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Vera ist weg. Raus aus seinem Leben, aber nicht raus aus seinem Kopf. Vieles scheint schon vergessen. Doch nur die Erinnerung bringt am Ende Erleichterung. Dies ist die Geschichte von einem, der eine Geschichte los werden will - die Geschichte vom Untergang der großen Liebe. Erzählen ist Erinnern - irgendwo zwischen verdammt hart und sehr, sehr lustig. In der Jetztzeit, am Schreibtisch des Erzählers in der Münchner Blumenstraße, wird der Memomat in Gang gesetzt. Mit dem ganz speziellen Waschpulver aus Schlüsselbildern und Schlüsselwörtern, die die Tür zum Vergessenen öffnen. So tauchen…mehr

Produktbeschreibung
Vera ist weg. Raus aus seinem Leben, aber nicht raus aus seinem Kopf. Vieles scheint schon vergessen. Doch nur die Erinnerung bringt am Ende Erleichterung. Dies ist die Geschichte von einem, der eine Geschichte los werden will - die Geschichte vom Untergang der großen Liebe. Erzählen ist Erinnern - irgendwo zwischen verdammt hart und sehr, sehr lustig. In der Jetztzeit, am Schreibtisch des Erzählers in der Münchner Blumenstraße, wird der Memomat in Gang gesetzt. Mit dem ganz speziellen Waschpulver aus Schlüsselbildern und Schlüsselwörtern, die die Tür zum Vergessenen öffnen. So tauchen zwischen der täglich neu da liegenden Zeitung, den Songschnipseln aus dem CD-Player und den Eskapaden des ominösen Sekretärs immer mehr Geschöpfe und Orte aus der Vergangenheit auf. Franziska, Kathi, Melli, Miki. Die Wespe Wasp aus dem Philosophie-Seminar. Das Kaff im Bayerischen Wald, wo der Großvater beim Einmarsch der Amerikaner ums Leben kam. Ein pissender Straßenköter in Paris. Und Vera, als bruchstückhafte Erinnerung an eine gemeinsame Reise in die Neuen Bundesländer, im Februar 1990. Ex-Grenzübergang, Ex-Transitautobahn, Ex-Intershop. Und am Ende Ex-Vera. Die Fahrt wird nicht nur zu einer Exkursion in eine einzigartige Wendewelt. Sie entpuppt sich auch als Trip in die innersten Schaltkreise der Streitmaschine einer Beziehung.
Autorenporträt
Franz Xaver Karl, geboren in Schönberg im Bayerischen Wald, lebt und arbeitet in München. 2002 veröffentlichte er seinen vielbeachteten Debütroman Memomat, über den die Süddeutsche Zeitung schrieb: "Eindringliche Passagen und Bilder, die jenseits aller Archivierung der Gegenwartskultur einfach schön sind." 2004 folgte Starschnitt. 2005 Literaturstipendium der Stadt München für den Roman Fünf Tage im Juli. 2006 Uraufführung der Theaterrevue Drei Minuten Nationalsozialismus an den Münchner Kammerspielen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eva Marz beginnt ihre Rezension mit einer etwas skeptischen Definition von Popliteratur, um von diesem Ausgangspunkt aus zu erklären, wieso FX Karls Geschichte bessere Popliteratur ist. "Memomat" ist ihrer Meinung nach gelungener als die meisten Bücher dieser Art, weil die Geschichte mehr leistet, als die Moden und Lebensgewohnheiten unserer Zeit zu dokumentieren: "es gibt im Verlauf dieses Buches eindringliche Passagen und Bilder, die jenseits aller Archivierung der Gegenwartskultur einfach schön sind". Das Personal des Buches wächst der Rezensentin jedenfalls ans Herz, besonders der Sekretär, der den Ich-Erzähler begleitet. Auch das Streben des Protagonisten nach Bewältigung einer verflossenen Liebe kann sie durchaus nachvollziehen: "Der Roman erzählt keine Geschichte, weil er gerade von der Sehnsucht und Anstrengung handelt, eine Geschichte zu finden im Datenchaos der eigenen Vergangenheit".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.02.2003

Das Mädchen im goldenen Trikot
Wer guckt uns denn da so schön vertraut an: FX Karl erfindet den „Memomat”
Zu den Errungenschaften der Popliteratur der Neunziger gehört, dass sie das Buch als Modeaccessoire wieder entdeckt hat. Die Welt der Texte, der Schriftsteller und der Schreibblockaden wurde auch für solche Leute interessant, die bislang eher zum Snowboarden oder Videos gucken gingen. Dass die Popliteraten besser aussahen als jene Männer mit Tweedanzügen und kantigen Hornbrillen, die streng von den vergilbten Fotos der Gruppe 47 blickten, werteten manche als Indiz dafür, dass auch ihre Bücher von Dingen handeln könnten, wie sie einen selbst auch beschäftigten.
