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Was war die Röntgentechnik zum Zeitpunkt ihres Aufkommens? Eine Bildtechnik mit offenem Ausgang. Vera Dünkel zeigt eindrücklich, wie aus Strahlen Bilder wurden und beschreibt die frühe Röntgentechnik erstmals nicht im Hinblick auf ihre medizinischen Anwendungen hin, sondern als Generator einer umfassenden Bildproduktion, die eine erstaunliche Vielfalt von Motiven hervorbrachte - von menschlichen Körperteilen über Alltagsgegenstände bis hin zu kleinen Tieren. Sie nimmt dabei minutiös analysierend in den Blick, mit welchen visuellen Strategien, gestaltenden Eingriffen und diskursiven Mitteln…mehr

Produktbeschreibung
Was war die Röntgentechnik zum Zeitpunkt ihres Aufkommens? Eine Bildtechnik mit offenem Ausgang. Vera Dünkel zeigt eindrücklich, wie aus Strahlen Bilder wurden und beschreibt die frühe Röntgentechnik erstmals nicht im Hinblick auf ihre medizinischen Anwendungen hin, sondern als Generator einer umfassenden Bildproduktion, die eine erstaunliche Vielfalt von Motiven hervorbrachte - von menschlichen Körperteilen über Alltagsgegenstände bis hin zu kleinen Tieren. Sie nimmt dabei minutiös analysierend in den Blick, mit welchen visuellen Strategien, gestaltenden Eingriffen und diskursiven Mitteln einem zunächst bedeutungsoffenen Verfahren der Sinn zugewiesen wird, den wir zum großen Teil noch heute in ihm sehen. Mit dem Fokus auf Sichtbarmachungstechniken und Sinngebungsstrategien ist diese interdisziplinäre Studie ein bedeutender auch methodischer Beitrag zur Rekonstruktion der modernen Bildgeschichte.Der großzügig gestaltete Band präsentiert hier erstmals in konzentrierter Form zusammengetragenes und unveröffentlichtes Bildmaterial aus der Frühzeit der Röntgentechnik zum Teil in Originalgröße und übersetzt die Ästhetik früher Röntgenaufnahmen nicht nur darin in materialisierte Buchform.
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Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gestalterisch aufwendig und faszinierend findet Jan von Brevern Vera Dünkels Geschichte der frühen Röntgentechnik. Dass die ersten Anatomen, die die Strahlen nutzten, wie Magier auftraten, das Lesen der Bilder jedoch eine schwierige Sache war, erfährt er hier. Zwar findet von Beveren bei Dünkel viel aus Kunst und Wissenschaftsgeschichte bereits Bekanntes über Genese und Entwicklung des Röntgenverfahrens und wünscht sich zuweilen, die Autorin hätte sich von ihrem historischen Material auch mal entfernt und Mut zur Theorie und weiteren Einordnung entwickelt, insgesamt jedoch und mit dem reichlich enthaltenen historischen Bildmaterial, gefällt dem Rezensenten der Band doch gut.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.09.2016

Fotos von der unsichtbaren Hand

Da waren nicht nur die Mediziner von den Socken: Vera Dünkel durchleuchtet in einem exzellent illustrierten Band die Frühgeschichte der Röntgenbilder.

Im "Zauberberg" gibt es eine Szene, in der sich Hans Castorp und Lodovico Settembrini über die diagnostischen Fallstricke von Röntgenbildern unterhalten. Bei Castorp wurde soeben eine "frische Stelle" in der Lunge entdeckt, die auf Tuberkulose hindeutet. Nun soll eine Röntgenaufnahme für die "rechte diagnostische Sicherheit" sorgen. Doch Settembrini, der ewige Zweifler, wendet ein: "Wissen Sie, daß die photographische Platte oft Flecken zeigt, die man für Kavernen hält, während sie bloß Schatten sind, und daß sie da, wo etwas ist, zuweilen keine Flecken zeigt? Madonna, die photographische Platte!"

Thomas Manns Roman erschien 1924, fast drei Jahrzehnte nachdem Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg die - von ihm X-Strahlen genannten - Röntgenstrahlen entdeckt und umgehend öffentlich bekannt gemacht hatte. Längst waren sie da zu einem Standardinstrument der medizinischen Diagnostik geworden. Das aber änderte nichts daran, dass die Gefahr von Fehldeutungen weiterhin groß war. Röntgenstrahlen produzieren Bilder, die zwar auf der fotografischen Technik beruhen, aber dennoch ihre ganz eigene Semantik haben. Nicht die Umrisse oder Formen der Gegenstände sind zu sehen, sondern Grauwerte, die einzig mit der Dichte der von den Strahlen durchdrungenen Materialien korrespondieren.

Tatsächlich erforderte das Lesen und Interpretieren der uneindeutigen Röntgenbilder ein solches Maß an spezialisierter Kompetenz, dass sich mit der Radiologie bald eine eigene medizinische Disziplin dafür herausbildete. Der "mechanischen Objektivität" (und damit Autorität) des bildgebenden Verfahrens stand von Anfang an die grundlegende Unsicherheit entgegen, was auf den Röntgenbildern zu sehen sei.

