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Amoren für Cassandre - Ronsard, Pierre de
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Gleich im Jahr ihres Erscheinens 1552 waren Ronsards »Amours« beim Publikum so beliebt, dass sie ein zweites Mal aufgelegt wurden, und bis heute sind sie in Frankreich Schulbuchlektüre. Formal an Francesco Petrarca orientiert, beschreiben die Sonette die Liebe des Dichters zu Cassandre Salvati, in die Ronsard sich als Zwanzigjähriger verliebt haben soll. Obwohl für ihn unerreichbar - die florentinische Bankierstochter vermählte sich kurz nach der Begegnung mit Ronsard dem Seigneur de Pray - schildert er sie, ganz anders als Petrarcas Laura, als Frau aus Fleisch und Blut, und seine Liebe ist…mehr

Produktbeschreibung
Gleich im Jahr ihres Erscheinens 1552 waren Ronsards »Amours« beim Publikum so beliebt, dass sie ein zweites Mal aufgelegt wurden, und bis heute sind sie in Frankreich Schulbuchlektüre. Formal an Francesco Petrarca orientiert, beschreiben die Sonette die Liebe des Dichters zu Cassandre Salvati, in die Ronsard sich als Zwanzigjähriger verliebt haben soll. Obwohl für ihn unerreichbar - die florentinische Bankierstochter vermählte sich kurz nach der Begegnung mit Ronsard dem Seigneur de Pray - schildert er sie, ganz anders als Petrarcas Laura, als Frau aus Fleisch und Blut, und seine Liebe ist trotz aller Qualen nicht ohne Sinnlichkeit. Ronsards umfassende humanistische Bildung zeigt sich in Anspielungen auf die antike Mythologie, doch besondere Sorgfalt widmete er der Musikalität seiner Gedichte, was ihn durch die Arbeit von etwa fünfzig Komponisten zum meistvertonten Dichter seiner Zeit machte. In Deutschland ist er wenig bekannt, da die »Amours« bis heute nicht übersetzt wurden. Für Baudelaire war Ronsard einer der größten französischen Dichter: Er nennt ihn in einem Atemzug mit Victor Hugo und seinem 'Meister' Théophile Gauthier.Der Übersetzer: Georg Holzer (geb. 1974), Studium der Romanistik, Dramaturg am Bayerischen Staatsschauspiel.Die Herausgeberin: Carolin Fischer (geb. 1962), Privatdozentin für Romanische Philologie an der Universität Potsdam.
Autorenporträt
Pierre de Ronsard (1524-1585), zu Beginn der französischen Renaissance geboren, prägte mit seinen Dichtungen die französische Literatur in so starkem Maße, dass man das 16. Jahrhundert noch heute das »siècle de Ronsard« nennt. Er hatte entscheidenden Anteil an der Entstehung des epochemachenden Manifests der Pléiade - »Deffence et illustration de la langue françoise« (1549). Wie sein portugiesischer Zeitgenosse Luís de Camões schrieb auch Ronsard nach dem Vorbild der »Ilias« und der »Odyssee« ein - allerdings Fragment gebliebenes - Versepos: »La Franciade« (1572). An Pindar und Horaz orientierte er seine Odenbücher (1550-1552), daneben dichtete er die frivolen »Folastries« (1553) sowie religiöse Kampfschriften - berühmt blieb aber vor allem Ronsards Liebesdichtung: Dank seiner »Amours« (1552), die er 1560 durch ein zweites Buch ergänzte, und den »Sonnets pour Hélène« (1578) gilt er als der »französische Petrarca«. Bis zu seinem Tode diente Ronsard vier Königen, was ihm den Titel »Prince des poètes et poète des princes« einbrachte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.01.2007

Dielen statt Daunen
Im Liebesirrgarten: Zwei Renaissanceschätze, erstmals auf Deutsch

Franzosen lieben anders. Weder in einer Kirche noch gar an einem Karfreitag, wie einst Petrarca in Avignon, sondern auf einem Frühlingsball im königlichen Schloss zu Blois ereilt den jungen Pierre de Ronsard der coup de foudre, der Blitzschlag der schicksalhaften, poesiefördernden Liebe. Dort begegnet er am 21. April 1546 der bildschönen fünfzehnjährigen Cassandre Salviati, verliert tanzend sein Herz und findet sein dichterisches Thema - die Qual und Seligkeit der Großen Passion. Trotzdem: Das übermächtige Vorbild in diesen Dingen heißt Petrarca, zumal wenn einem die pflichtschuldig abwehrende Geliebte schon bald durch eine standesgemäße Heirat entzogen wird.

