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Der erste Gedichtband aus dem schmalen Oeuvre Hart Cranes in neuer Übersetzung und zum ersten Mal seit 1963 auf Deutsch. Nur einen weiteren Band sollte Crane vor seinem Freitod 1932 veröffentlichen, die große bis heute umstrittene Weltdichtung "Die Brücke". Seine dritte Sammlung "Key Largo" musste aus seinem Nachlass publiziert werden. Weisse Bauten gilt als Zeugnis der frühen Meisterschaft Hart Cranes. Der Band ist illustriert mit Bildern Bruno Zaids. Im Anhang findet sich ein Essay Timothy Donnellys zum aufschlussreichen Streit zwischen Hart Crane und Yvor Winters.

Produktbeschreibung
Der erste Gedichtband aus dem schmalen Oeuvre Hart Cranes in neuer Übersetzung und zum ersten Mal seit 1963 auf Deutsch. Nur einen weiteren Band sollte Crane vor seinem Freitod 1932 veröffentlichen, die große bis heute umstrittene Weltdichtung "Die Brücke". Seine dritte Sammlung "Key Largo" musste aus seinem Nachlass publiziert werden. Weisse Bauten gilt als Zeugnis der frühen Meisterschaft Hart Cranes.
Der Band ist illustriert mit Bildern Bruno Zaids. Im Anhang findet sich ein Essay Timothy Donnellys zum aufschlussreichen Streit zwischen Hart Crane und Yvor Winters.
Autorenporträt
Hart Crane, geboren 1899 in Ohio. Seine Gedichte wurden in der Literaturzeitschrift, die "Ulysses" vorabdruckte, publiziert, neben denen von Ezra Pound und William Butler Yeats. Für "The Bridge" erhielt Crane bedeutende Auszeichnungen. Am 27. April 1932 beging er Selbstmord, indem er von Bord der Orizaba in den Golf von Mexiko sprang.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.09.2008

Frühe Motordämmerung
"Und dennoch": Hart Cranes lyrisches Debüt

Der eine, der jedem Leser beim Nachdenken über die amerikanische Lyrik der Moderne in den Sinn kommt, ist T. S. Eliot. Hart Crane war der andere. Wenn er bis heute eher ein Dichter für Kenner geblieben ist, dann liegt das nicht nur an der alles überragenden Autorität des Meisters vom Wüsten Land, sondern auch an den elementaren Schwierigkeiten, den Anspielungsreichtum und die musikalische Komplexität der Craneschen Verse ins Deutsche zu bringen. Erst vor vier Jahren ist sein Hauptwerk zum ersten Mal vollständig ins Deutsche übertragen worden: das dithyrambische Großgedicht "The Bridge", eine Beschwörung der amerikanischen Geschichte und Mythologie von epischen Ausmaßen und im Rhythmus des Jazz-Zeitalters.

Es ist den rührigen Lux Books zu verdanken, dass nun auch Cranes bahnbrechendes lyrisches Debüt in einer nicht nur liebevoll gestalteten und illustrierten, sondern zum Glück auch zweisprachigen Ausgabe vorliegt. Übersetzt hat es der Verleger Christian Lux selbst, und ein Nachwort von Timothy Donnelly führt in die Kontroversen ein, die das Erscheinen dieses Buches 1926 auslöste, vier Jahre nach "The Waste Land". Wo Eliot die Moderne als Höhe- und vorläufigen Endpunkt einer Katastrophengeschichte begriff, da wollte Crane die Verheißungen der großen amerikanischen Aufbruchszeit nicht aufgeben - nicht weil er von den Schockerfahrungen unberührt gewesen wäre, sondern im Gegenteil: weil er sie nicht ertragen wollte. Im wüsten Gelände der Moderne wollte er unter allen Umständen wenigstens den Widerschein jenes amerikanischen Paradieses erblicken, das Rhapsoden wie Whitman verheißen hatten.

So zeigen diese Gedichte seiner frühen Meisterschaft noch die Spuren einer neuromantischen Sehnsucht nach ekstatischer Verschmelzung und mythischer Ganzheit und bewegen sich doch schon im zwielichtigen Flackern der Großstadt. Manchmal sieht darum die visionäre Welt dieser Gedichte aus wie der Whitmansche Kosmos, in den Baudelaire schon die giftigen Blumen des Bösen ausgesät hat. Noch scheint die Welt erfüllt vom kosmischen Glockenklang, doch schon mischt sich "der Würmer / unhörbares Pfeifen" unheilvoll hinein. Noch ist die alte Mühle am Fluss ein willkommener Schauplatz - nur dass in ihr das Räderwerk schon verstummt ist und aus dem Nachthimmel "Benzinrinnsale" auf sie herabkommen.

