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"Offen will ich sein und notfalls unbequem." Unter diesem Motto trat Horst Köhler sein Amt als Bundespräsident an. Das Unbequeme haben selbst diejenigen Politiker schnell gespürt, die den international renommierten Wirtschaftsmann aufs Schild gehoben haben. Denn Köhler denkt unabhängig - und das laut. Schnell stellte sich heraus, dass er kein Mann für eine Nebenrolle ist. Doch wo bleibt der Mensch Horst Köhler in der Enge des Protokolls? Wie schafft er den Wechselschritt zwischen der Bürde des Amtes, seiner öffentlichen Rolle und seinem Privatleben? Wie lebt die Familie, wie hält er Kontakt zu…mehr

Produktbeschreibung
"Offen will ich sein und notfalls unbequem." Unter diesem Motto trat Horst Köhler sein Amt als Bundespräsident an. Das Unbequeme haben selbst diejenigen Politiker schnell gespürt, die den international renommierten Wirtschaftsmann aufs Schild gehoben haben. Denn Köhler denkt unabhängig - und das laut. Schnell stellte sich heraus, dass er kein Mann für eine Nebenrolle ist.
Doch wo bleibt der Mensch Horst Köhler in der Enge des Protokolls? Wie schafft er den Wechselschritt zwischen der Bürde des Amtes, seiner öffentlichen Rolle und seinem Privatleben? Wie lebt die Familie, wie hält er Kontakt zu Freunden? Welches sind seine Momente der Entscheidung, seine Augenblicke des Zweifels? Wo ist Nähe, wenn er die Präsidenten und Regierungschefs der Welt trifft, wo Distanz?
Auftritte und Rückzüge, gesellige Momente und einsame Stunden - das alles wurde mit der Kamera eingefangen. Fotograf Christian Irrgang hat Köhler ein Jahr lang begleitet und beobachtet.
Entstanden ist ein persönliches, reich bebildertes Porträt des Menschen und Politkers Horst Köhler, mit persönlichen Beiträgen prominenter Autoren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.02.2007

