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Im Jahre 1863 startete im englischen Yorkshire eine Reisegruppe aus vier jungen Männern und vier jungen Frauen zu einer Alpenexkursion. Der Weg führte von London über Paris und Genf nach Chamonix, von da übers Wallis ins Berner Oberland und wieder zurück. Mit heutigen Pauschalreisen hatte die Unternehmung wenig zu tun. Die Damen trugen viktorianische Gewänder, man bewegte sich zu Fuß, mit der Kutsche, auf Maultieren und mit der Eisenbahn. Miss Jemima, Mitglied des "Junior United Alpine Club", führte über diese abenteuerliche Reise ein höchst amüsantes Tagebuch, das erst hundert Jahre später entdeckt wurde.…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahre 1863 startete im englischen Yorkshire eine Reisegruppe aus vier jungen Männern und vier jungen Frauen zu einer Alpenexkursion. Der Weg führte von London über Paris und Genf nach Chamonix, von da übers Wallis ins Berner Oberland und wieder zurück. Mit heutigen Pauschalreisen hatte die Unternehmung wenig zu tun. Die Damen trugen viktorianische Gewänder, man bewegte sich zu Fuß, mit der Kutsche, auf Maultieren und mit der Eisenbahn. Miss Jemima, Mitglied des "Junior United Alpine Club", führte über diese abenteuerliche Reise ein höchst amüsantes Tagebuch, das erst hundert Jahre später entdeckt wurde.
Autorenporträt
Morrell, Jemima§Jemima Morrell wurde am 7. März 1832 als Tochter eines Bankangestellten und seiner Frau in eine wohlhabende Familie hineingeboren. Der familiäre Wohlstand ermöglichte schon während ihrer Kindheit viele Urlaube. Nach der ersten Pauschalreise geführt von Thomas Cook, unternahm Morrell von Großbritannien aus weiterhin viele Expeditionen. Sie heiratete, bekam einen Sohn und verstarb 1909 im Alter von 77 Jahren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2014