Genau das, was die Kritiker ärgerte, nämlich dass die Jungschriftsteller von Literaturgeschichte und Kunsttheorie keine Ahnung hatten, schätzten wiederum viele Leser, die, ihrerseits Emilia Galotti für eine Tiefkühlpizza halten mochten und sich mit dringlicheren Fragen beschäftigten, zum Beispiel damit, wie wo auf der Welt man die richtigen Schuhe kauft. Die Autoren der Popliteratur hatten Autorität in solchen Fragen und bedienten nebenbei auch ein Exklusivitätsphantasma, verkauften die Illusion von intimen Nachrichten aus einer glamouröseren Welt mit schönen, angesagten und weltläufigen Menschen.
Diashow der Sehnsucht
„Memomat”, das erste Buch, das aus dem Verlag der Münchner Blumenbar hervorgegangen ist auch so ein szeniges Buch, das beim ersten Date in der Umhängetasche einen guten Eindruck macht. Es sieht gut aus, der Autor heißt mit Vornamen FX, die englische Abkürzung für „effects”, und der Titel klingt einerseits nach der kühlen Idee des Technischen, andererseits nah an Mama, ein Kinderwort, das beim Aussprechen orale Lustgefühle weckt. Mangelnde Vertrautheit mit den kanonischen Werken der Literaturgeschichte möchte man ihm indessen nicht vorwerfen. In seinem Roman ist so oft und so begeistert von Dichternamen die Rede, dass schon nach wenigen Seiten klar ist, dass es sich hier um das Buch eines passionierten Lesers handelt.
Es geht darin um die Frage, was man tut, wenn die große Liebe vorbei und das Vergessen schwierig ist. Manche legen sich auf die Couch eines Psychoanalytikers. Der Romanheld nimmt die Dinge erst einmal selber in die Hand und probiert die Memomat-Methode: Setzt sich hin, denkt an früher und schreibt auf, was ihm einfällt. Er ist ein junger Mann, wie er in vielen deutschen Städten lebt: studiert Philosophie, hört amerikanische Platten und sieht französische Filme. Abends geht er aus in Bars und in Clubs, dort raucht er viele Zigaretten, und am nächsten Tag hat er Kopfschmerzen. Öfter fährt er nach Berlin. Er kauft viele Bücher, liest Hochliteratur wie Pynchon, DeLillo, Handke und schaut sich gleichzeitig Fernsehserien an.
Weil er traurig ist und das Mädchen Vera mit dem goldenen Adidas- Trikot nicht vergessen kann, hat er den Entschluss gefasst, das Wiederholen, Erinnern, Durcharbeiten seiner verlorenen Liebe behördenmäßig zu organisieren. Er braucht dafür kein Biskuit und keinen Lindenblütentee, doch das Prinzip ist ähnlich: um sich zu erinnern, bedarf es eines auslösenden Anlasses – eines Namen, Fotos, einer Radiowerbung.
Formal ist „Memomat” eine assoziative Abfolge zufälliger Anlässe und durch sie an die Oberfläche treibender Erinnerungen. FX Karl erinnert darin an den Film „Slacker” von Richard Linklater, der das Sichtreibenlassen junger Amerikaner Rumhänger dadurch spürbar machte, dass er eine Person immer nur solange begleitete, bis sie auf der Straße, in der Videothek mit irgend jemandem ins Gespräch kam, mit dem der Film dann weiterging. Es gibt keine Handlung im herkömmlichen Sinn.