Und so erscheint 1552 gleichsam als poetischer Gründungstext der französischen Renaissance der Sonettkranz "Amours de Cassandre". Den Musen "demütig als unsterbliches Buch" anempfohlen, berauscht sich dieses selbstbewusste Jugendwerk nicht nur am Taumel der eigenen Gefühle, sondern auch an den Symmetrien und Paradoxien petrarkistischer Affektrhetorik. Damit beginnt der vielseitigste Dichter seiner Epoche jene lebenslange Mission, zu der er sich mit dem Freundeskreis der Pléiade, dem Siebengestirn der neuen französischen Poesie, verschworen hat: im Wettstreit mit den vorbildlichen Schöpfungen der Antike und Italiens die Muttersprache "illuster", das heißt, literaturfähig zu machen.

Diese aus europäischer Sicht nicht ganz unwichtige Sammlung liegt nun (bloße viereinhalb Jahrhunderte nach Erscheinen) auf Deutsch in einer zweisprachigen, wohlkommentierten, von einem mutigen Kleinverlag vertriebenen Ausgabe vor, um uns daran zu erinnern, dass seinerzeit nicht nur Shakespeare lesenswerte Sonette verfasst hat. Ebenso unübersehbar wie Ronsards patriotischer Ehrgeiz, der lahmen einheimischen Poesie auf die Versfüße zu helfen, ist in diesen 230 Sonetten seine Entschlossenheit, den Sänger Lauras einzugemeinden. Das Vendômois, die reizvolle Landschaft zwischen Loir und Loire, ist in diesen Versen stärker gegenwärtig als das südfranzösische Vaucluse im "Canzoniere" Petrarcas.

Wenn die Karfreitagsbegegnung Petrarca seine eigene Liebespassion ankündigte, so verheißt der Name der trojanischen Unglücksprophetin Kassandra für Ronsards Amouren wenig Gutes. Trojanische Kriegsbilder dienen denn auch als mythologischer Hintergrund für die besondere Epik dieser langen Liebesbelagerung, die ihrem Helden und Opfer freilich keine zehn Jahre wert war. In der heroischen Analogie steckt burleske Übertreibung; solche Metaphorik spielt mit ihrer Unangemessenheit. Den nach petrarkistischer Logik unentrinnbaren Liebestod wünscht Ronsard sich in den Armen und im Schoß der Geliebten. Am Ende des Zyklus, als von einem glücklichen Ende keine Rede mehr sein kann, erteilt er dem Hofmaler François Clouet in detailreicher Beschreibung den Auftrag, die Geliebte nackt zu porträtieren - so lebensecht, dass man den Duft ihrer Haare zu riechen meint - und den Ort der verweigerten Erfüllung höchstens mit einem durchsichtigen Schleier zu verhüllen. Der entzogene Körper wird damit verbal verfügbar, und der Abgewiesene triumphiert - und rächt sich - als Dichter.

Keineswegs fehlt es dieser Liebe an leidenschaftlichen Beteuerungen ewiger Dauer: "Bis mich der Tod entadert und entsehnt (tant que la mort me dénerve et déveine), bin ich der Deine", heißt es da; mit der gleichen Drastik wird Ronsard einst seinen verfallenen Leib auf dem Totenbett visualisieren, natürlich wieder in Sonettform. Doch lange davor, bei Erscheinen seines zweiten Sonettkranzes "Amours de Marie" von 1555, muss er sich gegen den Vorwurf einer ganz und gar gattungsfremden Unbeständigkeit verteidigen. Er tut dies durch das blasphemische Argument, kein Liebender sei verpflichtet, sich ewig mit einem widerborstigen Objekt seines Begehrens abzuplagen, und versteigt sich zu der dreisten Behauptung, als Schlaukopf, der er war, habe der gute Petrarca sicher längst seine kleine Laura (sa Laurette) besessen, während er für die Außenwelt weiter Lamentos schrieb.

