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Flanders Fields ist eine fotografische Spurensuche auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges in der Gegend um Ypern, Belgien, in der alliierte und deutsche Soldaten zu hunderttausenden starben. Die visuelle Vermittlung der vielschichtigen Identität der Landschaft provoziert die Imagination des Betrachters und regt einen Prozess der subjektiven und objektiven Reflexion an. Die dargestellte Landschaft wird so zu einer Metapher für die kollektive historische Erinnerung des zwanzigsten Jahrhunderts.

Produktbeschreibung
Flanders Fields ist eine fotografische Spurensuche auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges in der Gegend um Ypern, Belgien, in der alliierte und deutsche Soldaten zu hunderttausenden starben. Die visuelle Vermittlung der vielschichtigen Identität der Landschaft provoziert die Imagination des Betrachters und regt einen Prozess der subjektiven und objektiven Reflexion an. Die dargestellte Landschaft wird so zu einer Metapher für die kollektive historische Erinnerung des zwanzigsten Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2008

Die Narben des Kriegs

Die einzigen Farbtupfen, die die Soldaten des Ersten Weltkriegs in der Schlachtfeldwüste von Flandern sahen, war der rotblühende Mohn. Der britische Dichter Wilfried Owen hat ihn mit seinem Gedicht "In Flanders Fields" unvergessen gemacht - der Mohn ist bis heute das Sinnbild dieses Kriegs. Der Dichter selbst fiel, eine Woche bevor der Krieg endete. Neunzig Jahre später ist der Fotograf Stefan Boness immer wieder in die Gegend um die westflämische Stadt Ypern gereist. Im Jahr 1914 entbrannte dort ein Stellungskrieg, der Hunderttausenden von Menschen das Leben kostete. Boness spürte die Narben auf, die der Krieg in der Landschaft hinterlassen hat. Auf den ersten Blick scheint Flandern eine Region wie viele andere in Westeuropa zu sein, doch schaut man genauer hin, finden sich überall Zeichen vom Schrecken der Geschichte: die Reste eines Bunkers, versteckt zwischen Wurzelwerk; ein Soldatenfriedhof, davor weiden Kühe; ein Schützengraben, darin spielen Kinder. Auch dem, was nicht mehr gezeigt werden kann, widmet Stefan Boness Bilder. Da ist ein frisch gepflügter Acker, im Dezember 1917 verlief hier die Front - ein liebliches Wäldchen, hier starben Hunderte von Soldaten - ein kleiner See auf einer Lichtung, es ist das Einschlagsloch einer Granate - eine Reihe windzerzauster Maisstauden unter dunklem Himmel, hier verlief im Juni 1917 die Front. Der Krieg ist abwesend und ist es doch nicht. Das aber verraten nur die Titel der Fotografien. Wir betrachten die vordergründig harmlosen Motive und laden sie mit unseren eigenen Assoziationen zum Ersten Weltkrieg auf. Dessen Nachwirkungen, die Melancholie, die man in Flandern finden kann, macht der Fotograf durch seine Ästhetik und seine präzisen Ausschnitte präsent. Stefan Boness hat Flandern in allen vier Jahreszeiten besucht. Er hat alle Stimmungen eingefangen, die sich den Soldaten dort boten. Die Soldaten, die nicht vorher im Kampf ums Leben kamen, verbrachten vier Jahre in Flandern. (kkr)

"Flanders Fields" von Stefan Boness. Verlag für Bildschöne Bücher, Berlin 2008. 108 Seiten, 52 Farbfotos. Gebunden, 35 Euro. Fotos von Stefan Boness sind noch bis 3. Januar in der Ausstellung "Flanders Fields" zu sehen (Galerie Degenhartt, Ackerstraße 14/15, 10115 Berlin - Öffnungszeiten: dienstags bis samstags von 13.00 bis 18.00 Uhr. Im Internet: www.galerie-degenhartt.de und www.iponphoto.com.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.02.2009

