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Produktdetails
  • Verlag: Berenberg Verlag GmbH
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 138
  • Erscheinungstermin: Dezember 2006
  • Deutsch
  • Abmessung: 231mm x 164mm x 16mm
  • Gewicht: 364g
  • ISBN-13: 9783937834146
  • ISBN-10: 3937834141
  • Artikelnr.: 20866628
Autorenporträt
Géza von Cziffra, geboren 1900 im ungarischen Arad, ist bekannt vor allem als Regisseur erfolgreicher, beliebter Filme wie "Kauf dir einen bunten Luftballon", "So ein Millionär hat's schwer", "Lana - Königin der Amazonen", "Die Fledermaus" und "Die Abenteuer des Grafen Bobby". Er war aber auch Reporter, Dramaturg, Bühnen- und Drehbuchautor und veröffentlichte in seinen späteren Jahren eine Reihe Bücher, darunter mehrere Memoirenbände. Als Stammgast der Berliner und Wiener Cafés in den zwanziger und dreißiger Jahren machte er dort u.a. die Bekanntschaft von Else Lasker-Schüler, Egon Erwin Kisch, Bertolt Brecht, Alfred Polgar und vor allem Joseph Roth. Géza von Cziffra starb 1985 in Dießen am Ammersee.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.09.2006

Hintergrundrauschen der Inspiration
Keine reine Schmeichelei: Geza von Cziffras Erinnerungen an seinen Freund, den „heiligen Trinker” Joseph Roth
Als die Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch in dem blau getönten Gebäude an der Mainzer Landstraße residierte, konnte es geschehen, dass durch den langen Gang des siebten Stocks, in dem das Feuilleton untergebracht war, Marcel Reich-Ranicki, Händel suchend, an den zumeist offenen Türen vorbeischlurfte und, selber amüsiert, sein rasch ebenfalls amüsiertes Opfer fand. So geriet er einmal an einen Redakteur, der, die Beine auf dem Schreibtisch, für jede Ablenkung dankbar, in einem Kriminalroman las, vor sich, in Reichweite, einen Stapel Taschenbücher zumeist selben Genres. „Ja, das lesen Sie!”, sagte der angehende Literaturpapst, „das ist Ihr Niveau . . . Fest zieht wenigstens noch historische Werke der Literatur vor.”
Der Redakteur griff in seinen Vorrat: „Hier, das könnte Sie auch interessieren.” Reich-Ranicki nahm das Buch, wollte eben auf den Titel schauen, da erscholl von der offenen Tür des Literaturressorts her die Stimme der Chefsekretärin, sie rief ihren Meister, und der beeilte sich. Einige Tage später erschien im Literaturteil der FAZ eine recht umfangreiche Besprechung des Joseph Roth-Buchs von Geza von Cziffra aus dem für solche Sujets nicht bekannten Bastei-Lübbe Verlag. Der Rezensent hieß Marcel Reich-Ranicki.
Es war eine durchaus lobende Rezension, auch wenn sie sich in der ersten Hälfte nur mit Joseph Roth befasste. Vor allem aber war es eine sehr souveräne Rezension. Der Kritiker verzichtete darauf, mit Speck Mäuse zu fangen, also den Leser mit der Wiedergabe einiger der hier zahlreich gebotenen Roth-Anekdoten zu verwöhnen. Reich-Ranicki beschäftigte sich mit der Spannung, die Cziffra, ein über viele Jahrzehnte erfolgreicher und populärer Filmregisseur, in seinem Buch erzeugt hatte, indem er die faszinierenden Seiten an Joseph Roth zwar höchst lebendig vorführte, die eher fragwürdigen aber nicht unterschlug. Das Erinnerungsbuch des Freundes, so stellte sich der Autor vor, war keine reine Schmeichelei. Schon der Titel klingt nicht in jedermanns Ohren respektvoll. Aber der Kritiker lobte, dass Cziffra Roths Ambivalenz deutlich gezeigt und so seinem Freund einen guten Dienst erwiesen habe. Das war im Jahre 1984.
Diese Rezension erscheint nun wieder als Vorwort der bei Heinrich von Berenberg erschienenen, schön ausgestatteten Neuausgabe des Buches. Dieses ist reichlich bebildert, auch das mit zwei Anekdoten bedachte Porträt Cziffras von Rudolf Schlichter aus den zwanziger Jahren wird – in Farbe – geboten. Es ist nach wie vor kein Buch für das philologische Studium, aber es ist ein Buch, das gern in die Hand nimmt, wer soeben wieder einmal die Lektüre eines der ergreifenden Romane von Joseph Roth, des „Hiob”, des „Radetzkymarsch”, oder der Erzählung „Das falsche Gewicht” beendet hat. Das hier gebotene Bild der Persönlichkeit des Dichters ist geeignet, den Eindruck, den man von seinem Werk bekommen hat, wesentlich zu vertiefen.
Niemand ist wie Reich-Ranicki. Deshalb darf hier, anders als er es tat, eine Roth-Anekdote nacherzählt werden. Roth, auch ein begnadeter Journalist, schrieb gern in Kaffeehäusern, von denen es in Berlin etliche gab. Er brauchte das Geräusch des Plauderns in der Nähe zur Inspiration. Einmal saß er mit Cziffra und Ödön von Horváth zusammen, da fiel ihm ein, dass er noch zu arbeiten hatte. Er bat die beiden, sich allein zu unterhalten und nicht auf ihn zu achten. Diese, beide Ungarn, fielen, während er schrieb, unbeabsichtigt in ihre Muttersprache. Aber Roth unterbrach seine Arbeit, erzählt Cziffra. „Reden Sie bitte deutsch”, sagte er, „ungarisch verstehe ich nicht.” JÜRGEN BUSCHE
GEZA VON CZIFFRA: Der heilige Trinker. Erinnerungen an Joseph Roth. Berenberg Verlag, Berlin 2006. 141 Seiten, 19,80 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2006

Ein Offizier mit Fliege
Géza von Cziffra erinnert sich an Joseph Roth / Von Hubert Spiegel

Als Géza von Cziffra seinen Freund Joseph Roth, den er längere Zeit nicht mehr gesehen hatte, eines Tages im gemeinsamen Berliner Stammcafé trifft, lobt er zur Begrüßung die schöne Fliege am Hals des Schriftstellers. "Sulka, Paris", sagt Roth, bindet die Fliege ab, drückt sie dem Freund als Geschenk in die Hand und sagt tiefernst: "So benimmt sich ein ungarischer Husarenoffizier!"