Ronsards Umgang mit Petrarca kann als Schulbeispiel für jenen poetischen Vatermord gelten, den Harold Bloom mit dem Schlagwort "anxiety of influence" bezeichnet hat. Auch in der Literatur ist ödipale Abhängigkeit und Rivalität ein Lebensprinzip. Ronsard hat mit seinem epochalen Erstling den Formenschatz des Petrarkismus glanzvoll nach Frankreich überführt, ihn aber mit seinem Geist des Widerspruchs erfüllt und damit die gattungstypische, bloß virtuose Wiederholung der formalen Muster vermieden.

Eine gewisse Virtuosität wird freilich dem Übersetzer solch formbewusster Wortkunst abverlangt. Georg Holzer macht es sich bei seiner Übertragung des (manchmal allzu) mühelos reimenden Renaissance-Französisch in das reimarme Deutsch besonders schwer, wenn er wie die Vorlage mit nur zwei - noch dazu reinen - Reimen in der Sonettoktave auskommen will. Bei aller bewundernden Sympathie für das heroische Unternehmen darf man die semantischen Kosten nicht ganz unterschlagen: gelegentlich schiefe Bilder, Stocken des rhetorischen Schwungs, Dämpfung des witzig-sinnlichen Übermuts, der das Markenzeichen dieser Liebesdichtung ist. Für die köstlichen "Amours de Marie" wäre dem Übersetzer, wenn es denn einen gibt, eine etwas leichtere Hand zu wünschen.

Derartige Vorbehalte gelten nicht für die zweite hier anzuzeigende Rarität. Es handelt sich um den 1573 in London erschienenen, mit allerlei Liebesgedichten und Binnenerzählungen durchsetzten Kurzroman "The Adventures of Master F.I.", der mit seiner rundum gelungenen Übertragung durch Chris Hirte (Prosa) und den Herausgeber Kurt Kreiler (Lyrik) aus der engen Obhut der Spezialisten befreit wird. Keine Frage, der Text verdient diese Verbreitung, denn er ist neben Thomas Nashes Schelmenroman "The Unfortunate Traveller" (dem längst eine deutsche Neuauflage zu wünschen wäre) das interessanteste Erzählexperiment der Shakespearezeit. Der Herausgeber nennt ihn in recht gemischter Metaphorik einen "literarischen Sprengsatz, der in den Gletscherspalten der Philologie verlorenging", und, treffender, ein "höfisches Kammerspiel".

Wieder wird ein petrarkistisch getönter Diskurs der hohen Liebe von erotischer Realistik unterspielt und in Frage gestellt. Der nur mit den Initialen seines Namens bezeichnete galante Hofmann F. I. verliebt sich auf einem Schloss in Nordengland in Elynor, die Schwiegertochter des Hausherrn, die er mit witzigen Dialogen und poetischen Liebesanträgen umwirbt, bis ihr raffiniert hinhaltender Widerstand auf dem harten Boden der Schlossgalerie endlich schwindet: "Erleichtert, dass sich ihre gutartige Natur mit Dielen statt Daunen begnügte, mit Matten statt kambrischer Laken, dem Nachtrock von F. I. statt einer Bettdecke, betrogen sie in stiller Wonne die Nacht um den Schlaf ..."

Auch bei dieser ironischen Romanze spielt der höfische Tanz eine teils reale, teils symbolische Rolle. In den Liebesreigen mischt sich eine "Freundin" Elynors, Dame Frances, ein, die im Tanz das Vertrauen des Helden gewinnt, mit heimlicher Wachsamkeit den Fortgang seiner Werbung verfolgt, um sie in ihrem Sinne zu lenken und den Liebesbund zu unterwandern - dies alles, versteht sich, in formvollendeter Manier. Als kräftige Farbtupfer innerhalb der exquisiten Pastelltöne wirken gewisse symbolhaltige Realitätspartikel: der zerrissene Brief Elynors, den F. I. mühsam zusammenstückt, ihr Nasenbluten, das er durch allerlei Hokuspokus stillt, das Schwert unter dem Nachtgewand, mit dem er zum Rendezvous kommt und das ihm später von Frances entwendet wird, die duftenden Laken, die beide Damen nacheinander auf sein Bett breiten, der Ruf des Kuckucks im Park ...