Der
Alpenklub
Unterwegs mit den ersten
Pauschalreisenden in der Schweiz
Ob all das, was heutige Pauschalurlauber twittern und posten, bewerten und mailen, in 150 Jahren noch jemanden interessieren wird? Womöglich schon, weil sich an diesen Meinungsäußerungen ablesen lassen wird, wie das damals war, zu Beginn des 21. Jahrhunderts: das mit dem Urlaub und dem Reisen. Die Schwierigkeit wird voraussichtlich sein, die Fülle des Materials zu filtern. Ganz anders verhält es sich mit der Frühzeit des Pauschalurlaubs vor 150 Jahren, aus der es kaum Zeugnisse gibt. Zwar existiert das Genre der Reiseliteratur bereits seit Jahrhunderten, es dokumentiert aber im Grunde bis heute nahezu ausschließlich individuelle Abenteuer.
  Insofern ist es hocherfreulich, dass bei Rogner & Bernhard nun „Miss Jemimas Journal“ erstmals in deutscher Übersetzung erscheint: Es ist der Bericht der damals 31-jährigen Britin Jemima Morrell aus dem Lake District, die 1863 teilgenommen hat an der ersten von Thomas Cook durchgeführten (und zwar persönlich, jedenfalls in Teilen, ehe ihn die Geschäfte wieder nach Hause riefen) Pauschalreise in die Schweiz und zum Mont Blanc. Dieses Journal hat einen beträchtlichen historischen Wert, und es ist unabhängig davon geistreich und amüsant.
  Ihre Aufzeichnungen beginnt Jemima Morrell wie ein Theaterstück, mit einer Auflistung der „Dramatis Personae“. Dieses Personenverzeichnis erlaubt ihr, die wichtigsten Reisegefährten handstreichartig gleich zu Beginn zu typologisieren. Auf kleinstem Raum setzt Morrell eine Vielzahl verbaler Nadelstiche. Man ahnt da bereits, dass jemandem, der als „der Artillerist“ eingeführt wird, die Rolle des Narren zufallen wird. Und ist gespannt auf Miss Eliza und Miss Mary, die „fahrenden Calvinistinnen“.
  Formal ist „Miss Jemimas Journal“ kein Bühnenstück, doch die Autorin nimmt bei Theaterkomödien reichlich Anleihen: Sie gestaltet Rollen, die ihre Reisebegleiter und Urlaubsbekanntschaften – ob wissentlich oder nicht – trefflich erfüllen. Und berichtet von dieser Reise in Szenen, Auftritten, starken Abgängen; mit Gespür für die Spannungserzeugung, fürs Melodramatische und mit – man muss es sagen: britischem – Talent für Witz. Ein Septett aus Cooks Reisegruppe hat sich zum Junior United Alpine Club zusammengeschlossen, vier Damen und drei Herren, darunter die Autorin und die beiden Calvinistinnen, von denen der Club eine zur ehrenamtlichen Exkursionsärztin ernannt hat.
  Bei Jemima Morrell paaren sich Selbstsicherheit und Understatement, Ernsthaftigkeit und Selbstironie. Stolz und zugleich despektierlich heißt sie sich und die drei übrigen Damen an einer Stelle Bergamazonen. Morrell tritt weder hochmütig auf, noch macht sie sich klein. Sie war eine patente, gebildete Frau, die sich so leicht nicht einschüchtern ließ – und sie war lernbegierig, wusste nicht bereits alles im Vorhinein. Was nicht bedeutet, dass sie naiv gewesen wäre. Es gibt mehrere Stellen in ihrem Journal, an denen sie sich über so manchen Nepp beklagt. Manchmal bewundert sie insgeheim auch die Geschäftstüchtigkeit der Einheimischen, die ihr an den Geldbeutel gehen: Auf einer Bergtour im Mont-Blanc-Massiv versperren vier junge Frauen dem Junior United Alpine Club den Weg, halten den Durstigen Gläser mit Wasser entgegen. Die englischen Wanderer packen begierig zu und zahlen den geforderten Preis (über den Morrell sich diskret ausschweigt) – „bevor wir die Quelle selbst entdecken, aus der sie ihre Ware bezogen haben“. Zuvor schon hatten sich die Pauschalurlauber in Chamonix mit Wanderstöcken ausstaffiert, für die sie umgerechnet zwei englische Pfund das Stück bezahlen, „obwohl sie eigentlich acht Pence kosten sollten“, wie Morrell findet, also nur ein Sechzigstel. „Aber wir zahlten fröhlich, denn so lange dieser offizielle Ausweis des Alpenreisenden nicht erworben war, fühlten wir uns wie die reinsten Anfänger.“
  Die Aufzeichnungen offenbaren, wie viel von dem, was Pauschalurlaube kennzeichnet, schon in seinen Anfängen angelegt ist – sowohl auf Seiten der Reisenden als auch der Gastgeber. Und es spricht für die Aufgewecktheit von Jemima Morrell, dass sie diese Dinge wahrnimmt: Weil eine Pauschalreise einem festen Muster folgt, erfasst die Teilnehmer sofort Ungeduld, wenn es Verzögerungen gibt. Und das Bedauern, für diesen Ort und jene Sehenswürdigkeit nicht genügend Zeit zu haben, ist der Reise als Grundmelodie eingeschrieben. Morrell mokiert sich über lästige Mitreisende, mit Kritik an den Gewohnheiten der Schweizer hält sie sich indessen zurück. Nur bei offenkundiger Unverschämtheit, die nicht mehr als landestypische Sitte durchgehen kann, gibt es einen Eintrag ins Journal. Und ohne eine Antwort zu kennen, thematisiert Morrell die Frage, wo die Neugier des Touristen in Voyeurismus umschlägt.
STEFAN FISCHER
Jemima Morrell: Miss Jemimas Journal. Eine Reise durch die Alpen. Aus dem Englischen von Heike Steffen. Verlag Rogner & Bernhard, Berlin 2014. 160 Seiten, 17,95 Euro. Erscheint am 26. März.
Herrliche Berge, sonnige
Höhen – Bergamazonen
sind wir, ja wir
Die Wanderstöcke sind völlig
überteuert, dennoch werden
sie bereitwillig gekauft
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sehr zu schätzen weiß Stefan Fischer, dass der Verlag Rogner & Bernhard mit dem Reisejournal der Britin Jemima Morrell ein rares Zeugnis aus den Anfängen des Pauschaltourismus herausgebracht hat. Die 31-jährige Engländerin war 1863 bei der ersten von Thomas Cook persönlich geführten Reise in die Schweiz und zum Mont Blanc dabei, erfahren wir. Neben typisch britischem Humor bringt die Autorin Klugheit, Bildung und eine scharfe Zunge mit, was die Lektüre zum echten Vergnügen macht, freut sich der Rezensent. Indem sie ihre Aufzeichnungen wie Theaterstücke inszeniert, den Mitreisenden ihre Rollen zuweist und einen Spannungsbogen zu ziehen weiß, erhöht sie den Lektüregenuss zusätzlich, so Fischer beglückt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.09.2014