Die Anekdote ist bezeichnend für Roth und seinen impulsiven Hang zur großen Geste, und sie macht Eindruck, auch wenn man nicht weiß, daß Sulka damals, Ende der zwanziger Jahre, der teuerste und bekannteste Herrenausstatter in ganz Europa war. Ihr Kern erschließt sich indes erst, wenn man erfährt, daß Roth weder Ungar noch Husarenoffizier war, daß Husarenoffiziere niemals Fliegen trugen und Roth die meiste Zeit seines Lebens in Geldnöten steckte.

Géza von Cziffra zeigt uns hier Roth wie im Brennglas, großzügig und großspurig, versponnen, ein Aufschneider, der es mit der Wahrheit nicht sehr genau nimmt. Der Journalist, der sich als Reisekorrespondent der "Frankfurter Zeitung" einen Namen gemacht hatte, ist ein notorischer Schwindler ohne jedes Unrechtsbewußtsein, denn er stellt, wie er selbst einmal gesagt hat, die innere Wahrheit über die Wirklichkeit. Und welcher wirkliche Ungar hätte sich mehr als Husarenoffizier fühlen können als der galizische Jude Joseph Roth in jenem Moment, als er dem Freund das teure Geschenk überreichte?

Aber die Geschichte geht noch weiter. Von Cziffra hatte sich nämlich von dem Maler Rudolf Schlichter mit der neuen Fliege porträtieren lassen, und als Roth das Werk im Atelier des Künstlers zum ersten Mal betrachtet, sagt er mit der ganzen Gehässigkeit, zu der er bei aller Großzügigkeit eben auch fähig war: "Das Schönste an dem Bild ist meine Krawatte." Schlichter wirft beide sofort hinaus.

Der Heilige Trinker", in den siebziger Jahren erstmals erschienen, seit langem vergriffen und jetzt in einer ansprechenden Ausgabe im Berenberg Verlag neu aufgelegt, ist ein Erinnerungsbuch der besonderen Art. Géza von Cziffra trug darin alles zusammen, was er über den Freund wußte oder gehört hatte. Der Regisseur von Unterhaltungsfilmen wie "Kauf dir einen bunten Luftballon" oder "Graf Bobby" setzt darin nicht nur dem Freund ein kleines Denkmal, unprätentiös und ohne jede Verklärung, sondern liefert auch ganz nebenbei Vignetten aus der großen Zeit der Berliner Boheme von Brecht über Kisch bis Zuckmayer. Wenig später begegnen sich die besten dieser Köpfe in Salzburg oder Ostende, Nizza oder Zürich, denn die Zeit des Exilantentums hatte begonnen. Der Autor des "Radetzkymarsches" gehörte dabei zu den politisch hellsichtigsten Gegnern der Nazis. Gleichzeitig verrannte er sich in einen naiven Monarchismus und träumte davon, daß sein geliebtes Kakanien den verhaßten "Tapezierer" Hitler gemeinsam mit England und Frankreich zum Teufel jagen würde.

"Der Heilige Trinker", der seinen Titel der gleichnamigen Erzählung Joseph Roths verdankt, beläßt dem Schriftsteller seine ganze Widersprüchlichkeit und weckt so, wie Marcel Reich-Ranicki in seinem Vorwort schreibt, das "größte Interesse für das Werk eines Erzählers, dessen Bücher sich durch eine sonderbare Mischung aus Naivität und Skepsis auszeichnen; aus östlicher Phantasie und westlicher Paradoxie; aus christlicher Demut und jüdischem Zweifel". Und durch nichts ließe sich dieses Interesse besser stillen als durch die soeben erschienene Sonderausgabe der Werke Joseph Roths (Werkausgabe im Schuber, Kiepenheuer & Witsch, 149,90 [Euro]). Sie versammelt das journalistische und das erzählerische Werk von Joseph Roth: Sechs Bände aus der Feder eines genialen Autors, der sich zu Tode trank, weil es einmal nicht geflunkert war, als er dem Freund erklärte, daß ihm auf Erden nicht zu helfen sei.

Géza von Cziffra: "Der Heilige Trinker. Erinnerungen an Joseph Roth." Mit einem Vorwort von Marcel Reich-Ranicki. Berenberg Verlag, Berlin 2006. 141 S., geb., Abb., 19,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Erinnerungen des Filmregisseurs Geza von Cziffra an Joseph Roth sind, nachdem sie lange vergriffen waren, wieder zu haben, stellt Hubert Spiegel zufrieden fest. Von Cziffra hat kein Buch der verklärenden Sorte geschrieben, sondern zeigt Roth in seiner ganzen Ambivalenz und in all seinen einnehmenden wie problematischen Facetten, lobt der Rezensent. Dass er dabei auch die "Berliner Boheme" der Zwischenkriegsjahre in gelungenen Miniaturen ins Gedächtnis ruft, macht für Spiegel diese Erinnerungen besonders reizvoll.

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