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Dahlia ist Russin, sie lebt in Kopenhagen, unterrichtet am Institut für Slavistik und schreibt seit langen Jahren an einer Arbeit über Michail Bulgakow. Auch ihre Freunde sind alle emigriert, sie jedoch haben sich in den Dienst des Kapitalismus gestellt und führen ein reiches Leben in den USA. Dahlias Leben ist einsam. Als in der Nachbarschaft ein Mädchen überfahren wird und der Fahrer flüchtet, wird sie wider Willen von ihrem Nachbarn Isak in ein Geheimnis hineingezogen. Mehr und mehr löst sich für Dahlia die Grenze zwischen Fiktion und Realität auf und ihre Lebenswirklichkeit verschwimmt…mehr

Produktbeschreibung
Dahlia ist Russin, sie lebt in Kopenhagen, unterrichtet am Institut für Slavistik und schreibt seit langen Jahren an einer Arbeit über Michail Bulgakow. Auch ihre Freunde sind alle emigriert, sie jedoch haben sich in den Dienst des Kapitalismus gestellt und führen ein reiches Leben in den USA. Dahlias Leben ist einsam. Als in der Nachbarschaft ein Mädchen überfahren wird und der Fahrer flüchtet, wird sie wider Willen von ihrem Nachbarn Isak in ein Geheimnis hineingezogen. Mehr und mehr löst sich für Dahlia die Grenze zwischen Fiktion und Realität auf und ihre Lebenswirklichkeit verschwimmt zusehends. War es Isak, der das Mädchen überfahren hat? Oder am Ende sie selbst? »Dies hier ist mein Leben. Ich kann ihm nicht entkommen. Ich versuche, es mir von der Seele zu schreiben, mir in der Fantasie eine andere Welt vorzustellen, mich für einen anderen Menschen auszugeben, aber ich bin gezwungen, die Wahrheit zu erzählen, sie drängt ans Licht.«
Autorenporträt
Mirjam Kristensen, 1978 geboren, stammt aus Lyngdal in Norwegen. Ihr Debütroman erschien im Jahr 2000. Sie erhielt verschiedene Preise und Stipendien für ihre Werke, und ihr erster Roman wurde ins Französische übersetzt. Mit dem Roman Ein Nachmittag im Herbst erschien 2009 erstmals eines ihrer Bücher auf Deutsch. Ein reiches Leben ist im Frühjahr 2011 in deutscher Übersetzung erschienen. Mirjam Kristensen lebt in Kristiansand.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2012

Biss in die Petersilie
Belesene Frau: Mirjam Kristensens neuer Roman

Die isolierte, unter Realitätsverlust leidende Frau ist Stoff bedeutender Romane, etwa Ingeborg Bachmanns "Malina" oder Patricia Highsmiths "Ediths Tagebuch", in dem sich die Erzählerin ihr Leben jeden Tag ein bisschen schöner schreibt, bis es zur Katastrophe kommt. Mirjam Kristensen, 1978 im norwegischen Lyngdal geboren, fügt dem literarischen Kabinett der Frauen, die der Welt abhandenkommen, eine weitere hinzu. Dahlia Sukarow, Hauptfigur im Roman "Ein reiches Leben", braucht in Hinblick auf Glaubwürdigkeit den Vergleich mit ihren Vorgängerinnen nicht zu scheuen.

Die russische Slawistin lebt seit beinahe zwanzig Jahren in Kopenhagen und arbeitet seit langem an einer bahnbrechenden Studie über Michail Bulgakow. Seit ihr Mann sie verlassen und ein zweites Mal geheiratet hat, vereinsamt Dahlia. Ihr Leben, das sind die Bücher, ihre Anflüge von Misstrauen gegen die Literatur kompensiert sie durch bewusst ausgeführte alltägliche Verrichtungen. Das Einkaufen oder das Zubereiten von Essen werden regelrecht zelebriert. Um über die einfachen Dinge mit der Wirklichkeit in Kontakt zu bleiben, beißt Dahlia auch gern einmal in ein ganzes Petersilienbüschel.

Gleich zu Beginn des Romans blitzt die Doppelbödigkeit des aus Dahlias Sicht Geschilderten, vermeintlich Unspektakulären auf. Es fallen Worte wie "Scham" und "Schuld" oder zunächst rätselhafte Sätze wie "Die Geschichte, ich habe sie zu Ende geschrieben, und ich hatte geglaubt, das würde mich retten, aber das ist mein Verderben". Dahlias jüdischer Vermieter Isak mischt sich ein. Der rätselhafte Mahner fordert Dahlia auf, die Wahrheit zu erzählen und Gerechtigkeit walten zu lassen.

In geschicktem Spiel mit Lesererwartungen entfaltet der Roman zwei Versionen desselben dramatischen Unfalls, durch den sich die Leben von Dahlia und Isak unentwirrbar ineinander verflechten. Wie es zu den unterschiedlichen Versionen kommt, wie der Versuch scheitert, eine persönliche Schuld auf eine kollektive Ebene zu verschieben, ist so raffiniert wie spannungsreich erzählt.

