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Kommissar Wallenders Spürsinn ist gefragt. Gleich acht Tote in einer Nacht. Einer davon sogar ein Kollege. Wer war Svedberg wirklich, dieser sympatische unauffällige Polizist, der kein anderes Hobby hatte, als die Sterne zu betrachten und Bücher über Indianer zu lesen? Wallander stürzt sich in die Ermittlungen. Dabei stellt er mit Schrecken fest, wie wenig er über einen Menschen weiß, mit dem er jahrelang zusammen gearbeitet hat. Seine Arbeit stellt ihn vor nahezu unlösbare Probleme und lässt ihn mehr als einmal die Beherrschung verlieren. Wallander macht sich Sorgen über die Unzulänglichkeit…mehr

Produktbeschreibung
Kommissar Wallenders Spürsinn ist gefragt. Gleich acht Tote in einer Nacht. Einer davon sogar ein Kollege. Wer war Svedberg wirklich, dieser sympatische unauffällige Polizist, der kein anderes Hobby hatte, als die Sterne zu betrachten und Bücher über Indianer zu lesen? Wallander stürzt sich in die Ermittlungen. Dabei stellt er mit Schrecken fest, wie wenig er über einen Menschen weiß, mit dem er jahrelang zusammen gearbeitet hat. Seine Arbeit stellt ihn vor nahezu unlösbare Probleme und lässt ihn mehr als einmal die Beherrschung verlieren. Wallander macht sich Sorgen über die Unzulänglichkeit der Polizei, aber auch um sein Privatleben. Er müsste dringend sein Leben verändern, das meint jedenfalls sein Arzt. Auch sein privates Glück steht auf wackeligen Beinen, denn Baiba will von der Ehe vorerst nichts wissen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2000

Der Glücksmörder
Krimi mit Moral: Henning Mankells „Mittsommermord”
Henning Mankell ist der gute Mensch, der die Geschichten böser Menschen erzählt. Sein Medium ist der Zweifler Wallander. Und das ist Mankells Trick. Kommissar Wallander protzt nicht, er gibt nicht den Bizepsmann, sondern zottelt, von seiner Frau verlassen, melancholisch und arbeitsbesessen durch sein Leben. Wallander ist sterblich, obwohl er nach dem Gesetz der Krimiserie überlebt. Wallander ist ein übergewichtiges Durchschnittswrack, sein Herz ist angegriffen, er ist permanent übermüdet, trinkt Wasser wie ein Pferd, muss fortwährend pinkeln, ernährt sich falsch und hat Angst. Angst davor, dass das Leben mit Fünfzig fast vorbei sei und der „Abpfiff” jeden Augenblick bevorstehen könnte.
Henning Mankell schleppt diesen knapp fünfzig Jahre alten diabetes- und herzinfarktgefährdeten Kommissar nun schon seit neun Büchern mit sich herum und verdient mit ihm ein Vermögen, denn Wallander macht Bestseller. Wallander ist Henning Mankells Mrs. Marple. Doch dieser schwedische Kommissar ist weder komisch noch skurril, sondern mit seinen vielen Fehlern, seinen einfachen Fragen, seinem unspektakulären Draufgängertum, so sympathisch, dass man mit ihm durch Dick und Dünn gehen will, sechshundert Seiten und der Rest der Welt bleibt anderswo.
Henning Mankell ist ein verführerischer Erzähler. Nie reißerisch brutal oder schadenfroh ordinär. Ein grüblerischer anständiger Kerl erzählt Geschichten von Serienmördern. Mankell erzählt ausführlich und dramaturgisch geschickt. Manchmal gibt er uns die Chance, klüger als Kommissar Wallander zu sein, heizt den Detektivblick und die Aufmerksamkeit an, um uns an der nächsten Ecke abblitzen zu lassen.
Ein schwedischer Schriftsteller im Dunstkreis von Strindbergs Fräulein Julie kann kein prominenteres Datum finden: In der Mittsommernacht ermordet ein Mann in einem Naturreservat drei junge Leute, die sich mit Kostümen aus der Zeit des lebenshungrigen Rokokodichters Carl Michael Bellman verkleidet hatten. Niemandem macht ihr plötzliches Verschwinden besondere Sorgen, denn die jungen Leute schicken Postkarten aus europäischen Hauptstädten nach Hause. Nur Astrids Mutter ist beunruhigt, aber beunruhigte Mütter sind kein Fall für die Kripo. Als man den Kollegen Svedberg erschossen in seiner durchwühlten Wohnung findet und Spaziergänger die Leichen der verkleideten Jugendlichen entdecken, ist Kommissar Wallanders Ruhe dahin.
Sorgen um die Gesellschaft
Henning Mankell, der zweiundfünfzigjährige Schriftsteller mit dem traurigen Blick, hat ein Sendungsbewusstsein. Er schreibt, sagt er, Krimis, um die Gesellschaft zu zeigen. Die Eltern, die keine Beziehung zu ihren Kindern haben, die Städte, auch wenn sie, wie Mankells Kulisse, das südschwedische Seebad Ystad, Kleinstädte sind, in denen die Menschen aneinander vorbei leben, wie die Kollegen, die tagtäglich zwölf Stunden zusammen sind und doch keine Ahnung von einander haben. Einmal trifft Kommissar Wallander unterwegs eine Frau, sie macht ihm im Rasthaus, obwohl schon alles geschlossen ist, etwas zu essen und ein Zimmer mit einem Notbett zurecht. Soviel Menschlichkeit, sagt er sich versonnen.
Und dann macht Henning Mankell doch einen Fehler. Nicht in der grausamen Mordgeschichte, nicht in der Choreographie der bis zum letzten Kapitel ansteigenden Spannungskurve, nicht im Zweikampf, den Wallander besteht, aber im Epilog. Da reicht der um sein Land besorgte Schriftsteller Mankell, der die meiste Zeit des Jahres als Theaterregisseur in Mosambiks Hauptstadt Maputo lebt, ein rührendes Psychogramm des Mörders nach. Der Mörder, das geschundene und zurückgesetzte Kind, „das nie etwas anderes gelernt hatte als die Kunst, sich zu verstecken und zu entkommen”. Der Mörder ist ein Mensch, der keine glücklichen Menschen erträgt, weil er selbst nie glücklich gewesen ist. „Immer mehr Menschen”, prognostiziert Wallander, „die nicht gebraucht wurden, würden zu einer unwürdigen Existenz in erbarmungslosen Randzonen verurteilt sein. ”
Wallanders Sorge gilt der schwedischen Gesellschaft, die Gefahr läuft „ganz und gar” auseinander zu brechen. Dann fährt der Kommissar an die Schären, klettert auf eine Felshöhe, sieht das Meer und denkt: „Polizist zu sein bedeutet eigentlich nur eins. Widerstand zu leisten. ” Der vorbildliche Mankell, erschreibt sich einen vorbildlichen Kommissar und ein gutes Gewissen. Auch ein Bestsellerautor hat Schwächen, seine Allwetterpredigten muss man nachsichtig verzeihen. Denn Henning Mankell ist ein ungewöhnlich sicherer, ruhiger Erzähler und ein präzise arbeitender Konstrukteur des bildhaften Grauens. Es kann passieren, dass man während des Mittsommermords Frau, Mann, Kind, Büro, Hund, Katze, Vogel und sogar das Telefon vergisst.
VERENA AUFFERMANN
HENNING MANKELL: Mittsommermord. Roman. Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2000. 602 Seiten, 45 Mark.
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