Der Roman erzählt keine Geschichte, weil er gerade von der Sehnsucht und Anstrengung handelt, eine Geschichte zu finden im Datenchaos der eigenen Vergangenheit. Der Held weiß zunächst gar nicht, was er eigentlich erzählen soll. „Keine Ahnung”, heißen die beiden ersten Worte des Romans. „Keine Ahnung, warum ich mich so weit habe hinreißen lassen. Fest steht, sie hat mich verrückt gemacht.”
Einmal wird in „Memomat” von einer Diskussion unter Freunden berichtet, die darum kreist, dass nicht mehr so sehr das Kino, sondern vor allem die Musik und die Literatur etwas über die Neunziger zu sagen gehabt hätten. Stimmt das denn? Wenn der Name Verona Feldbusch fällt, ist damit doch noch nichts über die Neunziger gesagt! Eher ist es wohl so, dass viele Nachwuchsautoren, namentlich die Popliteraten, am Diskurs der Zeit teilnahmen, dabei aber immanent blieben. Das ist nicht verwerflich: Man hat einfach aufgeschrieben, was viele – vielleicht nicht hauptberuflich, aber sicher regelmäßig – beschäftigte.
Mit Recht haben sich die Bücher deshalb gut verkauft. Trotzdem muss ein Unterschied benannt werden. Denn das Besondere an dem Roman von FX Karl ist, dass man ihn sehr gut als Dokument aus dem Deutschland der letzten fünfzehn Jahre lesen kann, als Aufbewahrungsort von Bildern aus einem Leben zwischen Büchern, Ausgehen, Ausschlafen und Verreisen und auch als Diashow der Sehnsüchte – aber eben auch als Literatur. Nicht dass FX Karl auf jeder Seite vollkommene Prosa fabriziert hätte, aber es gibt im Verlauf dieses Buchs eindringliche Passagen und Bilder, die jenseits aller Archivierung der Gegenwartskultur einfach schön sind.
Nicht ohne Sekretär
Zum Besten, was Bücher haben können, gehört, dass darin Personen vorkommen, die man lieb gewinnt. Das Allerbeste an „Memomat” ist der Sekretär. Gehilfe des Erzählers beim Verwalten der Erinnerungen ist er eine anachronistische Gestalt aus den Tiefen der großen Literaturgeschichte, sitzt im Vorzimmer an den Ein- und Ausgängen der Kommunikation wie schon bei Goethe, Melville und Kafka.
Doch ist dieser Sekretär keineswegs eine simple Verbeugung vor den alten Meistern. Porträtiert in lauter lustigen Nahaufnahmen – mittags im vegetarischen Imbiss tief über sein Essen gebeugt, nachmittags einige portugiesische Verben konjugierend, morgens um fünf lallend neben einer Telefonzelle sitzend – bleibt er trotzdem fern, schon weil er keinen Vornamen hat. Er zeigt jene Undurchsichtigkeit gerade der Personen, die wir täglich sehen und von denen wir nicht wissen, ob das Merkwürdige in unserem eigenen Blick oder ihrer tatsächlichen Sonderbarkeit liegt. Das Zitat der isländischen Sängerin Björk, das dem Roman vorangestellt ist, muss daher auf den Sekretär bezogen werden: „If you ever get close to a human or human behaviour be ready to get confused.”
EVA MARZ
FX Karl: „Memomat”. Blumenbar Verlag, München 2002. 219 S., 19, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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"FX Karls Erzähler füttert seinen Memomat clever und routiniert mit Musik, Film und Literatur der Achtziger und Neunziger Jahre und beinahe schafft er es, sich damit die Welt zu erklären. Er erinnert sich an vieles und weiß fast alles - nur nicht, wie er den Verlust seiner großen Liebe verhindern kann...'Memomat' ist klasse!" (Georg M. Oswald)

"Ein kluges, trauriges und gleichzeitig unglaublich gut gelauntes Buch, das immer wieder die Frage aufwirft: Wer, verdammt, ist eigentlich der Sekretär?" (Anne Zielke, Redaktion FAZ)