Kristensen gelingt es, die Konflikte und Dahlias Leid über alltägliche Geschehnisse zu transportieren und immer mehr zuzuspitzen. Unaufgeregte, souverän eingesetzte erzählerische Mittel verstärken die Wirkung des Romans: Dahlias rückblickenden Schilderungen stehen unvermittelt einsetzende, theatralisch-szenische Dialoge im Präsens gegenüber, die immer wieder die Konfrontation der schwebenden inneren Bilder der Hauptfigur mit den Außenperspektiven der anderen Figuren erzwingen.

Ina Kronenberger hat Kristensens klare, lakonische Sprache einfühlsam übertragen. Und weil dem Text jeder Hang zum Prätentiösen fremd ist, entgeht einem auf den ersten Blick beinahe, wie komplex er tatsächlich gebaut ist. Denn "Ein reiches Leben" entfaltet nicht nur das Drama einer Intellektuellen, die ihr Leben an die Literatur zu delegieren versucht hat, die jede fiktive Handlung eigenem Handeln vorzieht, sondern auch das einer exilierten, verlassenen Frau. Er stellt darüber hinaus die Frage nach dem Gewicht der gesprochenen und geschriebenen Worte, der erzählenden Literatur.

Eine überraschende, zugleich plausible Kehrtwende nimmt am Ende Dahlias Gedanken etwas von ihrer Fatalität und bringt sie dazu, etwas an ihrer Situation zu ändern. Wenn sie mit heilerer Haut davonkommt als manch eine ihrer literarischen Leidensgenossinnen, wird man das angesichts dieses intelligenten Romans der talentierten jungen Autorin Mirjam Kristensen dennoch nicht als Harmlosigkeit missdeuten.

BEATE TRÖGER

Mirjam Kristensen: "Ein reiches Leben". Roman.

Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger. Dörlemann Verlag, Zürich 2011. 254 S., geb. , 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Auch wenn Mirjam Kristensens Protagonistin, eine Weltflüchtige in der Ahnenreihe mit Bachmanns Malina, mit dem Leben davonkommt, findet Rezensentin Beate Tröger diesen Roman alles andere als harmlos. Dafür bürgt laut Tröger eine talentierte Autorin, der es gelingt, das Doppelbödige der Geschichte von Anfang an durchscheinen zu lassen. Irgendetwas stimmt nicht mit dem scheinbar so unspektakulären Leben der einsam arbeitenden russischen Slawistin Dahlia, das merkt die Rezensentin schnell. Auf Kristensens raffiniertes Spiel mit Lesererwartungen lässt sie sich dennoch gerne ein. Zumal die Autorin souverän über ihre Mittel verfügt und die verschiedenen Wahrnehmungsebenen geschickt miteinander konfrontiert. Obwohl diesem Roman alles Prätentiöse abgeht, hat er es doch faustdick zwischen den Buchdeckeln, findet Tröger.

© Perlentaucher Medien GmbH
»'Dies hier ist mein Leben', heißt der erste Satz des Romans. Dahlia schreibt es auf, weil sie hofft, 'das würde mich retten', aber es hilft natürlich nicht. Sie verliert sich bloß immer mehr, und der Text bildet den aufmerksam beobachteten Selbstverlust kunstvoll ab.« Verena Stössinger / Basler Zeitung

»Die norwegische Autorin Mirjam Kristensen treibt in ihrem Roman Ein reiches Leben ein faszinierendes Spiel mit Erfindung und Realität. Sie schwirrt zwischen den Perspektiven von Ich- und allwissendem Erzähler, bis der Leser mit Dahlia zwischen Leben und Dichtung die Orientierung verliert ... Das hat mal den Sog eines Psycho-Krimis und ist gleichzeitig ein anregendes Nachdenken über Autorschaft und Fiktion.« Ruth Bender / Kieler Nachrichten

»Ein reiches Leben, so heißt dieser Roman, der tatsächlich so weit ausgreift, darüber nachzudenken: Was macht eigentlich den Reichtum von Leben aus? Das Ganze ist sehr spannend, sehr packend erzählt und sehr elegant übersetzt von Ina Kronenberger.« rbb

»Das Spiel mit der Realität und deren Verlust ist Mirjam Kristensen auf ganz besondere Weise gelungen ... In diesem Buch verliert man sich beim Lesen nicht;dafür zeigt es ergreifend, wie wertvoll das reale Leben auch uns Bücherliebhabern sein kann.« Doreen Liebing / Osttühringer Zeitung

»Ein reiches Leben von Mirjam Kristensen ist ein leiser, nachdenklicher, im besten Sinne schöner Text darüber, was das Leben ausmacht. Der Leser erfährt es aus einem paradox wirkenden Gegenentwurf: Indem Dahlia sich mit einer erdrückenden Schuld beschäftigt - Isaks Schuld oder vielleicht ihrer eigenen -, indem sie das tut, bricht ihr Leben auf, wird vielfältiger und, wie es der Titel andeutet, reich.« Thomas Völkner / Hamburger Lokalradio

»Mirjam Kristensen versteht es, ihre Leser in ihren Bann zu ziehen. Wie auch schon in ihrem Roman Ein Nachmittag im Herbst hat diese Geschichte eine sehr eigenwillige, geheimnisumwitterte Ausstrahlung.« Annegret Glock / Schreiblust-Verlag

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