Die emotionale Intensität der Geschichte wird nicht nur durch ihre höfische Stilisierung in kunstvoller Balance gehalten, sondern dazu noch durch die Sicht eines distanzierten Erzählers verfremdet. Dieser, ein Freund der Hauptfigur, zeigt sich vor allem an F. I.s Gedichten interessiert, will die "belanglose, ungedeihliche Geschichte" nur aufgeschrieben haben, um etwas Ordnung in die Papiere seines Freundes zu bringen, und entschuldigt sich für seinen "barbarischen Prosastil". Seine kühl amüsierte Außenperspektive erweist ihn als ironischen Erzähler in der Nachfolge von Chaucer und Ariost, die sein Autor, zusammen mit vielen anderen Literaten, mehrfach anklingen lässt.

So viel höfisches und literarisches Fachwissen veranlasst den Herausgeber in seinem überlangen Nachwort, die Geschichte ihrem - in dieser Eigenschaft bisher unangefochtenen - Verfasser, dem höchst vielseitigen Autor George Gascoigne (1539 bis 1577) abzusprechen und dem Earl of Oxford zuzuschreiben, der bereits Shakespeare als Ghostwriter gedient haben soll. Wie dem Stratforder Handwerkerspross ist offenbar auch dem simplen "Soldatendichter" Gascoigne keinerlei literarische Raffinesse zuzutrauen, besonders wenn man aus der vorschnellen Gleichsetzung von Erzähler, Held und Autor schließt, der Letztere müsse partout dem schriftstellernden Hochadel angehören.

Dass Gascoigne aus guter Familie stammte, Jurist und Parlamentsmitglied war, neben der eigenen Dramenproduktion eine Komödie Ariosts übersetzt, eine Tragödie des Euripides bearbeitet hat und für die Königin als höfischer Unterhalter tätig war, tut dem kryptophilen Spürsinn der biographischen Sherlock Holmes (die derzeit auf dem elisabethanischen Tummelfeld wieder Konjunktur haben) keinen Abbruch. Am Ende des Nachwortes, das noch viele schöne Gedichtübersetzungen enthält, kommt Sigmund Freud mit seinem magistralen Urteil zu Wort, Shakespeare bringe "doch gar nichts mit für seinen Anspruch, Oxford fast alles". Da Shakespeare bei Entstehung der "Abenteuer des Master F.I." etwa acht Jahre alt war, musste sich der umtriebige Earl leider einen anderen Strohmann suchen. Ein Glück, dass Gascoigne gerade des Weges kam.

WERNER VON KOPPENFELS

Pierre de Ronsard: "Amoren für Cassandre". Französisch - Deutsch. Übersetzt von Georg Holzer. Hrsg. von Carolin Fischer. Elfenbein Verlag, Berlin 2006. 336 S., geb., 24,- [Euro].

Edward De Vere, Earl of Oxford: "Fortunatus im Unglück. Die Aventiuren des Master F.I." Aus dem Englischen übersetzt von Chris Hirte, mit Nachdichtungen und einem Nachwort von Kurt Kreiler. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2006. 259 S., geb., 19,80,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Er und die Brust sind göttlich", seufze Pierre de Ronsard in seinen schon zu Lebzeiten berühmten "Amours", skizziert Rezensent Jan Wagner die Leidenschaftsverhältnisse des "poete", der auf den Mund anspiele und alles Runde. Damals, so der Rezensent, sei es sowohl Mode als auch ehrenwert gewesen, dass Ronsard nicht nur auf den Ahnherrn von Liebessonetten Petrarca verweise, sondern bereits von ihm und anderen Italienern bekannte Bilder und rhetorische Stilmittel als Grundaustattung seines Sonettzyklus verwende. "Erweitert" habe Ronsard diesen Kanon jedoch durch eine "überaus" irdische Sinnlichkeit, siehe Eingangszitat. Auch der Übersezter, lobt der Rezensent, habe ein kleines Kunstwerk vollbracht, so habe er als erster überhaupt eine Übersetzung in "geschmeidige" deutsche Sonette mit allen Reimen und Metren vorgelegt. Ein "beeindruckendes" Projekt aus Sicht des Rezensenten, trotz aller notwendigen Schwierigkeiten, aber da der französische Originaltext mit abgedruckt sei, könne der Leser dieser "edlen" Ausgabe direkt vergleichen.

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