Vital und gebrochen, unstet und zielstrebig wie die Figuren in Cranes Welt ist auch die Verssprache, in der er sie reden lässt. Blankverse und prosanahes Parlando, gereimte und reimlose Strophen gleiten ineinander; Szenerien von triftiger Einfachheit werden überspült von enigmatischen Bilderfluten und dann wieder spröder Abstraktion. Er sei, hat Crane in einem Brief erklärt, interessiert an den Kollisionen zwischen dem Assoziationsreichtum der Wörter und dem ordnenden Bewusstsein. Lux' Übersetzung hält die Mitte zwischen Prosa-Paraphrase und Annäherung an die Rhythmen des Originals. Sie entscheidet sich im Zweifel lieber für die verfremdende als für die einbürgernde Variante und stellt sich gerade so in den Dienst des Originals, zu dessen unübersetzbar lakonischer Dichte sie hinführt. Nur manchmal gerät sie ins Schwanken, etwa wenn sie in höhere rhetorische Register greift als die Vorlage - der Ausruf "what innoncence" klingt nüchterner als das altmodische "solch Unschuld". Doch das sind Nuancen, um die man nicht streiten muss, wenn es eine so schöne und einladende Ausgabe zu rühmen gibt.

Und die ist voll von Entdeckungen. In einem poetischen Triptychon "Zur Hochzeit von Faust und Helena" lässt Crane die großen Gestalten einer mythischen Vergangenheit eintreten in alltägliche Szenerien wie "diese Straße, / die dunkel sich verengt in Motordämmerung". Das archetypische Bild des modernen Menschen aber, des Großstadtbewohners, der um des schieren Überlebens willen zum Künstler wird, findet er 1921 in Chaplins "The Kid". "Chaplinesque" heißt das Gedicht über den Tramp, der in der nächtlichen Verlorenheit die "Pirouetten eines biegsam weichen Stocks" dreht. Triumphierend sieht er zu, wie der Mond - und in der Kombination dieses archaischen Bildes mit der manieristischen Metapher zeigt sich Cranes provokative Poetik - "aus Ascheneimern einen Gral des Lachens" erschafft, "a grail of laughter of an empty ash can". Das Gedicht lässt in der Schwebe, ob das Wunder wirklich geschieht oder ob es nur der Blick des von der Angst Gejagten ist, der es in die Nacht hineinprojiziert wie das Mädchen mit den Schwefelhölzern seine Halluzinationen. Aber weil es, so oder so, doch jedenfalls zu sehen ist und weil man es teilen kann mit "einem halbverhungerten Kätzchen", deshalb gilt bis auf weiteres der Satz: "Noch können wir sie lieben, diese Welt." Cranes vieldiskutierter Optimismus ist eine angefochtene und ambivalente Angelegenheit; seine Behauptung entspringt mindestens ebenso sehr dem Entschluss wie der Erfahrung. Gewissheit verspricht nur das Jenseits, dessen sinnliche Erscheinungsform auch hier das Meer ist. In einem seiner schönsten Gedichte und in Reimen, die sich schwankend aufrechthalten, beschwört Crane "An Melvilles Grab" den toten Dichter wie einen amerikanischen Heiligen: als mythischen Seemann, dessen "fabelgleichen Schatten nur das Meer behält".

Cranes großartige Verbindung des Intimen und des Monumentalen, der verletzlichen Zartheit und der machtvollen Geste kulminiert im letzten Text des Bandes, dem sechsteiligen Liebesgedicht "Voyages" mit seinen Bildern von den tödlichen Meerestiefen am Anfang und von der paradiesischen "Belle Isle" am Schluss. "The bottom of the sea is cruel", endet das erste Gedicht, mit dem trotzigen "And yet" beginnt das zweite. Dazwischen klafft die Pause eines Gedankenstrichs. Er markiert die Kluft, aus der sich Cranes Schreiben erhoben hat, immer wieder, bis zu jenem Apriltag des Jahres 1932, an dem der Dichter, alkoholsüchtig und depressiv, seinem Leben mit einem Sprung in den Ozean ein Ende setzte.

HEINRICH DETERING

Hart Crane: "Weiße Bauten". Gedichte. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Christian Lux. Mit einem Nachwort von Timothy Donnelly und Illustrationen von Bruno Zaid. Lux Books Americana, Wiesbaden 2008. 108 S., br., 16,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als bedeutendsten Dichter der amerikanischen Lyrik der Moderne neben T.S. Eliot bezeichnet der Rezensent Heinrich Detering Hart Crane. In Deutschland freilich sei Crane bis heute weitgehend unbekannt - nicht zuletzt, weil sein Hauptwerk "The Bridge" bis vor vier Jahren nicht übersetzt war. Umso erfreulicher, findet Detering, dass nun auch das ebenfalls sehr beeindruckende Lyrikdebüt - als zweisprachige Ausgabe - erstmals in deutscher Übersetzung zu haben ist. In allen wichtigen Hinsichten sehr gekonnt habe der Verleger Christoph Lux selbst die zwischen "Blankversen und prosanahem Parlando" sich bewegenden Originale in ein Deutsch gebracht, das stets auf vorsichtiger Distanz zum Gebräuchlichsten bleibt. Es kommt dazu: Der Band ist "liebevoll gestaltet und illustriert". Also eine nachdrückliche Empfehlung.

© Perlentaucher Medien GmbH