Für die Tasche Luzern in vier Stunden? Klar geht das: "In diesen vier Stunden mussten ein gehöriges Mahl in gehöriger Form eingenommen, die Hofkirche besichtigt, die Gemälde im Giebel der Brücke bewundert und die Stadtmauer mit den vier Wachtürmen begutachtet werden, und Thorvaldsens Löwe wäre sicherlich gekränkt, würde er vergessen. Und so eilten wir, der Gefahr eines Sonnenstichs trotzend, in der gleißenden Sonne zur Hofkirche." So schrieb Jemima Ann Morrell aus dem englischen Lake District 1863 in ihr Reisetagebuch. Sie war 31 Jahre alt, hatte einen festen Willen und gutes Schuhwerk, Selbstironie, Kondition und diverse Vorurteile - und brachte damit die besten Voraussetzungen für eine Pauschalreise mit. Im Juni 1863 brach sie als eine von 130 Teilnehmern zur ersten Pauschalreise in die Alpen auf, begleitet von Thomas Cook persönlich.

"Switzerland with cheap tickets to Mont Blanc" hieß das Cook-Paket, Verpflegung, Übernachtungen, Transfers inklusive. Von London ging es über Paris und Chamonix zum Mont Blanc, ins Rhône-Tal, nach Leukerbad, über die Gemmi nach Interlaken und für jene vier Stunden nach Luzern, von dort auf die Rigi, und dann - mit einem Shopping-Stopp in Paris - zurück nach Hause.

Das amüsante Tagebuch darüber erschien nun das erste Mal auf Deutsch, im Verlag Rogner & Bernhard. "Miss Jemimas Journal. Eine Reise durch die Alpen" ist eine echte Entdeckung: kurios, unterhaltsam, liebevoll gestaltet mit Lesebändchen und Illustrationen. Für den deutschen Sprachraum hat es Andreas Lesti, Redakteur dieses Reiseteils, entdeckt: Bei einer Recherche für eine Reportage über die erste Alpen-Pauschalreise ("Abhang für alle", F.A.S. vom 23.6.2013) stieß er auf das Originaldokument - und erlag sofort dem Charme von Miss Jemimas Beobachtungen.

Beim Lesen möchte man ständig einzelne Sätze unterstreichen, weil sie so viel Wahres über das Reisen im Allgemeinen und die Alpen im Besonderen sagen und weil sie außerdem so herrlich englisch sind, süffisant, spöttelnd und ein bisschen gemein. "Um halb fünf fand die tägliche Vernichtung von Brot, Brötchen und Honig statt", schreibt Miss Jemima über das meist sehr frühe Frühstück.

Aber wer war diese Miss Jemima eigentlich? Viel verrät der Klappentext nicht: die älteste Tochter eines Bankiers, 1832 geboren, starb mit 77 Jahren, gründete mit ihrem Bruder den "United Alpine Club Junior". Doch wer ihr Tagebuch liest, erfährt mehr, man liest hier die Gedanken einer emanzipierten, humorvollen Frau. Gerne macht sie sich über den "Alpine Club" lustig, der nur Männer aufnimmt, und stolz beansprucht sie für sich, "mit weniger Bagage in die Alpen gereist zu sein als je ein Tourist zuvor".

"Miss Jemimas Journal" ist das ideale Buch für Alpenreisende, Pauschalreisen-Skeptiker, Pauschalreisen-Liebhaber, Bergwanderer, die die Zeit bis zur nächsten Reise literarisch überbrücken möchten, und für Menschen, die gerne Sätze lesen wie diesen: "Die Gefahren der Alpentouristik lassen sich in zwei Kategorien unterteilen, die realen und die imaginierten, und im Rückblick sollte sich erweisen, dass die unseren allesamt zu letzteren zählten."

akro

Jemima Morrell: "Miss Jemimas Journal. Eine Reise durch die Alpen". Aus dem Englischen von Heike Steffen, illustriert von Stephanie F. Scholz, mit einem Vorwort von Andreas Lesti. Rogner & Bernhard 2014, 160 Seiten, 17,95 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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