Der erste Sportler seines Landes
Ein Bildband zeigt Bundespräsident Horst Köhler als Familienmenschen und Körperfreund
Vermutlich ist es die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Vermutlich ist der neunte Bundespräsident tatsächlich so ungezwungen und herzlich, so bürgernah und gutgelaunt, so optimistisch, bescheiden, offen und unkonventionell, wie es hier dutzendfach zu lesen steht, vermutlich ist die „Bodenhaftung” seine Kernkompetenz. Dass Horst Köhler zunächst einmal ein Mensch sei und dann erst ein Amtsträger, verkündet schon der Titel dieser großformatigen Hommage an einen offenbar ganz außergewöhnlichen Mann. Das Außergewöhnliche aber wird verstanden als Potenzierung des Normalen. Darum lässt dieser Fotoband das Amt nicht unberührt. Künftigen Präsidenten wird es schwerfallen, dem hier fixierten Bild vom Staatsoberhaupt als dem ersten Sportler seines Landes eine andere Dignität entgegenzusetzen.
Grundsätzlich herrscht eine Disproportion zwischen einem Amt, das ein Residuum monarchischer Traditionen ist, und einer sich egalitär begreifenden Gesellschaft, der alles nur Repräsentative fremd sein muss. Diesen Zwiespalt hat Christian Irrgang gespürt. Seine Fotos konzentrieren sich stärker als bei dem vergleichbaren Projekt mit Johannes Rau (2002) ganz auf die Physis des „Bauernsohns” aus Bessarabien. Die begleitenden Texte können Köhlers „himmelwärts” gerichtetem Lachen nur mühsam und nicht immer kitschfrei hinterher buchstabieren. Die Bilder aber zeigen ein Gesicht, dessen Mund zu groß wird, wenn ein Lachen die Zähne entblößt und dessen Augen sich verengen zu bübisch funkelnden Ellipsen. Neben dem erschütternd fotogenen Franz Beckenbauer, der gerade sein drittes Bundesverdienstkreuz erhält, wird deutlich: Der Fußballkaiser lächelt aus sich heraus, der Bürgerpräsident lacht staunend einem Du entgegen. Das Lachen wird Weltzugang.
Ausgesperrt bleibt das Lachen in den seltenen Momenten körperlicher Erschöpfung – sei es nach einem „Mammutprogramm von Auszeichnungen”, wenn Horst Köhler mit dem rechten Handrücken die Stirn kühlt, die Augen fest geschlossen; sei es auf dem Laufrad oder am technisch verfeinerten Expander. Ja, Horst Köhler ist „körperlich fit”, er „trainiert an Geräten, joggt jeden dritten Tag und fährt im Winter Ski.” Die Sorge um den eigenen Leib verbindet ihn mit der Mehrzahl seiner Landsleute, die ihm vielleicht auch deshalb so viel Sympathie entgegenbringen wie keinem seiner Vorgänger. Immer wieder sucht Horst Köhler die Nähe von Sportlern, die hier reichlich vertreten sind, die Fußballnationalspieler und Behindertensportler, aber auch ein Tischfußballspieler namens Lech Kaczynski. Die Niederlage gegen den polnischen Präsidenten habe ihn durchaus verdrossen, heißt es.
Der Leib des Staatsoberhaupts soll Horst Köhler fester noch dem Volk verbinden, aus dem er hervorgegangen ist. Alles, sagen die Bilder des schwitzenden Horst Köhler, alles stellt dieser Mann in den Dienst seines Amts, auch seine Muskeln und Adern und Schweißperlen, und keine Tricks oder Privilegien stehen ihm dabei zu Gebote, nur die harte, ehrliche Arbeit an sich selbst. Da auch die Präsidentengattin, die in einem journalistischen Beitrag allen Ernstes als „Haselmaus” charakterisiert wird, ihres Mannes Sportlichkeit teilt, lässt sich fast von einem familiären Gesamtkunstwerk aus Wille und Anstrengung reden. Im Urlaub gesellen die Töchter sich den Wanderungen durch die Zillertaler Berge bei.
Wolfgang Niedecken, der den frisch gewählten Präsidenten auf dessen erster Afrikareise begleitete, rühmt dem „bekennenden Bob-Dylan-Fan der ersten Stunde” nach: Horst Köhler habe als Lebensmotto wohl ein Zitat von Muddy Waters gewählt, „a rolling stone gathers no moss”, ein rollender Stein setze kein Moos an. Abermals entsteht der Eindruck, dieser Mann sei vital aus Prinzip, habe die Beweglichkeit zum handlungsleitenden Begriff erhoben. In Afrika auch, im mosambikanischen Dondo, entstand dann jenes Foto, das abseits aller Programmatik dem Zwiespalt von Amt und Person Ausdruck verleiht. Horst Köhler sitzt in einer hölzernen Schulbank zwischen dunkelhäutigen Kindern, sein Blick ist konzentriert nach vorn gerichtet, zu Tafel und Lehrer, in der Rechten hält er eine Wasserflasche, das Jackett hat er ausgezogen. Die Ruhe dessen, der zuhört und der nur zufällig im (Bild-)Mittelpunkt steht, bricht mit der sonst so massiv behaupteten vitalistischen Körperrhetorik.
Über Kaiser Wilhelm II. hieß es anno 1904 in einem ähnlich hymnisch konzipierten Widmungsband: „Und er eilt hierhin und dorthin, bereit, sich selbst zu opfern, und überall brausen ihm Hochrufe entgegen, überall sind die Häuser festlich geschmückt und die Leute geputzt.” Fast so ist es auch 103 Jahre später in diesem Bildband. Von Lächelnden ist der Lachende umgeben, doch der Jubel gilt gerade nicht dem Unausgleichbaren eines Amtes, sondern der buchstäblich im Schweiße ihres Angesichts sich verzehrenden Person, dem Mensch als Mensch unter Menschen, dessen Aura nur als Spiel und Referenzpunkt anwesend ist. Als Spiel aber wird es sehr ernst genommen, wenn Horst Köhler redet oder tanzt, wandert oder schweigt, wenn er Monarchen die Hände schüttelt oder Politiker umarmt. Insofern markiert die Ära Horst Köhler die Heimkehr der Ironie ins Politische. ALEXANDER KISSLER
WOLFGANG BEHNKEN (Hrsg.): Horst Köhler. Der Mensch, der Präsident. Fotografien von Christian Irrgang. Edition Braus, Heidelberg 2007. 240 Seiten, 39,90 Euro.
Training an Geräten, jeden dritten Tag joggen, im Winter Skifahren. Der Bauernsohn aus Bessarabien stellt alles in den Dienst seines Amts – auch seine Muskeln, Adern und Schweißperlen, und keine Tricks oder Privilegien stehen ihm dabei zu Gebote. Abb. aus dem bespr. Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als ersten Sportler des Landes sieht Alexander Kissler in diesem Bildband den höchsten Amtsträger des Staates dargestellt, zudem noch als ungeheuer ungezwungen, "so bürgernah und gutgelaunt". Wie in einem "ähnlichen" Widmungsband zu Kaiser Wilhelm werde hier der Lächelnde umgeben von Lachenden gezeigt. Der Fotograf Christian Irrgang versuche über den Körper des "Bauernsohns", den Zwiespalt von Würdenträger und Repräsentant einer egalitären Gesellschaft zu überbrücken. Beim Schwitzen gebe es keine Privilegien, analysiert der Rezensent, und so werde auch gleich die ganze Familie Köhler wandernd in das "Gesamtkunstwerk aus Wille und Anstrengung" eingespannt.

© Perlentaucher Medien GmbH