in der ganzen Welt.
In unglaublichem Gegensatz zu der enormen privaten Reichtumsentwicklung, entsteht in den letzten Jahren eine neue Armut in den westlichen Ländern, die mit prekären Arbeitsverhältnissen und Massenarbeitslosigkeit einhergeht. Auch Menschen im besten Alter und gediegener Ausbildung sind davon betroffen; die künftige Versorgung im Alter ist für viele nicht mehr gesichert.
Konkret werden durch die maßlose, ungerechte Verteilung der Wertschöpfung diejenigen empfindlich getroffen, welche auf Lohnzahlungen angewiesen sind und nur geringe Ersparnisse bzw. Kapitalvermögen besitzen. Ganz zu Schweigen von denen, die permanent vom Staat unterstützt werden müssen, da die Verknappung von Arbeit aller Voraussicht nach nicht aufzuhalten ist.
Dieser unbefriedigende Zustand ist ein Anachronismus des heutigen Kapitalismus und gleicht einer offenen Wunde, die zu schließen seit Karl Marx bis heute nicht zufriedenstellend gelungen ist. Dabei kann die Notwendigkeit einer Abhilfe kaum bestritten werden.
Ohne eine marxistische oder sonstige Ideologie der Weltverbesserung in Anspruch zu nehmen, ist es einsichtig, dass ein „weiter so“ der auf Ungerechtigkeit der Wertverteilung sich gründende Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme, Gebildete und Ungebildete, Geachtete und Verachtete, Brauchbare und Nutzlose - sowie die fortwährende Vererbung dieses Zustandes, die Welt -Gesellschaft nicht befrieden kann.
Die Armen der Welt haben gegenwärtig keine Chance.
In einer extrem arbeitsteiligen Gesellschaft sollte jeder für jeden Verantwortung übernehmen, da jeder von jedem abhängig ist.
Die aufgezeigten Widersprüche/Ungerechtigkeiten lassen sich durch die innere Arbeit der Individuen allein nicht beseitigen, sie müssen letztendlich in der Wirklichkeit eine Lösung erfahren. Und diese Arbeit sollte in einer Welt der hochentwickelten Wissenschaft und Kultur möglich