An dieser Bedeutungsoffenheit setzt Vera Dünkels Studie über die Geschichte der Röntgenbilder an. Sie konzentriert sich auf die frühen Jahre der Röntgentechnik, als noch nicht klar war, welchen Zwecken die Bilder dienen könnten. Wie so oft in der Geschichte gab es zuerst die Technik - und dann erst überlegte man sich mögliche Anwendungen. Es war eine grundlegende Erfahrung der Röntgenpraktiker, dass eine erhebliche Differenz zwischen dem Gegenstand und seiner medialen Repräsentation im Röntgenbild bestand. Umso wichtiger scheint es gewesen zu sein, die Verfahren der Bildherstellung und -deutung zu standardisieren. Dünkel beschreibt, wie sich in den zahlreichen Atlanten und Bildsammlungen bald typische Motive herauskristallisierten. Alltagsgegenstände, kleinere Tiere wie Frösche, vor allem aber die menschliche Hand bildeten fast so etwas wie einen "internationalen Stil" der Röntgentechnik.

Die technische Sichtbarmachung von Phänomenen, die dem menschlichen Auge nicht zugänglich sind - und speziell auch die Geschichte der Röntgenstrahlen -, war in den vergangenen zwei Jahrzehnten eines der bevorzugten Themen der Kunst- und Wissenschaftsgeschichte. Vieles, was im vorliegenden Band über die Genese, Verbreitung und Standardisierung des Verfahrens berichtet wird, ist eher eine Vertiefung dieser bekannten Diskussion als eine gänzlich neue Perspektive darauf. Die Autorin argumentiert eng am historischen Material, und das ist eine Stärke des Buches. Doch manchmal wünscht man sich doch etwas mehr Mut zur Theorie oder auch nur zur medienhistorischen Einordnung. Wenn etwa der Stettiner Chirurg Karl Schuchardt 1901 empfiehlt, Röntgenbilder zeichnerisch zu reproduzieren, weil sich durch diesen manuellen Prozess das Sehen einüben ließe, dann schließt das an eine bereits lange geführte Debatte über Fotografie und Zeichnung an. In Dünkels Buch hingegen erscheint die Röntgentechnik zuweilen als allzu isoliertes Phänomen.

Und doch: Ein solches Buch zur frühen Geschichte der Röntgenbilder gab es noch nicht. Der großformatige Band ist ein veritables Stück Buchkunst. Die Gestaltung ist aufwendig, der Einband raffiniert, die Bebilderung üppig. Im Bildteil sind die historischen Röntgenaufnahmen farbig und in Originalgröße reproduziert. Das ist nicht nur schön anzusehen, dadurch wird auch die Wirkung, welche die Bilder auf die Zeitgenossen ausgeübt haben müssen, annähernd erfahrbar. Ihre Popularität, beim Fachpublikum wie in der breiten Öffentlichkeit, war enorm.

Röntgen selbst war darüber gar nicht glücklich. Er war an den Strahlen selbst interessiert, die Bilder waren für ihn Nebenprodukte. Dünkel weist allerdings nach, dass er selbst eine aktive Bildpolitik betrieb. Das Röntgenbild der beringten Hand seiner Frau Bertha war am Erfolg und an der enorm raschen Verbreitung des neuen Verfahrens wesentlich beteiligt. Allzu phantastisch hatte es zunächst geklungen: Strahlen, die feste Körper mühelos durchdrangen und deren Inneres sichtbar machten? Erst durch die Bilder wurden die Berichte glaubwürdig. Röntgen trat dabei zuweilen wie ein Magier auf.

In Würzburg ließ er den Anatomieprofessor Albert von Kölliker vor der versammelten physikalisch-medizinischen Gesellschaft die Hand auf die fotografische Platte legen, um kurz darauf das Bild des Handskeletts zu präsentieren. Für 60 Pfennig wurde es vertrieben. Es gehört zu den faszinierenden Episoden der in diesem Buch erzählten Geschichte, wie das Handmotiv zur tausendfach nachgeahmten Ikone wurde und eine weltweite "Durchleuchtungswut" auslöste. Oder wie es im Januar 1896 in der Zeitschrift "The Electrician" hieß: "It was the hand that did it."

JAN VON BREVERN

Vera Dünkel: "Röntgenblick und Schattenbild". Genese und Ästhetik einer neuen Art von Bildern.

Edition Imorde im Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2016. 296 S., Abb., geb., 79,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Das umfassend recherchierte, hervorragend gestaltete Werk besticht durch die verständnisvolle Darstellung der Doppelnatur der Röntgenbildgebung für medizinische Zwecke und für die Herstellung auch ganz anderer, kulturell sinnstiftender Bilder. (...) Das interdisziplinär angelegte, durch den wertvollen Abbildungsteil kostspieligere Werk wird speziell interessierte Leser erfreuen. Es ist hervorragend als Geschenk für Ärzte und Nichtärzte geeignet, die mit Bildgebung und Bildern in unterschiedlicher Weise befasst sind. Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern Ein solches Buch zur frühen Geschichte der Röntgenbilder gab es noch nicht. Der großformatige Band ist ein veritables Stück Buchkunst. Frankfurter Allgemeine Zeitung Dass ein wissenschaftliches Buch keineswegs langweilig daherkommen muss, beweist nicht nur der gut lesbare Text der Autorin. Der Verlag hat dem Buch eine bibliophile Ausstattung gegeben: Flexible transparente Buchdeckel erinnern an die Abzüge von Röntgenbildern, der Rücken mit offener bedruckter Fadenheftung hebt den Band im Bücherregal heraus. Mainpost Trotz einzelner offener Fragen ist der schriftliche Teil der Abhandlung von großem wissenschafts- und bildhistorischen Wert. Die über 70 Abbildungen von Röntgenaufnahmen in Originalgröße und das bibliophile Design machen das Werk darüber hinaus zu einem wahren Schmuckstück. Damit spricht es nicht nur wissenschaftlich zum Thema Arbeitende an, sondern auch geschichtlich oder künstlerisch Interessierte. AVIVA