Der Blutstrom zwischen den Völkern
Die Kempowski-Methode und Flanderns Felder heute: Der Erste Weltkrieg in Text und Bild
Der Erste Weltkrieg war von seiner ersten Stunde an nicht nur vom Donnern der Geschütze, sondern auch vom nicht weniger lautstarken Grollen intellektueller Sinnstiftung begleitet. Thomas Mann etwa lobte den Krieg als „Reinigung, Befreiung . . . und eine ungeheure Hoffnung”, und es ließe sich leicht eine endlose Reihe solcher Beispiele eines öffentlich zur Schau gestellten martialischen Chauvinismus aufzählen. Es ist von Historikern, Literaturwissenschaftlern und Philosophiehistorikern viel darüber geschrieben worden, warum sich die geistige Elite Europas 1914 mehrheitlich in einen den Nachgeborenen nur noch schwer nachvollziehbaren Taumel der Kriegsbegeisterung stürzte. Doch ist die nach außen gezeigte wütende Entschlossenheit tatsächlich die ganze Wahrheit? Die jetzt von dem Germanisten Peter Walther zusammengestellte Anthologie „Endzeit Europas” zeigt ein differenzierteres Bild, denn sie ermöglicht einen Einblick in das, was deutschsprachige Künstler und Intellektuelle ihren Tagebüchern anvertrauten oder ihren Freunden schrieben.
Es ist kein Zufall, dass das Vorwort zu diesem Buch von dem jüngst verstorbenen Schriftsteller Walter Kempowski stammt, dessen „Echolot” unverkennbar ein Vorbild für dieses „kollektive Tagebuch” darstellt. Obwohl alle hier zitierten Ego-Dokumente von über einhundert – meist männlichen – Künstlern, Schriftstellern und Gelehrten publiziert und teilweise schon seit Jahrzehnten allgemein zugänglich sind, eröffnet ihre geschickt komponierte Zusammenschau neue Einsichten in das geistige Leben des Ersten Weltkrieges. Dieser Band zeugt von dem fast verzweifelten Versuch der Zeitgenossen, dem ungeheuren Morden irgendeinen Sinn abzuringen.
Vor allem zeigt sich, dass viele der Begeisterten nicht gleich begeistert waren und viele der Kriegskritiker erst mit der Zeit kritisch wurden. Thomas Mann etwa erschauderte noch am 30. Juli 1914 in einem Brief an seinen Bruder Heinrich vor dem „Wahnsinn”, der Europa zu ergreifen drohte. Eine Woche später erschien ihm der nun Realität gewordene Krieg noch immer als eine „Heimsuchung”, der er zugleich aber mit „ungeheurer Neugier” und „tiefster Sympathie für dieses verhasste, schicksals- und rätselvolle Deutschland” entgegensah.
Hermann Hesse wird patriotisch
Auch Gerhard Hauptmann, später Mitunterzeichner des den deutschen Militarismus verherrlichenden Aufrufs „An die Kulturwelt!”, kostete es am 1. August 1914 noch Mühe, „nicht laut aufzuschluchzen angesichts des ungeheueren, nahenden Völkermordens”.
Umgekehrt notierte Hermann Hesse, der im November 1914 in der Neuen Zürcher Zeitung die patriotische Freund-Feind-Ideologie unter den Künstlern scharf verurteilte, in der ersten Kriegswoche noch, „wie einseitig patriotisch” er geworden sei. Angesichts der auf allen Seiten hochgepeitschten Emotionen hatten es die Stimmen der Vernunft wie die von Gustav Landauer oder Theodor Wolff schwer. Stefan Zweig gab in seinem Tagebuch Ende Juli 1915 resigniert zu Protokoll: „Es ist ein Blutstrom zwischen den Völkern, der mit Worten nicht mehr zu überbrücken ist.”
Das Grauen des Krieges ist mit Worten nur begrenzt vermittelbar, doch auch Fotografien stoßen hier schnell an eine Grenze. Die Walthers Anthologie beigefügten originalen Farbaufnahmen eines französischen und eines deutschen Kriegsfotografen zeigen zwar zerstörte Ortschaften und Landschaften, vielfach jedoch vermeintliche Idyllen in sonntäglich herausgeputzten Schützengräben. Ihr dokumentarischer Wert ist daher begrenzt, doch sagen diese Bilder einiges darüber aus, welches Bild vom Krieg der Heimatfront vermittelt werden sollte. Von großer suggestiver Kraft ist jene Aufnahme, die ein rotblühendes Klatschmohnfeld in Flandern zeigt und dadurch Assoziationen an das berühmte Gedicht „In Flanders Fields” des kanadischen Militärarztes John McCrae weckt. In ihm rufen die in den Feldern Flanderns unter blühendem Mohn ruhenden Toten die (noch) Lebenden dazu auf, den Kampf gegen den Feind weiterzuführen.
Derart patriotische Sinngebung ist freilich nicht das Ziel des ebenfalls neu erschienenen, aufwendig gestalteten Bildbandes „Flanders Fields” des Fotografen Stefan Boness, der sich auf die systematische Suche nach den noch heute sichtbaren Spuren des Ersten Weltkrieges rund um die westflandrische Stadt Ypern gemacht hat. Seine Fotos voll stiller Melancholie zeigen zugewachsene Betonbunker, in rekonstruierten Schützengräben spielende Kinder und Soldatenfriedhöfe, immer wieder Soldatenfriedhöfe, mit und ohne den blühenden Mohn. Doch vielleicht noch bewegender sind die an einem scheinbar beliebigen Ort gemachten Landschaftsaufnahmen ehemaliger Frontabschnitte. Wo heute nur Ackerfurchen, grüne Wiesen oder eine Allee im Sonnenuntergang zu sehen sind, starben vor über neunzig Jahren Tausende oder Zehntausende Menschen einen elenden Tod. Doch dieser Bildband lehrt das genaue Hinsehen, denn die Überreste des Krieges, halbverfallene Bunker oder verrostete Granathülsen sind noch überall gegenwärtig. Und selbst eine harmlose Straßenkreuzung im Maisfeld führt zu Orten, die sich unauslöschlich in die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts eingeschrieben haben. CHRISTOPH JAHR
PETER WALTHER (Hrsg.): Endzeit Europas. Ein kollektives Tagebuch deutschsprachiger Schriftsteller, Künstler und Gelehrter im Ersten Weltkrieg. Mit zeitgenössischen Farbfotografien von Hans Hildenbrand und Jules Gervais-Courtellemont. Wallstein-Verlag Göttingen 2008, 432 Seiten, 29,90 Euro
STEFAN BONESS: Flanders Fields. Mit Texten von Tanja R. Müller (Deutsch, Englisch, Niederländisch, Französisch). Verlag für Bildschöne Bücher, Berlin 2008. 105 Seiten, 35 Euro.
Der Fotograf Stefan Boness hat einst hart umkämpfte Orte des Ersten Weltkrieges wie Ypern und Langemarck aufgesucht. Abbildung aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Frei von dem Versuch patriotischer Sinngebung, bietet dieser "aufwendig gestaltete" Fotoband für Christoph Jahr die Chance, genauer hinzusehen. Was der Fotograf Stefan Boness in seinen Bildern systematisch zu Tage fördert, sind die Spuren des Ersten Weltkrieges rund um Ypern. Erscheinen ihm die Aufnahmen von verfallenen Bunkern und Soldatenfriedhöfen voll Melancholie, erfasst Jahr in Anbetracht ehemaliger Frontabschnitte dann doch ein Schaudern: Hier wurde Gewaltgeschichte geschrieben.

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